Grünstadt Abstraktes und Fantasievolles

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Genuss für Gaumen, Augen und Seele in zwei Leerständen in der Fußgängerzone: Unter dem Motto „Grünstadt Art – Kunst und Genuss in Grünstadt“ zeigen sieben Kulturschaffende ihre Arbeiten in der ehemaligen Bäckerei Wilhelm und im einstigen Textilhaus Kik. Bei der gut besuchten Vernissage am Freitag erinnerte Bürgermeister Klaus Wagner an die Ausstellung „4 x anders“ im Frühling, bei der erstmals die toten Augen der Innenstadt belebt wurden.

Nach einer Impulsveranstaltung im Juni fanden sich 20 Künstler und einige Immobilieneigentümer für weitere ähnliche Aktionen zusammen. Wer die frühere Bäckerei betritt, stößt zunächst auf Gemälde von Sybille Fruth. Die Dozentin an der Volkshochschule Alzey-Worms deutet auf ein etwa zwei Meter hohes, abstraktes Werk in Blautönen. „Am Anfang war das Meer“, sagt sie. Daneben hängt die geologische Beschreibung der Landschaftsentwicklung um Flörsheim-Dalsheim, das vor 30 Millionen Jahren 100 Meter tief auf dem Meeresgrund gelegen hat. Auch die jüngsten Bilder von Werner Keller, Jahrgang 1957, sind abstrakt. Dabei spachtelt der Fachmann für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz selbst gefärbten Beton auf Bauplatten. „Das muss sehr schnell gehen, sonst ist er hart“, erläutert der Obrigheimer. Die eine Pirouette vollführende Tänzerin ist dennoch gut zu erkennen. „Die Frau inspiriert mich besonders“, sagt Keller, der unter anderem eine Auswahl von Akten präsentiert. Töpfern sei am schönsten, findet Marlene Schäfer aus Leistadt, die auch Acrylbilder und Collagen anfertigt. Teilweise holt sie sich von anderen Kulturschaffenden Anregungen. So hat sie beispielsweise eine „Pfälzer Nana“ geformt und farbenfroh angemalt. Eine Leidenschaft der Arzthelferin ist darüber hinaus das Herstellen von Ketten aus Halbedelsteinen, Knochen, Holz, Glas, Tonkugeln und anderen Elementen. Schmuck aus Specksteinen und Skulpturen aus Gasbeton hat Ulrich Koglin in Workshops mit Kindern und Jugendlichen gemacht. Für seine Kunstwerke bevorzugt der pensionierte Erzieher als Material neben Holz und Stein Fundstücke vom Schrottplatz. Flexend und schweißend gibt er Gartengeräten wie Spaten lustige Gesichter. Jüngste Arbeiten des 68-jährigen Kleinkarlbachers, der sich seit 1996 mit der Bildhauerei beschäftigt, sind Gipsaufbauplastiken. Die rund 20 Jahre jüngere Hui-Ling Yang hat sich ebenfalls dem Dreidimensionalen verschrieben. Dafür nutzt die aus Taiwan stammende und in Grünstadt lebende Künstlerin ausschließlich Ton, den sie in ihrer ganz eigenen Art bearbeitet. Zur Ausstellung mitgebracht hat sie neben ihrem rund 100 Kilogramm schweren, betont eckigen Tai-Chi-Kämpfer und einigen abstrakten Objekten vor allem Frauen-Skulpturen. In die Lehre gegangen ist die Asiatin unter anderem beim Spanier José Berlanga. Dessen Ehefrau Hannelore Hertje zeigt eine Bilderserie mit dem Titel „Strandläufer“, darunter das ausdrucksstarke Gemälde „Wanderung“, auf dem eine Frau in den Dünen Rast macht und aufs weite Meer schaut. Die gebürtige Ludwigshafenerin malt seit mehr als 30 Jahren mit verschiedenen Farben auf unterschiedlichen Materialien. Mit Acryl hat sie ihren ganz persönlichen Stil gefunden. Antike Möbel hat Hanns-Joachim Grimm aus Ebertsheim in den ehemaligen Kik-Geschäftsräumen platziert. „Es ist meine erste Ausstellung“, berichtet der 62-Jährige, der alte Schränke, Truhen, Tische und Sessel aufkauft und restauriert. Darunter ist ein Hochzeitsschrank, 1893 angefertigt für ein Paar mit den Initialen D und K – ein Unikat aus Eiche. Hilgrid Lamoller verschenkt ihre Glückstadter Matjes während der Aktion in den Leerständen. Häppchenweise sollen die Besucher auf den Geschmack kommen, denn ein Traum der 71-Jährigen ist es, einen kleinen Laden für die Spezialitäten von der Elbe aufzumachen. INFO Die Exponate „Grünstadt Art – Kunst und Genuss in Grünstadt“ in den Leerständen Kik und Wilhelm sind zu sehen bis Sonntag, 9. Oktober. Öffnungszeiten: samstags, 11 bis 18 Uhr, am heutigen Montag sowie an den Donnerstagen, 29. September und 6. Oktober, jeweils 14 bis 18 Uhr, an den Freitagen, 30. September und 7. Oktober, 14 bis 19 Uhr, und am Sonntag, 9. Oktober, 16 bis 19 Uhr.

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