Donnersbergkreis Reblaus und Peronospera beenden die Weinbautradition

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In unserer Serie „Schnappschüsse von früher“ veröffentlichen wir in loser Folge alte Fotos und die dazugehörigen Geschichten. Die heutige Aufnahme hat uns RHEINPFALZ-Mitarbeiter Torsten Schlemmer aus Waldgrehweiler zur Verfügung gestellt. Von ihm stammt auch der Text.

Diese 1921 abgestempelte Postkarte zeigt die historische Ortsansicht Waldgrehweilers. Deutlich sind auch die ehemaligen Weinhänge Ortsausgang Richtung Ransweiler erkennbar. Heute sind diese Flächen unter den dort aufgeforsteten Douglasienwäldern gänzlich verschwunden. Lediglich einige Bruchsteinmauern und einzelne verwilderte Weinstöcke erinnern noch an jene Zeit. Schon zur Tertiärzeit war die wilde Weinrebe am Rhein verbreitet, eventuell wurde die Rebkultur bereits von den Kelten eingeführt. Die richtige Kultivierung und Weinherstellung erreichte aber erst mit den Römern unsere Gegend. In karolingischer Zeit entwickelte sich der Wein zum Volksgetränk, die fortschreitende Christianisierung trieb dann den Weinbau weiter voran. Klöster und Kirchen – wie etwa die Wallfahrtskirche im benachbarten Finkenbach-Gersweiler – benötigten größere Mengen an Gottesdienstwein. Der älteste urkundlich nachgewiesene Weinbau im Anbaugebiet Nahe war 767 in Norheim, 775 auch in Alsenz, und 811 erhielten die Fröner der Benediktinerabtei in Münsterappel Weinlieferungen. Anfang des 14. Jahrhunderts war der Weinbau bis ins mittlere Alsenz-, Appel- und Moscheltal verbreitet. Im Weistum der Pfarrei Finkenbach werden 1384 mehrere Wingerte aufgeführt. Schon vor 1482 sind im Zinsbuch des pfalz-zweibrückischen Amts Landsberg in Obermoschel Abgaben an die Herrschaft aus den Erlösen der Waldgrehweilerer Weinberge „Am Ransweilerweg“ und „In der Morebach“ zu finden. 1523 ist die Existenz der Weinberge im „Amt Waldgrehweiler“ durch ein weiteres Weistum belegt. Daraus geht leider nichts Konkretes über die damals erzielten Erträge hervor, jedoch wird Waldgrehweiler in den Landsberger Rechnungen 1482 an fünfter Stelle der weinbaulichen Aktivität im Herrschaftsbereich aufgeführt. Durch Wegfall der Klöster und des reichen Adels endete im 16. Jahrhundert auch die Blütezeit des Weinbaus. Der Dreißigjährige Krieg hatte die Bevölkerung stark dezimiert, so dass Menschen angeworben werden mussten, um das Land neu zu besiedeln. Die Kulturflächen verwilderten, es entstand Heckenbewuchs, das Land verödete. Erst nach weiteren Verwüstungen durch den pfälzischen Erbfolgekrieg gewährte 1736 die Herrschaft Kurpfalz erfolgreich eine sechs Jahre lange Steuerbefreiung zur Wiederanlage von Weinbergen. In der in vier Kategorien gegliederten herzoglichen Aufstellung von 1788 werden in Waldgrehweiler 29 Morgen Weinberge zweiter Klasse gelistet. 1789 nennt die Gemarkungsstatistik sechs Hektar Weinberge. Die alten Weinsorten waren Gutedel, Elbling, Heunisch und Kleinberger. Erst Ende des 19. Jahrhunderts gewann der Riesling an Bedeutung, und die Wingerte nahmen wieder zu. Die Gründung der „Provinzial-Wein- und Obstbauschule“ Bad Kreuznach half bei der Aus- und Weiterbildung der Winzer. Für neue Probleme sorgte zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert die Reblaus: Der Weinbergsschädling breitete sich rasch aus. Diesem wollte man mit reblausresistenten veredelten Reben mit Unterlagen aus Nordamerika Einhalt gebieten – stattdessen schleppte man als weiteren Fluch die Pilzerkrankung Peronospera ein. Mangels wirksamer Spritzmittel fielen ihr über Jahre viele Weinberge zum Opfer, so auch die „Im Rädchen“, Ortsausgang Richtung Ransweiler und am „Wingertshewel“ oberhalb des Grashofes. Die beiden Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise brachten weitere Rückschläge – so verblieben nur noch rund drei Hektar Wingerte der „Mehrbach“. Mit den Flurbereinigungen und Neuanlagen versuchte man die Krise zu überwinden, jedoch waren 1952 im Landkreis Rockenhausen 22 Gemarkungen mit 701,6 Hektar – sprich 85 Prozent der Reben – verseucht. Mehrere starke Maifröste kamen hinzu. Da die Waldgrehweilerer Weinbauern nur als sogenannte „Feierabendwinzer“ im Nebenerwerb tätig waren, konnten sie dem nicht wirksam entgegentreten. Als Weinbauern waren Emil Wasem, Armin Schmidt, Ernst Neubrech, Ludwig Haaß, Heinrich Lembrich und der Finkenbach-Gersweilerer Karl Wannemacher in Waldgrehweiler tätig. Werner Reinhard und Alfred Linn beendeten schließlich die „Ära“. Anfang der 1970er Jahre wurden rund fünf Hektar brachliegende Weinberge zu Staatswald aufgeforstet. Erwin Schmidt hatte seinen Weinberg schon Jahre vorher für kurze Zeit umgenutzt und mit mäßigem Erfolg rote und schwarze Johannisbeeren zur Vermarktung angebaut. Nur die alten Wingertsmauern sowie die beiden Gewannenamen „Auf dem Mehrbachwingert“ und „In dem Mehrbachwingert“ blieben als stumme Zeugen einer vergangenen kleinen Weinbautradition erhalten. Um das Gedächtnis zu wahren, legte die Ortsgemeinde im Jahr 2014 mit dem Dorferneuerungsprojekt „Bürgergarten“ im „Layengarten“ in der Ortsmitte einen kleinen Wingert neu an. Leserfotos Wer Interesse hat, dass auch „sein“ altes Foto und die Geschichte dazu veröffentlicht werden, kann sich an uns wenden: per E-Mail an reddonn@rheinpfalz.de, unter Telefon 06361 91319 beziehungsweise 06352 7035-19 oder persönlich in unseren Lokalredaktionen, werktags von 10 bis 14 Uhr, in der Luitpoldstraße 20 in Rockenhausen oder in der Schlossstraße 8 in Kirchheimbolanden. |tnt

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