Kaiserslautern „Eiskalte“ Kunstwerke in den Fokus gerückt
Es gibt gute Gründe, am dritten freien Tag in Folge die warme Wohnstube mal wieder zu verlassen. Genau das haben gestern Kunstinteressierte auch getan und dabei die Gelegenheit genutzt, in der Pfalzgalerie einen Hauch von Eiseskälte zu genießen. Bei Plusgraden im Freien verhieß die „Führung am Feiertag“ thematisch einen merklichen Temperatursturz: Claudia Groß beleuchtete an sechs ausgewählten Objekten, wie Künstler das Gefühl von Kälte vermitteln.
Ist das denn die Sonne? Oder nicht vielmehr der (Voll-)Mond? Überzeugende Argumente für den Mond hatten zwei der Besucher parat. Wenngleich für Sonne spricht ... Beim letzten Bild hat sogar die Fachfrau für einen Moment passen müssen. „Einigen wir uns auf einen Himmelskörper über der Lofotenlandschaft“, zog Claudia Groß die Lacher souverän auf ihre Seite. Die promovierte Kunsthistorikerin, die seit dem letzten Jahresquartal zum Team des Museums Pfalzgalerie (mpk) zählt, präsentierte und erläuterte beim gestrigen Rundgang unter dem Titel „Eiskalt“ fünf Bilder und eine Skulptur aus der Dauerausstellung, die jeweils für sich Kälte zum Ausdruck bringen. Bei besagter Lofotenlandschaft von Walter Leistikow ist nicht ganz so offenkundig, warum den Betrachter das Gefühl von Kälte ereilen kann. Klarer kommt dies schon bei den beiden Gemälden von Max Slevogt zum Ausdruck, die Groß gestern ansteuerte. Erklärte Liebhaberin von Slevogts Werk ist Gerda Sackreuther. Sie hatte mit Tochter Silvia Diehl gestern erstmals überhaupt die Pfalzgalerie erkundet. Und sich auch couragiert als Erste zu Wort gemeldet, als die Führungsleiterin zu Beginn bei Heinrich Bürkels „Winterlandschaft mit rastenden Jägern“ ihre Gäste nach Beschreibung und Eindrücken zu dem Bild fragte. Das Vorgehen der Expertin, die Führungsteilnehmer mit einzubeziehen statt einen Sermon herunterzuleiern, sollte später ausdrückliches Lob finden: „Methodisch sehr gut, fundiert, locker und unterhaltsam“, kommentierte Thomas Dietz die Methode Groß’. Für Dietz selbst, oft zu Gast im Hause, ist die mpk-Dauerausstellung nach eigenem Bekunden nun nichts Neues, mithin auch nichts Aufregendes mehr. Umso besser, dass bei der Führung unbekannte Aspekte der ausgewählten Werke aufgezeigt worden seien. „Ja, das fand ich schon sehr interessant“, schloss auch Gerda Sackreuther nach dem gut einstündigen Rundgang. Dessen letzte Station war eine zeitgenössische Skulptur: Was beim Anblick von Walter Moroders „Drap“ nun Kälte vermittelt, erschloss sich nach und nach beim Sammeln der Indizien. „Das ringt mir Bewunderung ab“, kommentierte die Kunsthistorikerin beim Blick auf Slevogts Landschaftsbilder: „Wir stehen hier ja im wahrsten Sinne des Wortes im Wald“, erklärte Groß zur Vorgehensweise der Impressionisten, die ihre Landschaftsbilder vor Ort fertiggemalt, dann nass nach Hause getragen hätten. Und dies eben auch in der kalten Jahreszeit bei Eis und Schnee, wie Slevogts Winterlandschaft verrate. Wie künstlerische Vermittlung von Kälte indes über die Darstellung der klassischen Schneeszenerie hinausreichen und wie sie sich so darstellen kann, das hat die „Eiskalt“-Führung facettenreich vermittelt.