Frankenthal Unterhaltsame Entdeckerreise
Buchstaben sind ihr Material, Texte ihr Metier, Sprache und Bücher ihre Leidenschaft: Sibylle Schwertner liebt Gedrucktes und schreibt für ihr Leben gern. Den Frankenthalern ist sie bekannt als „die Frau vom Wochenblatt“. Doch ihr Herz hängt am Büchermachen: Für ihr neuestes Projekt hat die Journalistin 30 „Geniale Erfindungen aus Rheinland Pfalz“ entdeckt.
Wer es noch nicht wusste, hat nun den Beweis: Zwischen Rhein und Saar leb(t)en etliche Geistesgrößen. Die zu interviewen wäre ein Traumjob für jeden Journalisten, doch nur möglich als Zeitreisender. Denn zwischen der Naturmedizin-Pionierin Hildegard von Bingen und den Kaiserslauterer Zukunfts-Technologen von Human Solutions liegen ganze zehn Jahrhunderte voller Erfindungen. Das weiß niemand besser als die zierliche Frau, die hinter dem Riesenbildschirm und perfekt aufgeräumten Schreibtisch in ihrem Büro in der Bahnhofstraße 36 fast verschwindet. Sibylle Schwertner hätte die Genies aus früheren Zeiten gerne persönlich getroffen. Auge in Auge, fürs journalistische Frage-Antwort-Spiel: allen voran Johannes Gutenberg. Mit seiner Erfindung des Buchdrucks trat der Mainzer im 15. Jahrhundert eine beispiellose Medienrevolution los und machte Meinungen und Ideen bis ins digitale Heute hinein global verfügbar. Oder der Zweibrücker Koch Nikolas Appert, der zur Zeit Napoleons das Haltbarmachen von Lebensmitteln durch Einkochen und damit die Konserve erfand. Recherchieren im Internet, Museen besuchen. Fachleute und Zeitzeugen befragen, tagsüber telefonieren, spätabends schreiben – journalistisch haben Buchprojekte viel gemeinsam mit tagesaktueller Schreibe, und doch nehmen sie andere Entwicklungswege. „Einfach mal mehr schreiben, als auf ,drei Spalten, 90 Zeilen’ im klassischen Zeitungsartikel-Format passen“ beschreibt die gelernte Übersetzerin für Englisch, Französisch und Spanisch ihren Traum zwischen zwei Buchdeckeln. Erfüllt hat er sich erstmals in den 1970er-Jahren in Gestalt eines Kinderbuchs mit dem Titel „Corax Corvidae“. Die tierische Heldenfigur des Ackerkolkraben entwickelte Sibylle Schwertner quasi aus der Not, weil ihre leselustigen Kinder damals bereits „alles an Jugendliteratur durch hatten“. Schon als Kind war die Autorin ein Bücherwurm („ich konnte früh lesen“). Tausende Bände daheim verraten ihr Faible fürs Gedruckte: „Ich muss Bücher besitzen.“ Es gab Zeiten, da lebte Sibylle Schwertner vom Übersetzen akademischer, insbesondere juristischer, Fachtexte und brachte so einige juristische Doktorarbeiten und Habilitationsschriften anderer mit auf den Weg: „Ich habe ein Leben lang mit Text zu tun.“ Geboren 1953 in Barth an der Ostsee wurde Schwertner nach abenteuerlicher Flucht aus der DDR 1957 in der Pfalz heimisch. Seit rund 20 Jahren lebt sie in Frankenthal. Seit 1992 ist sie verantwortliche Redakteurin des Frankenthaler Wochenblattes, das im RHEINPFALZ-Tochterverlag Süwe erscheint und das sie bis zur Rente 2019 noch machen möchte. Und danach? „Ich habe eine Liste mit Büchern im Kopf, die ich gerne noch schreiben möchte.“ Heute bekommt die Buchautorin Themen-Vorschläge vom Verlag und genießt dabei die Freiheit, auch mal ein Angebot abzulehnen. Gerne arbeitet sie nach der Devise „alle zwei Jahre ein Buch“, und so sind von ihr – neben etlichen anderen Titeln – zuletzt im Wartberg Verlag erschienen: „Aufgewachsen in Ludwigshafen in den 60er und 70er Jahren“ 2009, „Mannheims berühmte Töchter und Söhne“ 2010 und „Pfälzer Weihnachtsgeschichten“ 2015. Ein halbes Jahr Arbeit steckt in ihrem neuesten Buch „Echt clever – Geniale Erfindungen aus Rheinland-Pfalz“. Blättern, schmökern, staunen – das Buch nimmt die Leser mit auf eine unterhaltsame Reise durch die rheinland-pfälzische Tüftler-Geschichte. Die Top 30 der genialsten Einfälle, Ideen und Produkte stellt Sibylle Schwertner in dem 104-seitigen buntbebilderten Band vor, fundiert recherchiert und geschrieben im lockeren Plauderton. So erfährt man, dass im heutigen Rheinland-Pfalz viele bahnbrechende Erfindungen gemacht wurden, die meisten mit weltweiter Wirkung. Von A wie Ammoniaksynthese (1908 bei der BASF) über K wie Kreiselkompass – ein Navigationsgerät für die Schifffahrt – bis Z wie Zollstock (Klappmeter, 1886) aus Maikammer. Santa Claus und Science Fiction, Ottomotor und Farbfernsehen, Toast Hawaii und Saumagen: „Rheinland-Pfalz first“ in Anbetracht solcher Genie-Geschichte(n) darf man stolz sein. LESEZEICHEN Das Buch „Echt clever - Geniale Erfindungen aus Rheinland-Pfalz“ von Sibylle Schwertner ist im Wartberg Verlag erschienen, 104 Seiten, Hardcover, zahlreiche Farbfotos, und kostet 15 Euro. Erhältlich im Buchhandel, ISBN 978-3-8313-2993-9.