Donnersbergkreis Als das Quecksilber mit Löffeln geschöpft werden konnte

Der Bergbau in Obermoschel und in der Nordpfalz hatte einst eine beachtliche Bedeutung. Schon im 15. Jahrhundert wurden Silbergruben am Selberg bei Obermoschel, anschließend auch auf dem Stahlberg und bei lmsbach betrieben. Von größerer Wichtigkeit waren aber die Quecksilberbergwerke auf dem Landsberg und rund um den Donnersberg. Der gebürtige Obermoscheler Norbert Beisiegel gibt mit seiner jüngsten Publikation interessante Einblicke in die Geschichte des Bergbaus in unserer Region. Morgen, 15 Uhr, stellt er sein Werk im Obermoscheler Rathaussaal vor.

Dieses umreißt im Titel das Thema der 116 Seiten: „Der Bergbau in Obermoschel und in der Nordpfalz“. Dabei werden auch die jeweiligen sozialen und ökonomischen Verhältnisse skizziert. Beisiegel hat in seiner im Eigenverlag herausgegebenen Publikation ein bedeutendes Kapitel der Stadtgeschichte dargestellt. Der Autor befasst sich zunächst mit dem Erzbergbau in der Pfalz, der bis in die vorchristliche Eisenzeit zurück reicht. Der Leser erfährt, dass seit Mitte des 15. Jahrhunderts die Bedeutung des Bergbaus in der Region mit den Silbergruben auf dem Selberg, danach auch auf dem Stahlberg und bei lmsbach zunimmt. Aus den geförderten Erzen wurde Silber erzeugt, mit dem auch Münzen geprägt wurden. 1410 wurde am Stahlberg, 1442 am Landsberg in Obermoschel nach Quecksilber geschürft. Die Lager in der Nordpfalz erlangten große Wichtigkeit. Der Landsberg, der von drei großen Erzgängen durchsetzt war, wurde zur wichtigsten Abbaustätte für Quecksilber in Europa. Beisiegel beleuchtet die Quecksilbergruben rund um den Donnersberg. Die damalige Technik des Destillierens im Ofen, mit der das Quecksilber aus dem Erz getrieben wurde, wird ebenso eingehend erläutert wie die zuvor erforderliche Zerkleinerung der in den Stollen abgebauten Erzbrocken in sogenannten Pochwerken. Solche Pochwerke standen in der zweiten Blütezeit des Nordpfälzer Bergbaus im 18. Jahrhundert auch in Niedermoschel sowie zwischen Niedermoschel und Alsenz. Ausführlich widmet sich Beisiegel den drei Bergbau-Epochen am Landsberg, wo in den heute noch bekannten Stollen, Gruben und Halden wie Erzengel, Vertrau auf Gott, Gottesgab, Karolina, Backofen oder Baron Friedrichs Fundgrube bis zu 190 Meter tief unter der Burg nach Quecksilber geschürft wurde. Unter Leitung des Bergbauexperten Hans Thain erfuhr der Quecksilberabbau in der ersten Abbau-Epoche (1556 bis 1590) einen beachtlichen Aufschwung. Der 30-jährige Krieg brachte den Bergbau zum Erliegen – erst im Jahr 1728 wurde die Arbeit wieder aufgenommen. In dieser Epoche erlebte der Bergbau in den Obermoscheler Gruben seine Blütezeit. Das Bet- und Zechenhaus mit Schichtglocke, das als Verwaltungsgebäude der Grube diente und vor dem die Bergleute vor der Einfahrt in den Berg eine Andacht hielten, stammt aus dieser Zeit. Damals hatten die Nordpfälzer Bergwerke einen beachtlichen Anteil an der weltweiten Quecksilberproduktion. Der Ertrag war zeitweise so reichlich, dass man stellenweise wohl in der Tiefe das Quecksilber mit Löffeln schöpfen konnte. Die Folge war eine Art Quecksilberrausch. In den Revolutionskriegen brachte die Übernahme der Werke durch die Franzosen den Bergbau jedoch ins Stocken. Wegen geringerer Ausbeuten und einem Verfall des Preises versiegte schließlich der Quecksilberabbau 1865 erneut. Interessante Ausführungen und Bilder des Bergwerks sowie der zwei Drehöfen widmet der Autor der dritten und letzten Abbauperiode am Landsberg (1933 bis 1942). An dessen Fuß wurde eine neue Betriebsanlage mit zwei 20 Meter langen Drehrohröfen geschaffen – es war die erste und zugleich modernste Anlage dieser Art im Quecksilberbergbau. 1942 wurde dieser wegen Unwirtschaftlichkeit endgültig eingestellt und die Hüttenanlage nach Nikitovka (Russland) verbracht. Zahlreiche Aufsätze und Publikationen im Anhang komplettieren das Werk. Ferner beleuchtet der Autor die schwere Arbeit der Bergarbeiter, die bis zu 15 Stunden täglich schuften mussten und selten älter als 50 Jahre wurden, die besondere rechtliche Stellung der Bergleute zur Anwerbung von auswärtigen Arbeitern, die zeitweise rasante Bevölkerungsentwicklung in Obermoschel in der Blütezeit des Bergbaus, aber auch die geringe Entlohnung für die Schinderei in den Gruben. Ein sehr lesenswertes Werk, das fünf Jahrhunderte Bergbau in der Nordpfalz beleuchtet. Info Das Buch kann morgen nach der Buchvorstellung in Obermoschel oder per telefonischer Bestellung beim Autor (06352 2491) erworben werden. Einige wenige Exemplare liegen auch bei der VG-Verwaltung in Alsenz bereit. In geringer Auflage ist auch Beisiegels Publikation „Die Moscheler Gastronomie im 19. und 20. Jahrhundert“ nachgedruckt worden. Sie kann ebenfalls morgen beim Autor gekauft werden. |bhs

x