Über den Kirchturm hinaus Auf Schnupperkurs mit Gott

Oliver Jaehn
Oliver Jaehn

Was Gerüche mit der Bibel und dem Glauben zu tun haben.

Eine überfüllte S-Bahn ist nicht schön! Es ist eng und laut und wenn es dann auch noch warm wird, ist man sehr schnell von allen Gerüchen der Menschheit umgeben. Wenn dann noch im Hochsommer ein Mülleimer mit Essensresten überläuft, ist es ganz vorbei. Ein kleiner Junge wusste sich zu helfen: Er zog sich sein T-Shirt über die Nase mit den Worten: „Wenigstens riecht das nach ich!“

Als ich diese bestechend klare Einsicht in diesem Sommer in der S-Bahn zwischen Neustadt und Mannheim von einem Jungen hörte, waren alle Unannehmlichkeiten und alles Stänkern, wie unmöglich alles ist, auf einmal wie weggeblasen. Obwohl auch mir manches stank: Ich musste lächeln! Und mir kam eine Bibelstelle in den Sinn: In einem seiner Briefe schreibt Paulus, dass sich die gute Nachricht von Jesus an jedem Ort wie ein Duft verbreitet. Wie riecht eigentlich Gott und die gute Nachricht von Jesus? Und: könnte das helfen, mit dem umzugehen, was uns stinkt?

Manch einer mag denken: Gott riecht so, wie es in einer alten Kirche eben riecht: irgendwie muffig, nach altem Holz und Stein. Anderen mag der Geruch von Weihrauch in der Nase liegen. Es mag sein, dass so vielleicht Kirchen riechen. Aber ist der Duft Gottes nicht doch ganz anders?

Die Paare, die sich am letzten Wochenende auf dem Riesenrad des Wurstmarktes haben segnen lassen: sie haben bei der Segnung den frischen Herbstwind um die Nasen gespürt. Als wir im Sommer im Hambacher Schwimmbad eine Tauferinnerung gefeiert haben, hing der Geruch von frischem Gras und aufspritzendem, warmem Wasser in der Luft. Beim Kirchkaffee nach dem Gottesdienst in lockerer Gemeinschaft war es der Duft von frischem Kaffee, der uns umwehte: jede und jeder ist willkommen. Und wenn ich zu meinen Eltern komme, hat das Haus über die Jahre einen Geruch angenommen, der Heimat vermittelt. Könnte Gott so riechen? Vielleicht riecht er auch nach dem Freund, der mich tröstend umarmt und nach dem Menschen, der einem anderen aufhilft?

Das alles ruft sicher ganz unterschiedliche Geruchserinnerungen hervor, aber es riecht nach Leben, nach frischer Kraft, nach lebendiger und guter Gemeinschaft, nach Fürsorge und Barmherzigkeit.

So verbreitet sich der Duft der Liebe Gottes auf ganz unterschiedliche Weise. Manchmal bin ich der, der ihn wohltuend riecht, ein anderes Mal der, der ihn wohlwollend weitergibt. Schon irgendwie eine dufte Vorstellung, die Paulus beschreibt: Wie ein Duft verbreitet sich die Botschaft Jesu überall. Denn wir sind für Gott wie ein wohlriechender Duft, der von Christus ausgeht. (…) Es ist der Duft, der aus dem Leben kommt und zum Leben führt (2. Brief des Paulus an die Korinther, Kap. 2, Vers 14f).

Bei allem, was uns stinkt: Gehen wir doch mal auf Schnupperkurs mit Gott, mit geschärftem Geruchssinn für seine Liebe. Vielleicht sehen ... also, ich meine: vielleicht riechen wir uns ja! Irgendwie dufte!

Der Autor

Oliver Jaehn, Pfarrer der protestantischen Pauluskirchengemeinde Hambach

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