Grünstadt Der Eisbach in Schlangenlinien

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HINTERGRUND: Die wichtigste Hürde für die Renaturierungsfläche zwischen Ebertsheim und Eisenberg ist genommen: der Grundstückskauf. Für das Projekt wird ein Zuschuss aus dem Landestopf für Naturschutzmaßnahmen beantragt. Das etwa zwei Fußballfelder große Areal wäre aber auch ein effektives Regenrückhaltebecken. Und nicht nur das.

„Wenn die Genehmigungsverfahren zügig durchgeführt werden, die Gremien zustimmen und der Antrag auf die Förderung aus der Aktion Blau vom rheinland-pfälzischen Umweltministerium genehmigt wird, kann im Spätjahr 2017 mit den Arbeiten begonnen werden.“ Wer mit Kommunalpolitikern zu tun hat, weiß, dass bei solchen „Wenn-Sätzen“ der Tonfall oft wichtiger ist als die Einschränkungen. So auch beim Satz von Reinhold Niederhöfer. Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Grünstadt-Land gibt nämlich sehr gut gelaunt Auskunft über die etwa zwei Hektar große Renaturierungsfläche des Eisbachs zwischen Eisenberg und Ebertsheim. Sein Tonfall macht deutlich: Das Projekt, das seit Jahrzehnten nicht über allgemeine Absichtserklärungen hinausgekommen war, wird tatsächlich umgesetzt. Dazu hat der Verbandsgemeinderat Grünstadt-Land nun den ersten Schritt in nichtöffentlicher Sitzung getan: Die Ratsmitglieder haben dem Kauf von Ackerflächen für 54.000 Euro zugestimmt. Der entscheidende Durchbruch gelang jedoch früher – hatte aber auch nicht viel Öffentlichkeit. Hintergrund waren Gespräche des Ebertsheimer Ortsbürgermeisters Bernd Findt mit Landwirten, denen Grundstücke entlang des Eisbachs gehören. In erster Linie ging es da um Nassgebiete, marode Drainagen und die mögliche Einführung von wiederkehrenden Beiträgen für deren Sanierung. Der für die Renaturierung elementare Grundstückserwerb war zwar immer im Hinterkopf, spielte aber nur eine untergeordnete Rolle. Bis Findt und Vertreter der VG-Verwaltung bei einem Landwirt die Bereitschaft zum Verkauf von zwei Hektar Acker ausgemacht hatten. Das waren allerdings wesentlich weniger als die Hälfte der im Renaturierungsplan veranschlagten 56.000 Quadratmeter. An der Zähigkeit der Verhandlungen mit den anderen Grundstücksbesitzern hatte sich indes nichts geändert. Also doch wieder nichts mit „entgradigtem“ Eisbach? Da Findt aber die Renaturierung des Eisbachs im Wahlkampf auf seine eigene und die Agenda „seiner“ Freien Liste ganz oben platziert hatte, ließ er nicht locker. Und als Politiker relativ neu im Geschäft, fragte er sich ganz pragmatisch, ob das (Konzept), was nicht (zum Grundstückserwerb) passt, nicht passend gemacht werden kann. Und siehe da, es konnte: Das umgeplante Renaturierungskonzept sieht jetzt nur noch einen etwa „zwei Hektar großen Gewässerentwicklungs- und Rückhalteraum vor, der von einem mäandrierenden Niedrigwasserbett durchzogen wird“. Denn diese zwei Hektar sind machbar. Inzwischen sind die Vorgespräche mit Behörden und Verwaltungen wohl weiter gediehen als der Plan selbst. Ist aber auch kein Wunder, ist man sich doch seit Jahrzehnten auf den verschiedensten Ebenen einig, dass die Renaturierung des Eisbachs in diesem Bereich viele Vorteile mit sich bringen würde. Für den Naturschutz, da die angrenzenden Röhrichtflächen und weitere naturnahe Flächen erweitert werden. Für den Hochwasserschutz, da nicht nur die Fließgeschwindigkeit des insgesamt 38 Kilometer langen Eisbachs auf einer Länge von zirka 600 Metern mit Schlangenlinien verringert, sondern auch ein großes Rückhaltebecken geschaffen wird. Hiervon verspricht man sich eine Entschärfung der Hochwassersituation für den Ebertsheimer Ortskern. Dort laufen bei Starkregen immer wieder Keller voll; außerdem ist der Eisbach in Hauptstraße und Königsring auch schon mal über die Ufer getreten. Und das, obwohl Ebertsheim in den letzten Jahren von den zunehmenden Extremwettersituationen verschont geblieben ist. In der Kürze der Zeit hat das Ebertsheimer Planungsbüro Valentin als Diskussionsgrundlage ein erstes Konzept entwickelt. Die Gesamtkosten beziffert der Planer auf knapp 500.000 Euro plus/minus 100.000 Euro. Darin wird von einem Boden-Aushubvolumen von 15.000 Kubikmetern ausgegangen, von einem Niedrigwasserbett und von Strömungslenkern für einen sich schlängelnden Eisbach. Zudem sind aufgeschotterte Wege vorgesehen und Fußgängerbrücken. Dies käme Naherholungssuchenden zugute, wäre also ein Schritt zum sanften Tourismus. Natürlich auch für das benachbarte Eisenberg. Von daher ist es kein Wunder, dass auch Stadtbürgermeister Adolf Kauth das Renaturierungsprojekt neben der Eisenberger Kläranlage unterstützt: zum Beispiel mit Ausgleichsflächen. Schließlich liegen die Eisenberger Vorzeigeprojekte Römischer Vicus und Erdekaut nicht so weit weg, als dass man sie touristisch nicht mit einem mäandernden Eisbach verbinden könnte. Findt, Kauth und Niederhöfer haben wohl schon über einen Mühlen-Erlebniswanderweg sinniert – über Kreis- und VG-Grenzen hinweg entlang des Eisbachs, möglichst in Schlangenlinien.

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