Frankenthal Auf Schatzsuche im Keller

Zwei von zwölf: Hubert Stadler (links) und Willi Heiser aus der Baugruppe. Der graue Würfel soll als Arbeitstisch in einer Szene
Zwei von zwölf: Hubert Stadler (links) und Willi Heiser aus der Baugruppe. Der graue Würfel soll als Arbeitstisch in einer Szene aus der Kofferfabrik eingesetzt werden.

Bühnenpodeste bauen, riesige Plakate bemalen, wackelige Stühle reparieren und moderne Garagentore verkleiden: Die Baugruppe um Schreiner Willi Heiser hat bis 21. September noch einiges zu tun. Dann ist Premiere für das Stationentheater „Ausgepackt. Lambsheimer Koffergeschichten“. An sechs Stationen werden Episoden aus der 1250-jährigen Dorfgeschichte inszeniert.

Ein Kinderwagen aus der Biedermeierzeit, ein roter 50er-Jahre-Tretroller mit Luftreifen, eine original Nähmaschine aus der Goldpfeil-Kofferfabrik: Es sind zum Teil kleine Schätze, die Willi Heiser und sein Team aus Lambsheimer Kellern und von Dachböden zusammengetragen haben. „Jeder hat sich umgehört, ob nicht irgendwo was Brauchbares rumsteht“, erzählt Hubert Stadler. Im Keller des neu erworbenen Eigenheims einer Bekannten tauchte beispielsweise der Kinderwagen aus dem 19. Jahrhundert auf. „Grauslig bemalt“, wie sich Stadler erinnert. Ein bisschen schwarze Farbe und das gute Stück passt perfekt in die Auswandererszene, mit der das Stationentheater im Geibhof beginnt. Ein riesiger, mehrachsiger Leiterwagen ist ein weiteres Requisit für den Aufbruch der Amerika-Reisenden. Moderne Garagen werden durch bedruckte Pappen zu historischen Holztoren. Station für Station ist die Baugruppe Mitte April zum ersten Mal gemeinsam mit den Regisseuren der einzelnen Szenen und dem Technik-Team abgegangen. Wo fehlt eine Lampe? Wie viel Spielfläche haben wir? Welche Requisiten sorgen für den passenden Rahmen des Spielgeschehens? Brauchen die Schauspieler Mikrofone? Die Liste der Aufgaben war lang – und wurde mit den Proben noch länger. Immer wieder gab und gibt es Absprachen unter den Verantwortlichen. „Viele Details zeigen sich ja erst, wenn die Szene tatsächlich gespielt wird“, erklärt Heiser. So stellte sich beispielsweise heraus, dass der Schuppen der Firma Gaia, deren Gelände für das Jubiläumstheater wieder zur Kofferfabrik wird, zu niedrig ist. „Jetzt spielen wir einfach davor.“ Sein Team habe sich vieles selbst erarbeitet, Anleitungen oder einen fertigen Bühnenplan gibt es nicht. Auch ein festes Budget hat die Baugruppe nicht. „Wir sind sehr bescheiden“, sagt der Schreiner. Vieles könne man aus Resten zimmern oder sich anderweitig besorgen. So habe beispielsweise eine Kistenfabrik im Ort große Paletten kostenlos als Unterbau für die Bühnen zur Verfügung gestellt. Auch vom Bauhof werde man unterstützt. „Höchstens ein paar Dachlatten oder einige Eimer Farbe“ habe man bislang gekauft. Während der Probenbetrieb über die Sommerferien weitgehend ruht, sind die Bauleute am Werkeln. Alle größeren Arbeiten sollen bis August erledigt sein. Fertig zusammengefügt und bemalt sind die Sperrholzquader, die später zu Werkbänken der Kofferfabrik werden. Einfach zu transportieren und gut zu verstauen müssen alle Bühnenelemente und Requisiten sein. Am dritten und vierten Wochenende im September sind an sechs Tagen 25 Aufführungen geplant. Zwischen den Wochenenden, zum Teil sogar nach jeder Aufführung, müssen die Spielorte freigeräumt werden. „Die Bewohner sollen schließlich noch ganz normal ein und aus gehen können“, sagt Heiser. Manch eine Idee habe auch mit Rücksicht auf die Eigentümer und Mieter der Häuser nicht verwirklicht werden können. So werde die Betontreppe in einem der Höfe nun abgehängt statt mit Stroh und Jutesäcken verkleidet. Das Kopfsteinpflaster eines Hofs in der Hinterstraße wird mit einer Bühne überbaut – „damit sich die Schauspieler nicht die Haxen brechen“, erläutert Schreiner Heiser. Hier bei der Familie Spohn-Logé wird anhand einer Heirat der alte Zwist über die Selbstständigkeit Maxdorfs im Jahr 1952 aufgegriffen. Vorlage für die Geschichte ist die Eheschließung des Turmmalers Willi Foltz. Der hat mit seiner Ingrid eine Maxdorferin geehelicht – für viele Lambsheimer lange eine undenkbare Liaison. Kopfzerbrechen bereitet dem Team, wie es an Requisiten für die Szenen aus der Nazizeit kommt. Hakenkreuzfahnen und Wehrmachtsuniformen seien schließlich nicht einfach so zu kaufen. Ein Jeep, mit dem die US-Soldaten in der vierten Szene nach Lambsheim einfahren, fehlt auch noch. Die letzte Szene des Stationentheaters soll in der evangelischen Kirche spielen. Um das Gestühl im Altarraum zu verdecken, wird ein riesiges Plakat mit der Silhouette Lambsheims aufgestellt, an dem einige Mitglieder der Baugruppe gerade malen. „Wir sind alles Lambsheimer“, von den Hugenotten bis zu den syrischen Flüchtlingen, die vor drei Jahren ankamen – das soll die Quintessenz aus den sechs Szenen sein. Für Willi Heiser und Hubert Stadler leistet das Theaterprojekt einen wichtigen Beitrag zu diesem Gefühl. „Ich habe so viele Leute in den letzten Monaten kennengelernt, die ich vorher höchstens mal beim Einkaufen gesehen habe“, sagt Heiser. Vorverkauf —Das Lambsheimer Stationentheater „Ausgepackt“ wird von Freitag, 21. September, 17 Uhr, bis Sonntag, 30. September, 16.45 Uhr, an 25 Terminen gezeigt. Der Vorverkauf startet während der Weintage am Türmchen von heute bis Montag. Danach können Karten auch online unter www.1250-Jahre-Lambsheim.de erworben werden. Erwachsene zahlen 12,50 Euro, Kinder bis 14 Jahre sieben Euro. —Für zwei Szenen werden noch drei Männer im Alter zwischen 20 und 40 Jahren als Darsteller gesucht.

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