Kaiserslautern Geburtstagsständchen für Bob Dylan

Happy Birthday, Maestro: Hommage an Bob Dylan im Lauterer Salon Schmitt.
Happy Birthday, Maestro: Hommage an Bob Dylan im Lauterer Salon Schmitt.

Schwarzes lockiges Haar, blaue stechende Augen, Sonnenbrille auf der schmalen Nase, eine Zigarette lässig im Mundwinkel: So haben die meisten den rebellischen Rock-Poeten Bob Dylan vor Augen. Seine eintönig-kratzende Stimme, seine Melodien und Texte genießen Kultstatus. 80 Jahre ist der Mann mit der Gitarre geworden. In Kaiserslautern wurde am Sonntagabend – drei Stunden vor dem Geburtstagsschlag – via Internet-Stream schon mal ordentlich vorgefeiert. Der Salon Schmitt lud zur „Birthday Jam“.

Die Jam-Mannschaft startete mit „You ain’t goin’ nowhere“ – einem der Songs, die Dylan während seines selbst auferlegten Exils geschrieben hatte: 1966 überlebte der Rebell einen Motorradunfall und zog sich daraufhin größtenteils aus der Öffentlichkeit zurück. „Die Wahrheit war, dass ich aus dem Rattenrennen aussteigen wollte“, sagt er selbst in seiner Autobiografie.

Seit seinen ersten Auftritten in den frühen 1960ern schlug der Barde große Wellen nicht nur unter Fans, sondern auch unter jenen erfahreneren Musikern, die er zu seinen Idolen zählte, etwa Woody Guthrie. Er schrieb in dieser Zeit einige Songs, die er gern anderen Musikern zum Interpretieren überließ. So wie „You ain’t goin’ nowhere“, das 1968 von den „Byrds“ und im gleichen Jahr von Mit-Folkerin und -Aktivistin Joan Baez gecovert wurde.

Lokal-Legenden in Bestform

Die Jam-Truppe im Salon entschied sich natürlich für Dylans eigene Version, die er dann endlich 1971 selbst herausbrachte. Hier konnten sich neben Knut Maurer am Klavier und Sängerin Tina Skolik auch der Lauterer Mundharmonika-Virtuose Albert Koch und Lokal-Legende Heinz Glass bestens warmlaufen. Alles schön rhythmisch und „smooth“. Gelassen in den Basssaiten dank Martin Müller, taktsicher im Schlag, dank dem abendlichen Tambourmeister Andy Lill und in absolutem Einklang untereinander weitergesponnen und improvisiert. Und das, obwohl die Musiker vor dem Salon-Gig teilweise noch nie zusammen gespielt hatten.

In gleicher Manier ging es durch die Dylan-Klassiker „Like a Rolling Stone“ und „You are the reason I’m traveling on“. Mit vortrefflichen Leistungen von Heinz Glass an der E-Gitarre, der so fingerfertig über die Saiten tänzelte, wie die Stimme der Jazz-Chanteuse Djulia über die Melodien plätscherte – sanft und sacht wie ein Rinnsal.

Aus Dylans Feder stammen Lieder, die man oft mit anderen Musikern assoziiert. So wie der Song „To make you feel my Love“, bei dem einem sofort Stimme und Gesicht von Adele in Kopf und Ohr herumschwirren. Die Britin nahm den Song in ihr Debütalbum „19“ (2008) auf und drückte ihm mit ihrer samtigen Stimme den ultimativen Stempel auf. Mehr als zehn Jahre davor offenbarte Dylan den Titel jedoch bereits auf seiner „Time-out-of-Mind“-Platte. Statt der leidenden Stimme Adeles schürft und näselt sich das verraucht-kratzige Timbre Dylans durch Emotionskanülen.

Wenn es um eine extra Ladung Emotion geht, ragte an diesem Abend eine Interpretation besonders hervor: die Folk-Hymne „Blowin’ in the Wind“ (1962), die von der Jam-Crew zu Beginn drastisch entschleunigt wurde, bis sie einem Schlaflied gleich dahinperlte und durch die zarten Klangfarben der finnischen Jazz-Bardin Kirsti Alho einlullte. Mit jeder Sekunde nahm nicht nur Alhos Stimme, sondern auch der Rhythmus mehr und mehr Fahrt auf, mit fein pointierten Improvisationseinlagen von Alho und Glass, die am Ende ein berauschendes „Windspiel“ ergaben.

Pochen an der Himmelstür

Schließlich drehte die Kapelle dann so richtig auf: mit „I’ll be your Baby tonight“ (1967), bei dem die kollektive Improvisationskunst der Truppe sich vor Eifer und Können fast überschlug, der Himmelshymne „Knockin’ on Heaven’s Door“ (1973), bei der Albert Koch seine Mundharmonika kurz beiseite legte und stattdessen die eigenen Stimmbänder durchpustete.

Für die Kirsche auf der Geburtstagstorte fegte Heinz Glass noch mit voller Kraft durchs Rock-Opus „All along the Watchtower“ (1967) – bekannt geworden durch Jimi Hendrix, zum Leben erweckt von Dylan. Das ließ alle Bandmitglieder noch ein letztes Mal ausflippen.

Zum Abspann gab Salon-Chef Michael Halberstadt höchstpersönlich „den Dylan“: Er zollte einen kleinen, aber feinen Tribut an dessen Video „Subterranean Homesick Blues“ und ließ die Namen des abendlichen „Cast“ auf Papierschildern nacheinander zu Boden fallen.

Meister Dylan selbst hatte die saloneigene Jam-Session zu seinen Ehren immer gut im Blick: Seine Augen blitzten hin und wieder aus dem Hintergrund in die Kamera, vom Cover einer „Rolling-Stone“-Sammelausgabe mit dem Titel „Die 100 besten Songs“. Wer den Abend von Anfang bis Ende mithörte, vermutet zu Recht, dass etliche dieser 100 Songs mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit von Bob Dylan stammen – direkt oder indirekt.

In diesem Sinne: Ein Hoch auf den Großmeister des Folk, Blues und Rock und auf die nächsten 80! Happy Birthday, Bob!

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