Kaiserslautern gestern und heute Der Hussong-Rundbau war anfangs nicht gerade beliebt

Die Aufnahme der Ostseite des Rundbaus machte die Bau AG im Jahr 1929.
Die Aufnahme der Ostseite des Rundbaus machte die Bau AG im Jahr 1929.

Der Rundbau, eigentlich eine halbe Ellipse, war eine Provokation für viele Lauterer. Er brachte die Bauhaus-Bewegung nach Kaiserslautern und war ein Beitrag zur Beseitigung der Wohnungsnot. Heute ist er ein begehrtes Quartier mit begrüntem Innenhof im Königsviertel.

Die nüchternen, sachlichen Linien des Bau-AG-Wohngebäudes schienen die Leute der 1920er Jahre zu irritieren, weil sie nur die verspielten, sandsteingeschmückten Fassaden der Innenstadt kannten. Eine Planauslegung und eine Bürgerinformation waren gesetzlich nicht vorgesehen. Doch als die Leute sahen, was aus der Baugrube wuchs, gab es Missbilligung und Tadel.

Stadträte nahmen nicht an den von Hermann Hussong organisierten Führungen während der unterschiedlichen Bauphasen teil. „Uneinsichtige Hausbesitzer, die offensichtlich an der Wohnungsnot verdienen wollen, sind nicht mit dem Hussong-Konzept, in kurzer Zeit preiswerten Wohnraum in moderner Bauweise zu schaffen, einverstanden“, war neben Anmerkungen wie eine „Verschandelung des Stadtbilds“ in Leserbriefen an die Pfälzische Volkszeitung zu lesen. Auch die Bau AG erhielt Post, wie aus der Baugeschichte hervorgeht: „Bei dem Anblick des gelben Hauses kann man farbenblind werden (...) Die Konsequenzen könnten katastrophal werden, wenn die Bau AG keine Schutzbrillen für die Bewohner des gelben Hauses verteilt.“ Enttäuscht äußerte sich 1929 auch eine Mieterin in einem Leserbrief, weil ihre „schönen bunten Vorhänge“ wegen der knallgelben Fassade nicht zur Geltung kämen.

Bau in Rekordzeit

Der Denkmalschutz beschreibt den Rundbau 1986 als „avantgardistische Architektur der Weimarer Republik“ und als „Bauhausnachfolge in Kaiserslautern“. Das Objekt steht seit 5. August 1986 unter Denkmalschutz. Die Wohnanlage wurde in Rekordzeit gebaut: Die Ausschreibung erfolgte im März 1927, der Einzug der Mieter in die 164 Wohnungen war im Oktober 1928 abgeschlossen. Die Wohnungsnot sei – statistisch gesehen – dadurch ein Stück weit behoben, lobte die Stadtverwaltung. Der „Rundbau“ mit dem „Langbau“ auf der Nordseite kostete etwa eine Million Reichsmark.

Die Pfälzische Volkszeitung rief 1927 zu einem Ideenwettbewerb auf, um für das Bauwerk einen Namen zu finden. „Kolosseum“ kam dabei heraus, „Engelsburg“ und „Karussell“. Die Lauterer hatten sich aber bereits „Rundbau“ ausgedacht. Obwohl die Innenwände etwas abgerundet sind, wie die Pläne zeigen, ist der „Rundbau“ kein perfekter Rundbau. Er ist eine halbe Ellipse, ein Korbbogen mit fünf verschiedenen Radien von 54,40 bis 95,60 Meter. Die Beschreibung des Bauwerks durch den Denkmalschutz stimmt nicht. Das Projekt wird dort als „halbkreisförmige Bebauung“ gesehen.

Als der Rundbau stand und mehr als 160 Familien in eine Neubauwohnung einziehen konnten, zollten auch die ehemaligen Quengler und Nörgler Anerkennung und Zustimmung. „Baufachleute aus ganz Deutschland kommen, um den Hussong-Rundbau zu besichtigen“, merkte die Zeitung an und die moderne Bauwelt schaue auf Kaiserslautern.

Die Serie

Unser Autor Gerhard Westenburger nimmt während der Sommerferien unsere Leserinnen und Leser mit dieser kleinen Serie auf die Reise in die bewegte Vergangenheit der Barbarossastadt.
Der zuletzt veröffentlichte Teil befasste sich mit der Straßenbahn in Kaiserslautern.

Das zeitgenössische Foto der Ostseite des Rundbaus wurde im März 2022 aufgenommen.
Das zeitgenössische Foto der Ostseite des Rundbaus wurde im März 2022 aufgenommen.
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