Donnersbergkreis Gescheiterte freiwillige VG-Fusion: Verbitterung schlägt Argumente

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Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen sollen nach dem Willen des Landes dennoch vereinigt werden.

28 von 36 Kommunen haben für eine freiwillige Fusion der Verbandsgemeinden Alsenz-Obermoschel und Rockenhausen gestimmt. Die Gemeinde- beziehungsweise Stadträte, die den vorliegenden Vertragsentwurf gebilligt haben, vertreten 14.962 von insgesamt 18.043 Einwohnern. Dennoch reicht es nicht: Das Prinzip der doppelten Mehrheit hat die seit vorigem Herbst ausgehandelte Vereinbarung platzen lassen (wir berichteten in unserer Samstagausgabe). Das Land hatte in den vergangenen Monaten keinen Zweifel daran gelassen, dass es am Zusammenschluss der beiden VGs festhalten wird – wenn nicht freiwillig, dann per Gesetz. Wie geht’s nun weiter? Damit eine freiwillige Verschmelzung zustande kommt, hätten neben den beiden VG-Räten in jeder Verbandsgemeinde mehr als die Hälfte der Kommunen, in denen mehr als die Hälfte der Einwohner leben, mit Ja votieren müssen. In der VG Rockenhausen haben alle Räte grünes Licht erteilt. In Alsenz-Obermoschel haben zwar die zustimmenden Kommunen über die Hälfte der Einwohner repräsentiert (3922:3081) – bei der Anzahl hat es aber mit 8:8 einen Patt gegeben. Nicht genug, um die Forderung „mehr als die Hälfte der Gemeinden“ zu erfüllen. Er sehe es rein sachlich, kommentierte der Rockenhausener Verbandsbürgermeister Michael Cullmann die Ablehnung, die am Freitag mit dem Nein des Oberhausener Gemeinderates besiegelt war. Allerdings werde „der Weg, der vor uns liegt, dadurch nicht leichter“. Keinen Unterschied macht es für den VG-Chef, dass die erforderliche Mehrheit nur knapp verfehlt worden ist: „In einer Demokratie gelten Regeln“ – Fakt sei nun mal, dass die Bedingungen nicht erfüllt waren. Für fraglich halte er es nur, ob die ablehnenden Gemeinderäte auch in allen Fällen die Mehrheit ihrer Bürger vertreten hätten: Deren Befragung sei in manchen Orten, die nun mit Nein gestimmt haben, im Vorjahr noch aus rein formalen Gründen abgelehnt worden, „obwohl sie der Rat auch hätte zulassen können“. Kritisch hinterfragt Cullmann auch, ob alle Ratsmitglieder vor der Abstimmung ausreichend informiert worden sind. Als Beispiel nannte er die Sitzung am Freitag in Oberhausen: Der Ortschef habe nicht mitgeteilt, dass vermeintlich „problematische Windräder“ aus der Fusionsvereinbarung ausgeklammert worden seien. „Wie ist so etwas zu werten? Wem sollen die Ratsmitglieder glauben? Solche Verunsicherungen sind sachlich nicht nachvollziehbar“, so Cullmann. Zum weiteren Prozedere sagte er, dass nun das Land am Zug sei: „Dort werden mit Sicherheit die Beschlüsse betrachtet und bewertet.“ Natürlich müssten auch seitens der Verwaltung weitere Gespräche geführt werden, „was jetzt noch möglich ist – insbesondere bezüglich der finanziellen Aspekte“. Generell dürften den Gemeinden bei der vom Land angekündigten Eingliederung keine Nachteile entstehen. Auf die Frage, ob er noch eine Chance für die vom Innenministerium für einen freiwilligen Zusammenschluss ausgelobte Entschuldungshilfe in Höhe von zwei Millionen Euro oder die in Aussicht gestellte Projektförderung sieht, antwortete Cullmann: „Jede Chance ist zu nutzen, das werde ich tun und entsprechende Gespräche führen. Es ist aber noch zu früh, darüber zu spekulieren.“ Gleiches gelte für die Vereinbarungen, die im Vertragsentwurf festgeschrieben waren und nun zunächst hinfällig sind. Einige Elemente müssten in einem Gesetz enthalten sein, betont Cullmann: Das betreffe beispielsweise den Fusionstermin und weitere Punkte, bei denen Fristen zu beachten sind. Generell sei er überzeugt: „Das Land wird unstrittige Regelungen in das Gesetz aufnehmen.“ Spekulationen will auch Alsenz-Obermoschels VG-Beauftragte Tanja Gaß keinen Raum geben. Sie habe daher gestern in der Alsenzer Verwaltung gleich das Personal zu einer Versammlung zusammengerufen. „Mir war wichtig, das Personal zu informieren“, sagte Gaß. Einige Mitarbeiter seien angesichts der Absage an die freiwillige Fusion und damit an den vorliegenden Vertragsentwurf verunsichert gewesen. Wie die Zukunft des Alsenzer Verwaltungsstandortes aussehe, darüber müsse nun in Mainz entschieden werden. „Wir warten auf Rückmeldung des Landes“, berichtete Gaß. Das jedoch erbitte sich etwas Zeit, wie ihr im Gespräch mit einem Ministeriumsmitarbeiter mitgeteilt worden sei. Dass Ratsmitglieder vor der Abstimmung über eine freiwillige Verschmelzung beider Verbandsgemeinden nicht ausreichend informiert gewesen sein könnten, glaubt die VG-Beauftragte nicht. Zum einen habe es zahlreiche öffentliche Rats- und Ausschusssitzungen sowie Informationen gegeben, zum anderen habe sie selbst großen Wert darauf gelegt, insbesondere in den Gemeinderatssitzungen vor Ort zu sein, in denen kein Verbandsgemeinderatsmitglied vertreten ist. „Uns war wichtig, die Transparenz zu schaffen“, betonte Gaß. „Ich habe teilweise mit den Räten den ganzen Vertrag noch einmal durchgearbeitet und für Fragen bereitgestanden.“ Teilweise sei in den Diskussionen allerdings nicht sachlich argumentiert worden. „Ich glaube, dass die Ängste und Sorgen bei vielen Leuten hier tief verwurzelt sind“, meinte Gaß. Die Enttäuschung und Verbitterung angesichts der Erfahrungen, die man im Laufe des langen Fusionsprozess gemacht habe, sitze bei einigen Bürgern tief. „Die Sachargumente waren den Ratsmitgliedern nicht unbekannt.“ Stattdessen habe bei einigen die „Bereitschaft, auch mal nach vorne zu sehen“ gefehlt – und hier sei es schwierig, mit Sachargumenten dagegen anzukommen. Auch wenn es nicht für die notwendige Mehrheit gereicht habe – das Abstimmungsergebnis wertet die Beauftragte dennoch als positiv, „weil sich die Hälfte der Ortsgemeinden für eine einheitliche Lösung entschieden hat“. Die RHEINPFALZ hat gestern dem Innenministerium in Mainz per E-Mail mehrere Fragen über die nächsten Schritte in Sachen VG-Fusion zukommen lassen. Diese hatte die dortige Pressestelle bis zum Abend nicht beantwortet und war auch telefonisch nicht erreichbar.

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