Frankenthal „Generell wird mehr gestritten“
Wenn ein Mediziner aus der Vorderpfalz wegen eines Behandlungsfehlers juristisch belangt werden soll, landet die Klage sehr häufig auf dem Schreibtisch von Kirsten Kaltenhäuser. Sie ist Vorsitzende der vierten Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal und hat seit vielen Jahren die Arzthaftungsprozesse zu ihrem Arbeitsschwerpunkt erkoren.
„Das ist genau das, was ich machen wollte und woran ich großen Spaß habe“, verrät die promovierte Richterin im Gespräch. Medizinisches Interesse war bei ihr schon immer stark ausgeprägt. Eigentlich wollte die passionierte Reiterin, die bei so manchem Springturnier auf dem Siegertreppchen stand, Tiermedizin studieren. Doch sie entschied sich für die Rechtswissenschaften und Mannheim als Studienort. Den beiden Staatsprüfungen folgte die Einstellung als Richterin beim Amtsgericht Ludwigshafen und der Wechsel zur Staatsanwaltschaft Frankenthal. Seit 2001 ist Kaltenhäuser beim Landgericht beschäftigt, wo sie nach der Erprobung beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken zur Vorsitzenden Richterin befördert wurde. Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus? „Zunächst landen alle Neueingänge bei mir“, erläutert sie. Dann wird entschieden, welcher ihrer Kammerkollegen (Beisitzer) mit der Sache betraut wird. Prozessual gab es in den letzten Jahren eine grundlegende Veränderung. Während früher so gut wie alle Rechtsstreite von der Kammer beraten und entschieden wurden, werden heute die meisten Verfahren auf den Einzelrichter übertragen. Allerdings bleibt das Spezialgebiet Arztrecht bei ihr Chefsache. Kirsten Kaltenhäuser (Jahrgang 1970) bestimmt als Vorsitzende die Verhandlungstermine, lädt Zeugen und Sachverständige, leitet die Sitzung und erteilt den Anwälten rechtliche Hinweise. Für ihre Beisitzer ist sie die erste und wichtigste Ansprechpartnerin. Zwar gelingt es ihr sehr häufig, die Parteien zu einer gütlichen Einigung zu bewegen. Und doch hat sie darüber hinaus im Durchschnitt auch bis zu 15 Urteile pro Monat zu Papier zu bringen – ein gewaltiges Pensum mit steigender Tendenz. „Generell wird mehr gestritten als früher“, stellt sie fest und liefert auch gleich einen Hauptgrund nach: die Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherungen. Was hat man sich unter Arzthaftung vorzustellen? Da ist über misslungene Schönheitsoperationen zu befinden, über zahnärztliche Fehlleistungen, orthopädische Behandlungsfehler oder Geburtsschäden. Gefordert wird meist Schmerzensgeld, das etwa bei einer Querschnittslähmung um die 250.000 Euro erreichen kann. Kaum einer der komplizierten Fälle lässt sich ohne Gutachten – mitunter werden sogar mehrere Sachverständige tätig – entscheiden. Kirsten Kaltenhäuser hat es dienstlich mit weiteren Berufsgruppen zu tun. Werden Rechtsanwälte, Notare oder Steuerberater wegen einer Pflichtverletzung in Regress genommen, ist ihre Kammer ebenfalls zuständig. Bei solch hoher Belastung ist die Wachenheimerin heilfroh, Ausgleich bei den Pferden zu finden. Den Turniersport hat sie zwar aufgegeben, dafür kümmert sie sich sehr engagiert um den Nachwuchs. In Bad Dürkheim und in Frankenthal erteilt sie in ihrer Freizeit Reitunterricht. |loi