Grünstadt Flüchtlinge: Stadtrat einig wie lange nicht mehr
Hunderttausende Flüchtlinge sind Richtung Europa unterwegs, gut 120 werden voraussichtlich im laufenden Jahr in Grünstadt ankommen. Schon jetzt aber lassen diese Menschen die besten Seiten ihrer künftigen Heimatstadt zum Vorschein treten.
So einen Stadtrat, der sonst der Auseinandersetzungen selten müde wird, nun aber angesichts der schieren Notwendigkeit zu helfen, zusammenrückt. Private Initiativen, Spender und Helfer. Einen Immobilienbesitzer, der, anders als viele seiner Kollegen, Wohnraum auch für Asylsuchende anbietet. Und nicht zuletzt ein Sozialamt, in dem nicht nur verwaltet und gestempelt, sondern geholfen und offensichtlich auch mitgefühlt wird. Etwas schönzureden ist nicht die Sache des Bürgermeisters. Zur Aufnahme der Flüchtlinge sei die Stadt verpflichtet, macht Klaus Wagner in der Ratssitzung am Dienstag klar. Auch wenn man dieser Pflicht gern nachkomme, verhehlen will er nicht, dass es ab und an doch sehr anstrengend ist. Und dass es durchaus die Hoffnung gibt, dass in nicht allzu ferner Zukunft der Zustrom etwas nachlassen möge. Auch wenn das derzeit eher nicht so aussehe. Tatsächlich mussten die Zahlen in den vergangenen Monaten immer wieder nach oben korrigiert werden, wie Gerhard Laubersheimer, der Leiter des Sozialamts, vorrechnet. Ungern spricht Laubersheimer von reinen Zahlen, weist darauf hin, dass von Menschen die Rede sei, solchen aus dem Bürgerkriegsland Syrien zumeist, deren Weg Laubersheimer für die Ratsmitglieder noch einmal umreißt. Bei denen rennt er offene Türen ein. Die Frage ist nicht, ob den künftigen Neugrünstadtern bestmöglich geholfen werden soll, lediglich die Ansichten über das „Wie“ unterscheiden sich graduell. So sähe besonders die SPD-Fraktion die öffentliche Hand gern mehr in der Pflicht, sei es bei der Erhebung von leerstehendem Wohnraum, sei es beim Entwurf von Szenarien für mittelfristig noch höhere Flüchtlingszahlen, sei es beim Angebot von Sprachkursen. Während Wagner die Registrierung leerer Wohnungen für ebenso wenig praktikabel hält wie konkrete Zukunftspläne angesichts der ständig nachzubessernden Flüchtlingszahlen, kann Laubersheimer auf die Hilfe unzähliger privater Hände verweisen. Besonders hebt er das Engagement der Leininger Initiative gegen Ausländerfeindlichkeit (Liga) hervor, auch liefen derzeit fünf Sprachkurse. Sollte Bedarf bestehen, werde man sich wegen Geld an den Kreis wenden, versichert er. Auch stellt er klar, dass die Mitarbeiter des Sozialamtes derzeit über die Maßen mit Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge beschäftigt sind. Eine Betreuung, die weit über die übliche Verwaltungsarbeit hinausgehe. Aktuell kümmere man sich in Grünstadt um 100 Flüchtlinge. Sammelunterkünfte in Hallen oder Containern will Laubersheimer auch in Zukunft vermeiden. Dem stehe leider, so berichtet Beigeordneter Bernhard Ellbrück, eine verschwindend geringe Bereitschaft, Wohnungen für Flüchtlinge zu vergeben, entgegen. Umso erfreulicher sei die kürzlich erfolgte Anmietung des alten Postgebäudes, in dem in drei Bauabschnitten bis zum nächsten Sommer 18 Wohnungen entstehen sollen. Ellbrück hofft, dort 80 bis 110 Menschen unterbringen zu können. Für die nächsten zwölf, vielleicht sogar 18 Monate habe man damit „die Kuh vom Eis“, hofft Wagner. Pläne zur Anschaffung von Wohncontainern seien erst einmal vom Tisch. Aber nackte Zahlen sind eben nicht alles bei diesem Thema. Und so zeigt sich auch Verwaltungsmann Laubersheimer überzeugt von der Zuversicht, die derzeit ja selbst die Kanzlerin und ihr Vize in alle Mikrofone sprechen: „Wenn wir alle an einem Strang ziehen, werden wir diese Situation auch meistern.“ (ktx)