Kaiserslautern In der Oberstufe geht es ans Original
Beim Wettbewerb für Alte Sprachen „Certamen Rheno-Palatinum“ haben auch in diesem Jahr wieder Schüler aus Kaiserslautern teilgenommen und etliche Preise gewonnen. Doch die Auszeichnungen können nicht darüber hinweg täuschen, dass die alten Sprachen zunehmend aus dem Unterricht verschwinden. Während das Schulfach Latein in Lauterns Gymnasien noch überall angeboten wird, gibt es Altgriechisch nur im Albert-Schweitzer-Gymnasium.
Kjell Stadtler besucht die zehnte Klasse des Albert-Schweitzer-Gymnasiums (ASG) und hat gerade Griechisch-Unterricht. Das Grüppchen ist überschaubar, gerade mal fünf Jungs und ein Mädchen haben diese alte Sprache als dritte Fremdsprache gewählt. „Griechisch zu können ist doch sozusagen die Sahnetorte an einer altsprachlichen Schule“, betont Kjell Stadtler grinsend und sieht in die Runde. Seine Klassenkameraden nicken. „Die Thematik ist interessant, die Sprache selten und wer Griechisch kann, sticht auch aus der Masse heraus“, findet Max Gödtel. Ciara Weindl hat sich entschieden, Griechisch in der Oberstufe als Leistungskurs zu wählen. Außerdem in ihrer Auswahl sind Mathematik und Physik. Das passt, bestätigt auch Griechisch- und Lateinlehrer Georg Ehrmann. Er ist Leiter der ASG-Mittelstufe und Mitglied der erweiterten Schulleitung und hat festgestellt, dass die alten Sprachen gerne von mathematisch orientierten Schülern gewählt werden, die ein Faible für analytisches Denken haben. Schüler, die ab der achten Klasse Griechisch lernen wollen, müssen mit Latein als erster Fremdsprache beginnen, legen sich also schon früh auf die „toten“, alten Sprachen fest, erklärt er. Oft täten sie dies aus traditionellen Gründen, etwa weil auch die Eltern diesen Weg für sich gewählt hatten. „Latein ist die Basis und eine große Hilfe beim lebenslangen Sprachenlernen“, macht Ehrmann klar. „Griechisch verweigert sich der Frage ,Wozu kann ich das brauchen?‘. Es zu wählen öffnet neue Horizonte und zeigt Widerspruch zu einem System, in dem alles dem Nutzen untergeordnet ist.“ Stattdessen könne man in diesem Unterrichtsfach eine eigene Welt betreten, sich in Kleinigkeiten, Einzelheiten verlieren und viel über Ursprünge unserer eigenen Sprache, Kultur und Werte erfahren. Drei der sechs Jugendlichen, die heute mit ihrer Lehrerin Manuela Wack in die antike Welt abtauchen, haben sich für Griechisch als Leistungskurs entschieden, eine recht kleine Gruppe also. Oft kommt gar kein Leistungskurs zusammen und Grund- und Leistungskurs müssen gemeinsam unterrichtet werden – nur die Anzahl der Stunden variiert dann. Die Voraussetzung, um Griechisch belegen zu können, ist eben Latein ab Stufe fünf. Derzeit haben dies 22 Schüler gewählt, im kommenden Schuljahr werden es 24 sein. Laut Georg Ehrmann gibt es keine feste Zahl, ab wann ein eigener Griechisch-Leistungskurs zustande kommt, das darf die Schulleitung in diesem Fach selbst entscheiden. Bisher ist es den vier Griechischlehrern des ASGs immerhin gelungen, genug Interessierte zu finden, um das Fach bis zum Abitur überhaupt anbieten zu können. Alles andere wäre auch schade, findet Ehrmann. Denn in der Oberstufe erhalten die Schüler sozusagen die Belohnung fürs Vokabelnpauken und Schriftzeichenüben. Denn wenn die Grundlagen sitzen, kommt der eigentlich interessante Teil. Dann werden auch Originaltexte gelesen. Es geht um Dichtkunst, antike Rhetorik und Philosophie, die Stunde wird sozusagen zum Kulturunterricht. Um die Schüler für die alten Sprachen zu begeistern, wird einiges getan. So gibt es einen eigenen Infoabend für die Eltern der Schüler, die Latein als erste Fremdsprache wählen wollen. Außerdem wurde kürzlich ein lateinisches Theaterstück einstudiert, mit dem die Schüler in Grundschulen gastieren wollen. Kursfahrten nach Rom, der Besuch von Ausstellungen in Frankfurt oder Trier gehören ebenfalls zum Programm. Und dann ist da noch der jährlich stattfindenden Wettbewerb „Alte Sprachen – Certamen Rheno-Palatinum“, der die Schüler anspornt.