Bad Dürkheim „Sein“ ist ein rundes Wort

Mit seinem Stück „Beshno az Ney – Kleine Anfrage nach Humanität“ greift das „Theader Freinsheim“ das aktuelle Geschehen von Krieg und Flucht auf und lässt im Dunkel Hoffnungsfunken erglühen. Am Freitag ist im Casinoturm Premiere gefeiert worden.

Die Flucht vor den vernichtenden Ereignissen in Syrien ist ebenso Thema des Stücks wie die Heimatfindung im fremden Deutschland. Doch die Geschichte, die Anja Kleinhans auf der Bühne als Geflüchtete erzählt, kann von überall ausgehen, wo die Welt zum Ort des Leidens wird. Und überall kann geschehen, was die Schauspielerin als Fiktion für das angeblich sichere Deutschland heraufbeschwört: der Zerfall gesellschaftlicher Strukturen. Der persische Titel „Beshno az Ney“ bedeutet „Hör auf die Rohrflöte“. Auf diesem orientalischen Instrument, gefertigt aus dem verholzten Stock des Schilfrohrs, fängt Mehmet Ungan an zu spielen. Die Jahrtausende alten Töne dieser Flöte haben die islamischen Mystiker des Sufismus bekannt gemacht. Es klingt meditativ, klagend, was laut Legende der Entstehungsgeschichte dieser Flöte zuzuschreiben ist: Danach schildert sie traurig, wie sie ihrem natürlichen Lebensraum entrissen wurde. Ein ausdrucksstarkes Bild für all jene, deren Heimat zerfällt und verloren geht. Unmittelbar werden die Geschehnisse von Flucht und Ankommen geschildert, indem sich einprägsame Einzelbilder zu einem Mosaik zusammenfügen. Mit ihnen macht Kleinhans menschliche Angst und Erschütterung greifbar. Im Turmtheater wirken die Gefühle und Erlebnisse durch enges Beisammen von Darstellerin und Publikum umso intensiver. Das Nebeneinander von Text und Musik mildert die Direktheit. Mehmet Ungan, Leiter der Orientalischen Musikakademie Mannheim, spielt auf der Oud, einer Kurzhalslaute, und singt dazu mit ausdrucksvoller Stimme. Seine Offenheit für neue Hoffnung überträgt sich auf die Rolle der Erzählenden, deren Leben eine glückliche Wendung erfährt. In poetischen Momenten des Stücks fallen symbolträchtige Sätze wie: „,Sein’ ist ein rundes Wort.“ Das klingt wiederum an den Sufismus an, wo alles um Gott kreist . Die Darstellerin dreht sich um ihre Körperachse. Ihr weißer Mantel erinnert an das weite Gewand der muslimisch-asketischen Ordensangehörigen. Indem sie sich von rechts nach links drehen, umarmen sie symbolisch die ganze Menschheit. Mit dem Appell, sich der Einheit bewusst zu werden, klingt „Beshno az Ney“ aus. Die Stimmung, in der Hoffnung die Verzweiflung übertrumpft, kann Kleinhans in einer schönen Szene umsetzen. Sie holt ihre Zuschauer zum Mittanzen auf die Turmbühne. Der Kreis schließt sich: Dem Sehnsuchtswort „komm!“, das anfangs im Raum verhallte, folgen alle. Termine Weitere Aufführungen am 17. und 18. März um 20 Uhr, am 19. März um 18 Uhr sowie am 31. März und 1. April um 20 Uhr. Reservierung unter info@theader.de oder Telefon 06353 932845.

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