Kaiserslautern Briefmarken sind kleine Brücken in die Geschichte: Am Sonntag Tauschtag in der Burgherrenhalle

Im Vereinigten Königreich gibt es erstmals seit Jahrzehnten einen neuen Kopf auf den Briefmarken. Charles III. folgt seiner im v
Im Vereinigten Königreich gibt es erstmals seit Jahrzehnten einen neuen Kopf auf den Briefmarken. Charles III. folgt seiner im vergangenen September verstorbenen Mutter, Königin Elisabeth II., nach.

Stöbern, Kaufen, Sammeln: Das ist die Devise am Sonntag (9 bis 14 Uhr) beim traditionellen Westpfälzer Großtauschtag des Kaiserslauterer Briefmarkensammlervereins. In der Schulturnhalle im Gebäudekomplex der Burgherrenhalle Hohenecken werden Briefmarken, Münzen und Postkarten aus längst vergangenen Tagen ausgelegt, unter denen so einige historische Schätze verborgen sein könnten.

Briefmarkensammeln – das Bewahren von wertvollen historischen Zeitzeugnissen? Oder nur ein verstaubtes und – im wahrsten Sinne – abgestempeltes Hobby aus Großvaters Kindheit? Für die Mitglieder des Kaiserslauterer Briefmarkensammlervereins 1912 ist die Antwort klar – seit über 110 Jahren. 1962, zum 50. Jubiläum des Vereins, wurde der erste Tauschtag ins Leben gerufen. Seitdem wird die Veranstaltung jedes Jahr abgehalten, immer im Frühjahr und im Herbst – die dreijährige Pandemiephase ausgeschlossen.

Seit 20 Jahren werden die Briefmarken auf den Tischen in der Burgherrenhalle ausgelegt, seit diese als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird nun im zweiten Jahr in der benachbarten Schulturnhalle. Seit 2019 ist Martin Klemenz Vorsitzender im Verein, Mitglied ist er bereits seit 1981. „Ich kenne den Verein also von allen Seiten“, sagt der 57-Jährige.

Über seine Schulkameraden am Hohenstaufen-Gymnasium kam er in die Jugendgruppe des Vereins – „die es zwar immer noch gibt, aber leider fehlen uns die Jugendlichen. Und seitdem sammele ich konstant und intensiv“. Sein Spezialgebiet ist die Feldpost aus dem Zweiten Weltkrieg sowie Briefmarken aus der Lautrer Heimat – aber auch Münzen, Postkarten und vollständige Briefe.

Zum Beispiel beherbergt er in seiner Sammlung Schriftstücke aus Kaiserslautern, die noch vor 1849 versendet worden sind – also noch bevor es die ersten Briefmarken gab.

Was für ihn schon damals den Reiz am Sammeln ausgemacht hat, war die Gemeinschaft. „Durch die Kontakte war es auch einfacher, an neues Material zu kommen. Man ist hingegangen, hat erzählt, Kataloge durchgeschaut, Veranstaltungen und Ausstellungen organisiert – man war permanent beschäftigt. Ich habe immer wieder neue Sammelgebiete kennengelernt und jedes Mal neue Marken mit nach Hause genommen.“

Der finanzielle Aspekt von Briefmarken

Zumal Briefmarken früher auch durchaus einen finanziellen Aspekt hatten. „Da ist schon mal eine Marke bei der Post raus gekommen, die schon ein halbes Jahr später das Dreifache gekostet hat. Manche konnten sich von ihrer Sammlung sogar ein Auto leisten. Diese Wertsteigerung war natürlich auch ein Anreiz. Das ist heutzutage nicht mehr möglich“, sagt der Experte.

Bis in die 1990er-Jahre seien Briefmarken noch eine gute Wertanlage gewesen. Das hat sich mit der Einführung des Euros um die Jahrtausendwende drastisch verändert. „Viele hörten auf, zu sammeln, verkauften immer mehr ihrer Briefmarken und irgendwann gab es mehr Angebot als Nachfrage. Die Preise gingen runter. Und die Anzahl der Sammelanfänger ging zurück. Die junge Generation sieht heutzutage fast kaum noch Briefmarken und weiß nicht, was sie damit machen soll.“

Für Klemenz selbst stand ein Verkauf seiner Sammlung nie zur Debatte. Denn sie seien eine direkte Brücke zur Geschichte und historischen Ereignissen. „Man kann Geschichtsbücher lesen und dann zuhause die Originalstücke betrachten, die diese Geschichte wiedergeben. Durch den Versandstempel kann man so einen Brief um die halbe Welt verfolgen. Und so könnte man theoretisch auch einen Brief von Napoleon bei sich zuhause finden.“

Einen solchen besitzt er selbst zwar nicht, aber dafür vier Briefe von U-Boot-Fahrern aus dem Zweiten Weltkrieg, die er im Juli 2022 auf einer Tausch-Messe in Bad Dürkheim ergattern konnte. „Das ist sehr selten. Und dann auch noch so viele. Und es ist immer interessant, zu lesen, was in den Briefen geschrieben steht.“ Für Klemenz wahre Schätze.

Regelmäßige Tauschtage in der Burgherrenhalle

Und von denen soll es bei den jährlichen Tauschtagen auch wieder einige zu entdecken geben. Um die 100 Menschen kommen für gewöhnlich zur Veranstaltung – Händler, Sammler und Interessierte. Für alle Besucher ist der Eintritt frei. Auf den rund dreißig bis vierzig Tischen werden Briefmarken, Briefe und Ansichtskarten ausliegen. Es besteht auch die Möglichkeit, Deutsche-Mark-Münzen und -Banknoten gebührenfrei in Euro umzutauschen. Und am Infostand stehen die neuesten Kataloge sowie Prüfgeräte zur Verfügung. Denn Sammeln ist nicht gleich Sammeln. Nicht für professionelle Philatelisten. „Es geht nicht um das Aneinanderreihen. Sondern um Investition, jahrelange Recherche und eingehende Beschäftigung und um die Erstellung einer Struktur“, sagt Klemenz.

Ein vielfältiges und zeitintensives Hobby, für das der Vorsitzende gerne mehr junge Menschen begeistern würde. Knapp 60 Mitglieder sind im Lautrer Briefmarkenverein aktiv – die meisten bereits im Rentenalter. Mit den kostenlosen und barrierefreien Tauschtagen versucht der Verein, auch jungen Besuchern eine Möglichkeit zu geben, sich von den historischen Relikten in Kleinformat verzaubern zu lassen. Von 9 bis 14 Uhr darf deshalb in der Burgherrenhalle gestöbert und gefragt werden.

Die internationalen Briefmarkenausstellungen „Philex France“ und der „Salon Planète Timbre“ führen Martin Klemenz seit 1989 imme
Die internationalen Briefmarkenausstellungen »Philex France« und der »Salon Planète Timbre« führen Martin Klemenz seit 1989 immer wieder nach Paris – hier zu sehen an der Kathedrale Notre Dame.
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