Kaiserslautern Musik baut Brücken

Begeisterung beim Finale: Die jungen Akteure freuen sich mit ihrem Publikum über ihr gelungenes Projekt.
Begeisterung beim Finale: Die jungen Akteure freuen sich mit ihrem Publikum über ihr gelungenes Projekt.

In der Galappmühle fand der zweite musikalische Workshop mit Migranten und interkulturellen Multiplikatoren sowie Unterstützung durch die mittlerweile überregional bekannte Band Shaian statt. Allein dieser Magnet sorgte schon für großes Interesse mit dem Ergebnis: vollständig ausgebucht!

Beste Voraussetzungen also für eine erfolgreiche Veranstaltung, wie sich zeigen sollte. Die Idee zu dem Bandcamp stammt von Dagmar Kern (ASZ-Mitarbeiterin, Sängerin) und Michael Halberstadt (Musiker und Kleinkunstveranstalter im Salon Schmitt). Und das kommt nicht von ungefähr, denn die beiden können durch ihre Aktivitäten mit der interkulturellen Musikgruppe Shaian eine Menge Erfahrung einbringen. Doch von Anfang an. Schon beim Betreten der ehemaligen landwirtschaftlichen Hofanlage beeindruckt die Größe und lässt die Vielzahl an Räumen erahnen. Aber erst der Gang durch das langgezogene, verwinkelte Gemäuer offenbart die wundersame Verwandlung des ehemaligen Hofguts Galappmühle aus dem 15. Jahr-hundert zu einem Tagungs- und Freizeithaus. „Das waren drei Jahre ständige Renovierung und kreative Instandsetzung“, erläutert Willi Schattner, Leiter des ASZ, der hier eine Vielzahl seiner Ideen zu Innenarchitektur und Interieur umsetzen konnte. Es sind aber nicht nur die Themenräume, sondern gerade auch die vielen Details der Ausstattung, wo Tradition und Moderne zu einer wunderbaren Symbiose zusammenfließen. Angekommen in der „guten Stube“, wurde hier für das Bandcamp eine lange Tafel als Pausen-, Ess- und Begegnungsraum hergerichtet. Hier treffe ich Dagmar und Michael, die „Motoren“ des Musikprojektes. Denn neben einer Idee gehört eine ganze Menge an Energie, Organisation dazu und neben dem Spaßfaktor bei multikultureller Verbundenheit auch die Einforderung von Struktur und Disziplin. Nur so ist es möglich Mentalitäten und Kulturen der 24 fast ausschließlich jugendlichen Teilnehmer im Alter von zwölf bis 27 Jahren auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Die Verständigung erfolgt einfach polyglott: neben Englisch in Farsi (Iran), Indonesisch, Arabisch, Deutsch sowie „Pälzisch“. Die beiden Initiatoren berichten, dass dieses Musik-Camp jetzt zum zweiten Mal stattfindet, die Teilnehmer durchaus auch weitere Anreisen nicht gescheut hatten und alle eine gewisse Vorerfahrung in Musik mit-bringen. Diese gilt es in der extrem kurzen Zeit von zwei Tagen zu bündeln und all die Instrumental- und Gesangsbeiträge der Jugendlichen zu berücksichtigen. Allen schwebt das Ziel vor Augen, ein kleines, feines Abschlusskonzert gemeinsam zu bewältigen – natürlich garniert mit den besonderen kulturellen Einflüssen ihrer jeweiligen Länder. Keine leichte Aufgabe, aber Kern und Halberstadt äußern begeistert, „dass das Projekt unglaublich von den paradiesischen Zuständen der Galappmühle befördert wurde. Allein die Verpflegung, die tollen Unterkünfte und die genialen Möglichkeiten der Raumverteilung zur Arbeit in kleinen Übungsgruppen. Da mussten wir nur noch die klingenden Farbtöne der Kulturen ausloten!“ Im Anschluss schleicht der Berichterstatter hinter Dagmar Kern durch das Gemäuer, vorbei an probenden Musikern, bis in den Veranstaltungsraum. Auch hier ein Gewusel an Instrumenten und letzter Feinschliff für die Bühnenpräsenz und die d 18 Songs aus dem Genre Pop/Rock, die geplant sind. Das Abschlusskonzert Es startet venezolanisch mit John aus Südamerika; ein gefälliger Popsong macht gleich zu Beginn gute Laune. Mal kurz in den „Gedankenflieger“, und schon ist der Hörer klimaneutral in Syrien. Ahmat singt eine Ballade in seiner Landesprache, die immer dann besonders unter die Haut geht, wenn er mit hoher Stimmlage emotional das Liebeslied intoniert. Der zu Beginn angekündigte Umbau-Marathon nach jedem Song konnte auf ein Minimum reduziert werden und ist dem Musikerlebnis nicht abträglich. Im Gegenteil: Die kleinen Szenen zwischen den Jugendlichen auf dem Weg von und zur Bühne gehören unbedingt dazu. Die Bandbesetzung von Shaian (Schlagzeug, Bass, Gitarren, Percussion) bietet den notwendigen Klangteppich für die verschiedenen Sänger. Nur die Querflöte ist ein Mitbringsel, das als wunderbares I-Tüpfelchen von einer Teilnehmerin eingesetzt wird. Die pianistischen Ausflüge von Shaian-Mitglied Tebriz (Afghanistan) setzen an diesem Abend besondere Akzente. Aus Ghana kommt Michael, der einen englischen Rap (Eminem) vorträgt, scheinbar ohne Luft zu holen und in typischem Cool-Look mit Hoodie und Baseballkappe. Seine Schwester Evi bringt mit schöner leichter Stimme den Song „Connected“ (verbunden), den ihr Bruder im Duett ergänzt. Mit zwei Ukulelen und einer Gitarre kommt von drei Jungs typische Strassenmusik. Auf indonesisch wird „Solidaritas“ (Solidarität) besungen und mit einer gehörigen Portion Blues versetzt. Christian aus Lautern wagt sich ungestüm an den Evergreen „Country Roads“ und funktioniert den Song phasenweise in „Ich will hääm in die Palz“ um. Schmunzelfaktor allenthalben. Und noch ein Rap: Mit „Respect“ (Aretha Franklin) setzt Fina aus Indonesien einen Meilenstein an diesem Abend – gesangliche Leistung und Unterhaltungswert reißen das Publikum mit. Überhaupt das Publikum: Stühle, Bistrotische, Treppenstufen voll besetzt und großer Applaus nach jedem Vortrag. Das gibt insbesondere den Jugendlichen ein tolles Erfolgsgefühl – sicher ein besonderer Moment in ihrem Leben. Den Schlusspunkt setzt die junge Shaian-Namensgeberin der Band mit einem englischen Popsong. Ganz klar, dass das begeisterte Publikum noch eine Zugabe einforderte. Die Veranstaltung zum Band-Camp hat wiederholt bewiesen, dass Musik verbindet und sie zur gemeinsamen Sprache wird. Gleichzeitig werden alle, die Teilnehmer untereinander und die Besucher des Abends, unvermittelt offen und neugierig für und auf andere Kulturen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen lernen sich zu respektieren und gemeinsam eine Projektidee engagiert und mutig umzusetzen. Die Musik als Brückenbauer – was kann es Besseres geben! Eine Fortführung der Idee ist unbedingt anzustreben, denn sie beflügelt nicht nur den kulturellen Austausch, sondern auch die hiesige Musikkultur. Das haben alle Teilnehmer des Camps eindrücklich bewiesen.

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