Kaiserslautern Über die eigenen Pantoffeln gestolpert

Sinniert übers Leben: Alfons im Club des Kulturzentrums.
Sinniert übers Leben: Alfons im Club des Kulturzentrums.

Der „Deutschen liebster Franzose“ sezierte am Donnerstagabend im Cotton Club wieder mit messerscharfem Blick die allgemeine Nachrichtenlage und widmete sich mit der ihm eigenen journalistischen Akribie den kleinen, aber umso bemerkenswerteren Fundstücken aus dem bundesdeutschen Alltagswahnsinn. Mit dabei bei „Alfons und Freunde“ war diesmal die wunderbare Sängerin Julia Schilinski aus Hamburg.

Richtig geraten! Alfons ist es mit seinem unverkennbaren „frongsösieschen Accent“, orangefarbener Trainingsjacke und Puschelmikrofon. Was ihn immer wieder antreibt? Es ist die Suche nach dem wahren Wesen der Deutschen – ein immerwährendes Mysterium. Ja, es sei einiges passiert in letzter Zeit, sagt er. Angela Merkel habe verkündet: „Ich geh weg und deshalb bleib’ ich.“ Sie sei wie alter Rotwein: je älter desto schwerer der Abgang. Jetzt müssten die Jungen ran, heiße es. „Wieso aber dann Friedrich Merz?“, fragt sich Alfons, mit bürgerlichem Namen Emmanuel Peterfalvi. „Der ist ja nur ein Jahr jünger als Merkel.“ Er habe sich am Bein verletzt, sagt Alfons mit hintergründigem Augenaufschlag. „Ihr wisst wie das ist, wenn man an einem Baum angekettet ist, und die Polizei schneidet mit einem Bolzenschneider die Ketten durch. Das habe ich im Fernsehen geguckt, bin über meine Pantoffeln gestolpert und kam ins Krankenhaus.“ Warum könne man nicht eine Krankenschwester zur Kanzlerin wählen? Sie käme überall in der Welt herum, treffe auch ab und an Donald Trump. Aber als Krankenschwester habe sie ja Erfahrung im Umgang mit kranken Menschen. „Olala!“, raunzt Alfons, „wie die bei der 100-Jahr-Feier zum Gedenken an das Ende des Ersten Weltkriegs miteinander gekuschelt haben“, kommentiert der Kulturreporter der „Grande Nation“ die Begegnung zwischen Merkel und Macron. „Ich dachte, vielleicht machen die Frauentausch. Frau Macron ist ja schon 65. Vielleicht wollte ihr Gatte mal eine Jüngere.“ Es sei aber schon sonderbar in Deutschland, stellt Alfons fest. „Die ganzen Jahre machte Angela Merkel nichts, und ihr habt sie bewundert. Auf einmal hatte sie was gemacht, zeigte Meinung, und jetzt wollt ihr sie nicht mehr.“ Gut, bei den Franzosen sei das normal, dass ihr Präsident in der Beliebtheit abrutsche. „Wir sind Europa, und wir haben Werte“, habe Merkel verkündet, als die vielen Flüchtlinge ins Land kamen. Bei diesem Thema wird Alfons todernst und zeigt Flagge. „Niemand flüchtet aus Spaß. Das ist indiskutabel. Was würdet ihr machen, wenn jeden Tag eine Bombe auf euer Haus fiele? Gut, ihr seid Deutsche. Ihr würdet gleich mal klagen wegen Mietminderung.“ Merkel sei die einzige, die das gesagt habe, „und plötzlich wollt ihr sie nicht mehr“. „Was machen eigentlich Flüchtlinge in Deutschland“, fragt er, „ich wollte es wissen.“ In einem Film, den er in Ostfriesland gedreht hat, zeigt er, wie Flüchtlinge integriert werden und an die „deutsche Leitkultur“ herangeführt werden. Bei einem Feuerwehrfest sind sie schon bestens integriert, und was lernen sie dort? Saufen. Auf der Suche nach dem bundesdeutschen Alltagswahnsinn entdeckt der Kabarettist immer wieder Absurditäten wie das Nacktwandern junger Männer („Wenn ein Franzose das machte, schickte man ihn gleich zum Arzt“) oder den VW-Skandal wegen der Abgase. „Es gab vor zehn Jahren schon mal einen VW-Skandal mit den Nutten in Brasilien. Erst Puff – dann Aus-Puff“, lautet sein Kommentar. Wunderbar ist Alfons hintergründiger, aber sanfter, sensibler Humor. Man muss bei seinen Geschichten nicht auf die Schenkel klopfen und laut losprusten. Eine Stimme zum Verlieben hat die Mezzosopranistin Julia Schilinski aus Hamburg, die seit einem Jahr mit Alfons zusammen auftritt. Bei Liedern und Chansons wie das „Baumlied“, das argentinische „Como la Cigarra“ von Maria Elena Walsh oder „Wenn du ihn siehst“ ist ihre makellose Stimme so sanft wie der Flügel eines Schmetterlings. Sensibilität und Subtilität sind bei ihrer ausdrucksvollen Phrasierung schier unerreichbar. Langanhaltender, begeisterter Beifall am Schluss für beide Künstler.

x