Kaiserslautern Bis Löffel und Klöppel glühen

Unter dem Motto „Der Berg groovt“ präsentierten die Alpin Drums am Freitagabend im Ramsteiner Congress Center die gesamte Bandbreite der Percussionkunst. Die Fantasie des Quartetts kannte dabei keine Grenzen. Die vier trommelten auf allem, was man sich nur denken kann und ließen es als echte „Bergbauernbuam“ ordentlich krachen.

Mit Melkschemeln an den Füße stiefeln die vier kernigen Kerle in Lederhosen in den Saal. Und schon geht die Chose los: Sie stampfen und stapfen im Gleichschritt, sie trampeln mit Wums. Aber schon wird aus der unnuanciert-metronomischen Ordnung eine organisch-nuancierte, künstlerische Ordnung. Und sie drummen auf allem, was ihnen unter die Finger kommt: auf Melkeimern, Milchkannen, sogar auf Nachttöpfen – vehement, stets synchron, polyrhythmisch und mit elementarer Kraft. So entwickelt sich ein virtuoses Spiel mit dem Rhythmus. Schon sitzen sie auf Holzkisten, wobei sie ihre langen Beine kaum unterbringen, und demonstrieren auf Eimern höchste Virtuosität. Bodo Metzkeit mit dem Franzosenkäppi bringt das Publikum mit seinem rasanten Trommeln nahezu zur Raserei. Der blonde Hans Mühlegg mit den großen Füßen klemmt Milcheimer zwischen die strammen Oberschenkel und trommelt ein Feuerwerk, bis Sticks, Löffel und Klöppel glühen. Der drahtige Jörg Regenbogen stülpt sich sogar den Eimer über sein schwarzes Haar und legt einen rasanten Stepptanz auf die Bühne. Aber nicht nur virtuos zu trommeln verstehen die Vier. Sie spielen sogar richtige Melodien wie „Smoke on the Water“ von Deep Purple, dem „The Quila“ auf Blumentöpfen folgt. Mit Blasebalk an den Füßen spielt Metzkeit auf Orgelpfeifen das Volkslied „Fuchs, du hast die Gans gestohlen“ und „Muss i denn zum Städtele hinaus“. Die Profimusiker überraschen immer wieder mit neuen, kreativen Nummern, in denen gewöhnliche Utensilien des nicht nur alpinen Alltags so ideenreich, witzig und handwerklich gekonnt zu Musikinstrumenten umgebaut werden, dass sie einen unglaublichen Sound abgeben. Dieser verschmilzt in den mit raffinierten Lichteffekten untermalten Szenen zu einem künstlerischen Gesamtkunstwerk, das die Zuschauer immer wieder in größtes Staunen versetzt und begeistert. Da steppen Melkschemel und Milchkannen, es rappt der Gummitierzoo, Gabel und Messer improvisieren auf der Pfanne, und Messer fliegen in atemberaubendem Tempo auf ein Brotzeitbrettl, das nur Sekunden später als tönender Tennisschläger den Takt angibt. Richtig akrobatisch wird es beim groovigen Klappstuhltanz. Und international sogar, wenn eine erdige Kuhglocken-Sinfonie zum tibetischen Klangschalen-Sound mutiert, dem ein neunstimmiges „La Cucaracha“-Pfeifkonzert auf Fußbällen folgt. Sogar einen Koffer mit der Aufschrift „In vino veritas“ haben sie dabei. Während Raimund Bierling auf den Weinflaschen demonstriert, worin in der Tat die Wahrheit liegt, nämlich in der höchsten Virtuosität der Perkussion, klopfen seine Mitstreiter auf Fässern und Blech, dass es nur so scheppert. Dieser Wald von Geräuschen gipfelt in einem vierstimmigen Urschrei, wie ihn nur die urigen Bayern zwischen München und Garmisch beherrschen. Sie wissen aber auch mit Kochlöffeln, Kochschüsseln und Töpfen polyphon und polyrhythmisch zu klimpern und zu rasseln, dass der Meisterkoch Alfons Schubeck vor Neid erblassen würde. Selbst Bohrmaschinen, Metermaß, Schraubenschlüssel und Pfeffermühlen sind vor ihnen nicht sicher. Und wenn Bodo Metzkeit auf Kochtöpfen das Lied „Bruder Jakob“ ertönen lässt, artet das Konzert unter Assistenz seiner Kollaborateure zu einem brasilianischen Samba aus. In jeder Note ist da die Spannung spürbar. Plötzlich hört man ein undefinierbares Geräusch. Wo kommt das nur her?, fragt sich jeder. Jürgen Regenbogen reißt die Tür des Servierwagens auf – und die Überraschung ist perfekt: Metzkaut sitzt zusammengekauert in dieser Mini-Zelle und nudelt auf seiner Holzbrett-Gitarre. Der Takt der Axt, das Rauschen der Sense, das Zischen des Melkens und zum Schluss ein Schlaflied aus Zahnpastatuben: Das Leben ist Rhythmus pur und „Der Berg groovt!“

x