Grünstadt Liebeskummer im rosa Sessel

Freut sich über die Resonanz auf das Album: Nosie Katzmann.
Freut sich über die Resonanz auf das Album: Nosie Katzmann.

Keine Frage: Nosie Katzmann ist den Erfolg gewohnt. Der Musikproduzent hat in den Neunziger Jahren mit Projekten wie Culture Beat („Mr. Vain“) weltweit die Charts gestürmt und diese Dekade des deutschen Pop maßgeblich mitgeprägt. Jetzt hat er als Teil des Songwriter-Duos Kahne Katzmann mit „I See Signs“ ein neues Album vorgelegt. Wir haben den Wahl-Battenberger besucht und sind seinen Longplayer mit ihm durchgegangen: Lied für Lied.

Nosie Katzmann lehnt sich zufrieden in seinem rosafarbenen Sessel zurück. Die kürzlich erschienene CD „I See Signs“, die er gemeinsam mit seinem musikalischen Partner, dem Gitarristen Stefan Kahne, produziert hat, komme gut an, sagt er. „Bei vier Radiostationen wurde sie zum Album der Woche gekürt“, erzählt der 59-Jährige, der Chart-Stürmer wie „Mr. Vain“ und „More And More!“ komponiert hat und die Sonnenseite des Geschäfts lange auskosten konnte. Die neue Scheibe „I See Signs“ hebt sich mit ihren schlichten Liedern angenehm von der elektronischen Musik der Moderne ab. Für die elf Songs brauchten der Battenberger und sein deutlich jüngerer Kollege aus Bad Dürkheim exakt elf Aufnahmetage– mit Unterstützung von Bassist Wolfy Ziegler, Stefan Brod an den Drums und Gitarrist Sebastian Heiner. Was dabei herauskam, haben wir uns Track by Track angehört – in besagten rosa Sesseln. 1. „Tom Petty“: Flotte Gitarrenklänge auf einem zwölfsaitigen Instrument im Petty-Sound, ein simpler Rhythmus, unverschnörkelt, gerade heraus, dazu die angenehme Stimme von Katzmann. Der sagt zu dem Stück: „Hier habe ich darüber nachgedacht, wie ich zum Songschreiber geworden bin.“ Er habe die Platten von „Meistern“ wie Johnny Cash, Paul Simon und Neil Young chronologisch angehört, dazu die Texte studiert und die Biografien gelesen. „Ich habe hinterfragt, warum drückt der eine sich so aus, der andere so“, erklärt er. Nur durch Imitation komme man zu sich selbst, ist Katzmann überzeugt. Das Lied handle von einem Sänger, der gut ist, aber wie Tom Petty sein wolle. Ein Zitat des inzwischen verstorbenen Amerikaners, von dem Hits stammen wie „Learning To Fly“ und „Free Fallin“, sei: „Versuch nicht jemand anders zu sein, bleibe du selbst.“ 2. „So So“: „Der Titel ergab sich aus der Situation. Im Studio sagte ich zu Stefan: ,Du machst das nächste Lied` und er antwortete: ,So, so`“, sagt Katzmann und schmunzelt. Dann habe sein Partner einen tollen Lauf auf der Gitarre gespielt. Das Lied beginnt langsam, mit sanftem Schlagzeug, ein Shaker gibt straight den Takt, dazwischen zarte Gitarrensoli. „Mein oberstes Gebot ist es, genau davon zu singen, was gerade ansteht, alles andere wirkt unglaubwürdig“, so Katzmann, der sich erinnert, an dem Tag niedergeschlagen gewesen zu sein. Das hat er dann entsprechend seiner Devise zugelassen. „Und so sprudelte der Text aus mir heraus.“ Der Song sei „eine kreative Umsetzung depressiver Gefühle“. 3. „I See Signs“: Die ansprechende, simpel gestrickte Melodie, ein Refrain, der schon beim ersten Hören zum Mitsingen einlädt, hat Ohrwurmpotenzial und ist zurecht der Titelsong. Grundlage sind ein schönes Gitarrenriff, teilweise mit Bottleneck gespielt, und Katzmanns Gedanken über Vorzeichen im Leben. „Ich war gerade unglücklich verliebt“, erzählt er, „und ich konnte nicht nachvollziehen, weshalb ich die Zeichen nicht erkannt habe, die sagten, dass diese Beziehung nichts wird.“ Mit weicher Stimme fragt er in dem Stück, weshalb alles immer so kompliziert sein müsse und warum er sich nicht einfach nur verlieben könne. 4. „Pam“: „Ich hatte gerade eine SMS von Pam erhalten“, erzählt Katzmann. Er fragte sich, ob die Begegnung mit ihr positiv oder negativ zu bewerten sei. Die einzige Erinnerung an die Frau, die er bei einem Auftritt kennengelernt hatte, war ein Foto von ihr im Sommerkleid, das sie über Facebook geschickt hatte. „Also schrieb ich einen Song über eine Unbekannte, in dem ich bedauere, dass sie nichts von mir will.“ Es sollte ein luftiges Sommerliedchen im Stil der Beach Boys werden, die er sehr schätzt. Das Stück, das auch ein paar dezente Zweideutigkeiten enthält, wird unter anderem durch Hall-Effekte und die zweite Stimme leicht und locker. 5. „For Real“: Ganz im Liedermacher-Stil erzählt dieser Song von Trennungsschmerz. Katzmann erläutert, dass er sich gerade von seiner Partnerin verabschiedet hatte und zu ergründen versuchte, weshalb er mit ihr kein glückliches Paar sein konnte, sie aber andererseits eine Superfreundin sei. „Es ist eines meiner Lieblingslieder“, erklärt er. Seine Ex möge den Song auch. Mit Blick auf den Text habe sie gesagt, sie sehe es genauso. 6. „Rocket“: Katzmann regt sich über Menschen auf, die Eintritt für ein Konzert bezahlen, sich dann aber mit anderen Besuchern unterhalten und die Band einfach links liegen lassen. „Ich finde das schrecklich. Wir sind so erzogen worden, dass wir andere ausreden lassen, aber solche Zeitgenossen lassen mich als Sänger nicht aussprechen“, begründet der 59-Jährige, weshalb er in dem Song darum bittet, ihm eine Rakete zu bauen, um Leute, die Musiker respektlos behandeln, direkt zum Mond zu schießen. Einen aggressiven Touch lässt das etwas schnellere Stück mit teilweise verzerrter Gitarre vermissen. „Ich bin nicht wütend“, winkt der Komponist ab, „ich bin nur irritiert.“ 7. „Chewing Gum Junkie“: Dieser flotte, von der Grundstimmung her eher fröhliche Rock’n’Roll basiert auf einer Idee, die Katzmann schon als 15-Jähriger hatte. „Ich nehme darin Leute auf die Schippe, die Drogen konsumieren.“ Konkret gehe es um einen Bekannten, der sich durch die Sucht persönlich vollkommen verwandelt habe – vom netten Typen zum Arschloch. Im nicht ganz ernst gemeinten Text heißt es unter anderem: „Sie verkaufen dir Wachs, Kaugummi und Kaffeebohnen, aber nicht das, was du glaubst zu kriegen.“ 8. „Another Sunday“: Das ganz ruhige Lied wurde aufgenommen, „als mein Vater gerade gestorben war und ich eine Trennung hinter mir hatte“, sagt Katzmann. In so einer Situation werde ein freier gemütlicher Sonntagnachmittag, auf den man sich eigentlich gefreut habe, nur unschön. 9. „Picking“: Die flott gezupften Gitarrenklänge zu Beginn erinnern ein Stück weit an „Dust In The Wind“ von Kansas. Der Text beschreibt laut Katzmann einen absurden Traum, den er gehabt hat. Darin sei er ein Pfadfinder gewesen, der auf dem Heimweg in einen kräftigen Regen gekommen sei und dabei auf ein Mädchen traf. „Ich erzählte Stefan davon, und es war wie Magie: Er hat sogleich etwas gepickt, das dazu passte.“ 10. „Tired“: Wie der Titel schon vermuten lässt, war Katzmann zur Geburtsstunde dieses Liedes „saumüde.“ Es sei sein Lieblingssong „und einfach live entstanden. Ich hatte die Idee, und die Band hat mich begleitet.“ Es ist ein kurzer, sehr ruhiger Song, mit sanften Gitarrenklängen; der Drummer streichelt die Becken. Der Gesang steht ganz im Vordergrund und wird streckenweise a capella vorgetragen. 11. „Gone“: Der Titel wird zu sphärischen Klängen gefühlvoll gehaucht, das Gitarrenspiel löst sich schließlich in der Ferne auf – dieses Stück fasst die Gefühle nach dem Tod des Vaters und dem Verlust der Partnerin zusammen. Der Text beschränkt sich auf das Wesentliche, etwa auf die Feststellung, dass die Lieben für immer gegangen sind und man nicht weinen kann. Und schließlich ein „Good bye“ als letzten Gruß. TERMIN Kahne-Katzmann-Konzert auf der Burg Battenberg am morgigen Mittwoch, 4. Juli, 20 Uhr. Special Guest: Markus Sprengler.

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