Kaiserslautern Am Ende steht der Anfang
Gilgamesch kommt nach Kaiserslautern. Gilgamesch, die als Gott verehrte babylonische Heldengestalt und „Gilgamesch“, das Epos seiner Herrschaft vor rund 8500 Jahren, kommt in der Inszenierung des Regisseurs Hansgünther Heyme als Koproduktion mit dem Theater im Pfalzbau Ludwigshafen am Sonntag auf die Werkstattbühne des Pfalztheaters.
Im Gegensatz zu „Odyssee“, „Edda“ oder „Nibelungenlied“ ist die Dichtung „Gilgamesch“ eher unbekannt. Dabei hat dieses Heldenepos um den sagenhaften König von Uruk einige wissenswerte Besonderheiten: Es handelt sich um den weltweit ältesten Text, überliefert in Keilschrift auf Tontafeln. Der Inhalt, soweit verfügbar, findet sich fast wörtlich im Alten Testament wieder und diente letztlich dazu, die Keilschrift auf diesem Weg zu entschlüsseln. Einem Artikel des Übersetzers Stefan M. Maul zufolgte haben weitsichtige Beamte im Zuge einer sich entwickelnden Hochkultur mit Handelsbeziehungen weit über Mesopotamien hinaus im ausgehenden vierten Jahrtausend vor Christi eine Schrift für Buchungsvorgänge entwickelt und damit das Verbreiten in Schriftform kreiert. So kam auch das bis dahin mündlich überlieferte Epos „Gilgamesch“ in Umlauf – bis in die heutige Zeit. Weiter berichtet Maul davon, dass die Dichtung sich seinerzeit weit über die Landesgrenzen hinaus größter Beliebtheit erfreute. Wohl nicht zuletzt ob seiner spannenden Erzählung von einem Zweidrittelgott, Herrscher und Dämon, Monster und Tyrann, der Zerstörung von Mensch und Natur, apokalyptische Szenerien und Katastrophen in Serien anordnete, welche die Menschheit ausrottete und die Welt nach der Sintflut neu beginnen ließ. Erst tiefstes Leid macht Gilgamesch zum Mensch und somit menschlich. Er erlebt Freundschaft, Liebe und Ruhmestaten. Heyme: So stehe am Ende der Menschheit der Anfang. Es sei die unendliche Geschichte der Menschheit, die jede Zeit durchlebe ohne den Nachfahren Gleiches zu ersparen. Für diesen und ähnliche Gedanken steht der Stein, der die Dramaturgie des Stückes wesentlich beeinflusst: Denn auf ihm ist die Geschichte eingeritzt und muss nur noch abgelesen und nachgespielt werden. In diesem Kontext hat der Berg der Götter – bühnenbildnerisch ein kalkweiß bespritzter Möbelberg als Reich und Heim – den wichtigsten Anteil. „Die Parallelen zum Heute sind frappierend“, so Heyme, „zwischen Verehrung und Auflehnung, zwischen Liebes- und Kriegsgöttinnen.“ Mauls Übersetzung ist übrigens Grundlage für Heymes Theaterfassung. Über die Werkstattbühne geht das Epos in einer zweiten Fassung, im reduzierten Kammertheaterformat gegenüber der Pfalzbau-Aufführung. Das heißt: Von ursprünglich 60 treten hier 20 Rollen auf. Die großen Volksszenen werden als Film eingespielt. (igs)