Kaiserslautern „Es gibt praktisch keinen Privat-Tourismus“
Wie ist die Hotellerie in Kaiserslautern derzeit aufgestellt, wie ist sie nachgefragt. Braucht es weitere Hotelangebote? Wie sieht die Erwartung für 2016 aus? Hans-Joachim Redzimski sprach gestern mit Hans Sachs, Eigentümer und Betreiber des Saks-Hotels am Stiftsplatz und Kenner der Szene.
Insgesamt haben wir uns gut am Markt etabliert. Wir wurden 2012 vom Hotelforum anlässlich der Expo Real in München unter zahlreichen europäischen Mitbewerbern zur „Hotelimmobilie des Jahres“ nominiert. Für die Jury zählte der Gesamteindruck der Marke „Saks“ im Kontext zur Story, zur Lage und zur Leistung als trendiges und zeitgemäßes Boutique-Hotel. Wir haben mittlerweile alle Voraussetzungen, um mit der Marke in größere Städte zu expandieren. Fünf Jahre Erfahrung mit dem Produkt, ehemalige Auszubildende, die wir übernommen haben, Mitarbeiter, die wir prima ins Unternehmen integrieren konnten und ein Handbuch mit unseren standardisierten Vorgaben. Wir bauen gerade in Frankfurt im Westend ein „Saks“ mit 39 Doppelzimmern und 14 Wohnungen für Langzeit-Gäste. Darüber hinaus haben wir ein Projekt in Wien mit 120 Zimmern im 2. Bezirk, das aber noch nicht begonnen wurde. Sie haben Einblick in die Hotellandschaft in Kaiserslautern. Wie beurteilen Sie derzeit Angebot und Nachfrage? Laut Statistischem Landesamt erleben wir derzeit in Kaiserslautern einen erheblichen Rückgang der Nachfrage – insbesondere für Übernachtungen in dem Segment „Hotel“ gegenüber 2015 um 21,40 Prozent und „Hotel garni“ gegenüber 2015 um 27,21 Prozent. Die Shopping-Mall und Ikea sind gebaut. Die Ingenieure, Handwerker, Recruiter und Co., die den Markt in den letzten zwei Jahren positiv beeinflusst haben, sind wieder weg. Das ist leider die Realität. Immer wieder wird der Wunsch nach einem weiteren Hotel in Kaiserslautern geäußert. Wie notwendig ist aus Ihrer Kenntnis heraus die Schaffung eines weiteren Angebots? Es gibt in Kaiserslautern praktisch keinen Privat-Tourismus. Die Nachfrage nach Hotelleistungen kommt zum größten Teil von Geschäftsreisenden. Je nach Angebot teilen sich die Kaiserslauterer Betriebe somit diese Nachfrage auf. Wenn ein weiteres Hotel in Kaiserslautern gebaut wird, werden die Gästezahlen sich lediglich verteilen. Eine angebotsinduzierte Nachfrage, damit verbunden mehr Übernachtungen durch mehr Hotels, kann es nicht geben, weil kein Privat- oder Businessreisender, der in Mannheim oder Saarbrücken einen Termin oder eine private Veranlassung hat, nun extra 50 Kilometer für eine Übernachtung nach Kaiserslautern fahren möchte. Egal, wie toll das Hotel hier ist. Das bedeutet, mehr Angebot bedeutet nicht mehr Nachfrage... Eine angebotsinduzierte Nachfrage könnte es nur geben, wenn über das erweiterte Hotelangebot dann auch nachhaltig größere Kongresse und Tagungen stattfinden würden. Kaiserslautern ist aber keine Kongressstadt. Wir haben weder in Kaiserslautern die Räume dazu, noch das Management auf privater oder öffentlicher Ebene. Es gibt ein paar wenige Spitzen im Jahr, an denen die Hotels und deren Kapazität in Kaiserslautern sicher nicht reichen. Natürlich nimmt man dies immer gerne als Anlass, das bei der Politik zu monieren. Tatsächlich ist das aber unwesentlich, wenn man sachlich bleibt und sauber rechnet. Ein Hotel muss über 365 Tage gut ausgelastet sein, damit es wirtschaftlich funktioniert. Wenn die Akteure beispielsweise von der Universität und den Instituten belastbare Erklärungen abgeben würden, dass man über Kongresse weitere 30.000 Übernachtungen in Kaiserslautern pro Jahr garantiert, sähe das anders aus. Machen sie aber nicht. Es sind bereits neue Angebote entstanden. Das mittlerweile eröffnete B&B Hotel in der Barbarossastraße und die Hotelbetreiber, die in der Stadt ihre Betriebe modernisiert haben, konnten durch die Schließung des Dorint-Hotels die freien Kapazitäten der Nachfrage übernehmen und an der Umverteilung profitieren. Jetzt sind Pläne für ein großes Hotel im PRE-Park bekannt geworden. Für wie realistisch halten Sie diese Pläne? Das Projekt im PRE-Park ist aus fachlicher Sicht eine Hotel-Luftblase. Sie erinnern sich an das „Waikiki-Projekt“ im PRE-Park vor Jahren? Schöne Bilder, viele Millionen, viel Sand und viel heiße Luft. Was bedeutete die Realisierung des Projekts für Kaiserslautern? Generell wäre die Realisierung eines weiteren Hotels im Bereich Vier Sterne in Kaiserslautern für die Bestandsbetriebe als auch für den neuen Betrieb ein wirtschaftliches Desaster. Damit ein Hotel wirtschaftlich funktioniert, braucht es in der Regel eine Auslastung von 65 Prozent. Ein 120-Zimmer-Hotel braucht demnach rund 29.000 Übernachtungen pro Jahr, damit es überleben kann. Das neue Hotel wird aber keine zusätzliche signifikante Nachfrage am Standort Kaiserslautern schaffen. Die Folge ist ein Preiskampf, bei dem jeder der Akteure verlieren wird. Die Tourist-Information sieht eine positive Entwicklung bei den Gäste- und Übernachtungszahlen 2014 und 2015. Können Sie das als Hotelier bestätigen? Frau Bickmann (Abteilungsleiterin Tourist-Information; d.Red.) wäre besser beraten, den Bürgern den aktuellen Verlauf der Übernachtungszahlen 2016 mitzuteilen, damit sich die Entscheidungsträger der Stadt bewegen, endlich etwas Greifbares und Nachhaltiges für den privaten Tourismus zu tun. Tatsächlich kommen von der Tourist-Information bedauerlicherweise nur wenig Impulse für die Kaiserslauterer Hotels. Die Hoteliers schauen selbst, wie sie seit Jahren mit der schwachen Nachfrage klar kommen. Was erwarten Sie für 2016? Ich erwarte für 2016 eine deutliche Konsolidierung der Übernachtungszahlen der letzten zwei Jahre. Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir die Zahlen 2014 und 2015 ohne fremde Hilfe nicht mehr erreichen können. Tendenziell ist die Nachfrage nach Übernachtungen von eher einfacheren Unterkünften wie von Ferienwohnungen stabil, entgegen der Nachfrage nach Hotels und Hotels garni. Das bedeutet, dass bereits ein Überangebot an höherwertigen Unterkünften besteht.