Donnersbergkreis „Jedes Spiel ist eine neue Herausforderung“

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NUSSBACH/SINSHEIM. Hanna Schlemmer liebte das Fußballspielen. In der Jugend beim TuS Finkenbach groß geworden, packte sie früh den Sprung in die Frauen-Verbandsliga. Mit nur 20 Jahren zwang sie eine Verletzung zum Aufhören. Die abgelegte Schiedsrichterprüfung öffnete ihr eine neue Tür. Nur sieben Jahre später, im vergangenen September, debütierte die heute 29-Jährige von der Schiedsrichter-Vereinigung Kaiserslautern-Donnersberg in der Frauen-Bundesliga.

Als eine gute, spannende Partie auf Augenhöhe und mit Derbycharakter beschreibt Schlemmer ihren ersten Einsatz in der höchsten Spielklasse am 25. September. Der SC Freiburg bezwang die gastgebende TSG Hoffenheim im Sinsheimer Dietmar-Hopp-Stadion vor mehr als 1000 Zuschauern mit 2:1. „Zu Beginn war ich etwas nervös. Ich denke aber, mit zwei Gelben Karten habe ich das Spiel gut über die Bühne bekommen.“ Und auch ihr zweiter Einsatz am vergangenen Sonntag in der Beletage des Deutschen Frauenfußballs sei gut gelaufen. Bayer Leverkusen hat vor ähnlicher Kulisse beim MSV Duisburg mit 1:0 gewonnen. Drei Gelbe Karten zog die Schiedsrichterin. Rückblick. In der Jugend kickte die Nußbacherin Schlemmer für ihren Heimatverein TuS Finkenbach mit den Jungs, wechselte dann zu Kirn-Sulzbach und später zu Niederhambach in die Frauen-Verbandsliga. Mit 19 verletzte sich die Mittelfeldspielerin nach einem Zusammenprall im Training schwer, erlitt einen Pneumothorax im linken Lungenflügel und beendete schließlich nach fast einjähriger Pause ihre Karriere. Die Schwester der heutigen Fifa-Assistentin Miriam Dräger war damals Schlemmers Teamkollegin und brachte sie auf die Idee, doch den Schiedsrichterlehrgang zu machen. „Ohne die Verletzung und diesen Tipp wäre ich wohl nie zur Schiedsrichterei gekommen“, gibt Schlemmer zu. Der erfolgreich abgeschlossenen Prüfung 2009 folgte das erste Spiel unter ihrer Leitung. Herren, hartes Brot in der Reserveklasse, bei der zweiten Mannschaft vom SV Gundersweiler. Als Beobachter mit dabei: der ehemalige Bundesliga-Linienrichter und heute immer noch aktive Schiedsrichter Wolfgang Adam. „Er meinte zu mir, das hat gut ausgesehen, und zeigte mir Perspektiven in diesem Hobby auf“, erinnert sich Schlemmer, die ein Jahr später in der 2. Frauen-Bundesliga und in der Herren-Oberliga assistierte und schon 2011 Bundesliga-Linienrichterin wurde. Genau diese Perspektiven motivierten die 1,72 große Frau. „Jedes Spiel war und ist eine neue Herausforderung. Ob auf dem Platz oder an der Seitenlinie. Man lernt immer neue Mannschaften kennen und kann sich stets weiterentwickeln.“ Schlemmers Entwicklung nahm weiter Fahrt auf. Seit 2013 ist sie Schiedsrichterin der 2. Frauen-Bundesliga und der Herren Verbandsliga. Innerhalb von sieben Jahren schaffte sie den Sprung als Referee in die Frauen-Bundesliga. Anders als bei den Herren sind die Schiedsrichterinnen bei den Frauen auch regelmäßig als Assistenten im Einsatz. Schlemmer ist wechselweise mit den gestandenen Unparteiischen Ines Appelmann (Alzey) und Christian Biehl (Schwollen), oder den Nachwuchskräften Fabienne Michel (Gau-Odernheim) und Naemi Breier (Konz) im Gespann unterwegs. Welche Rolle der Pfälzerin lieber ist? „Ich freue mich immer auf beides. Es sind andere Aufgabenfelder. Als Schiedsrichterin hast du natürlich die Verantwortung für das gesamte Team.“ Auf die Frage, ob es schwerer ist, ein Herren- oder Frauenspiel zu leiten, antwortet die 29-Jährige diplomatisch: „Man kann das nicht vergleichen. Der Frauenfußball hat sich enorm entwickelt, ist viel kreativer geworden. Aber in Sachen Athletik und Dynamik haben die Männer natürlich bessere Voraussetzungen. Das Spiel dort ist um einiges schneller, Zweikämpfe werden häufiger und viel intensiver geführt.“ In der Regel schläft Schlemmer am Wochenende in ihrem Elternhaus in Nußbach und ist zweimal im Einsatz: ein Frauen- und ein Herrenspiel. Unter der Woche wohnt die Sport- und Reisebegeisterte seit einigen Jahren in ihrer Eigentumswohnung in Saarbrücken, arbeitet bei Globus Drive im benachbarten Saarlouis-Ensdorf und hält sich mit Joggen und Fitnessstudio fit. Zweimal im Jahr muss sie einen Leistungstest in Kaiserau ablegen. Dass die Schiedsrichterei für Schlemmer aus rein intrinsischer Motivation resultiert, belegen die Gehaltszahlen. Laut DFB-Pressestelle wird eine Spielleitung der Frauen-Bundesliga mit 250 Euro honoriert (bei den Herren sind das rund 4000 Euro). Schlemmer ist froh, in der Bundesliga angekommen zu sein und fokussiert sich weiter auf den Frauenfußball. „Ich will mich da etablieren und dann mal schauen, was kommt. Klar wären in ferner Zukunft internationale Einsätze und die Oberliga und Regionalliga bei den Herren reizvoll.“ Zur Person Hanna Schlemmer, geboren am 10. März 1987, wohnhaft in Saarbrücken und Nußbach, seit 2014 E-Commerce Managerin bei Globus Drive in Ensdorf, 2009: Schiedsrichterprüfung, seit 2010: Assistentin 2. Frauen-Bundesliga und Oberliga Herren, 2011: Assistentin Frauen-Bundesliga und Schiedsrichterin Landesliga Herren, 2013: Schiedsrichterin 2. Frauen-Bundesliga und Verbandsliga Herren, 2016: Schiedsrichterin Frauen-Bundesliga

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