Kaiserslautern Performance mittelalterlicher Tradition

Am Freitag präsentierte die Citykirche der Stiftskirche mit den Klangvisionen der Hildegard von Bingen das hoch spezialisierte Programm von Ute Kreidler: „Spirit Antiqua“ schlägt die Brücke zwischen der mittelalterlichen Tradition der Benediktinerin, Äbtissin, Dichterin, Komponistin und Universalgelehrten Hildegard von Bingen (1089-1179) zu heutigen Klangmöglichkeiten einer Performance.

Dabei sorgte sie am Freitag im Chorraum durch entsprechende Illumination und das Verwenden eines nach ihren Angaben gefertigten Morpheus – eine Art Mobile – für weitere Inspirationen durch Lichteffekte: Eine Frankfurter Künstlerin entwickelte für solche Anlässe eine Art Mobile mit verschiedenen kreisenden Plättchen, die durch einen Motor oszillieren und das Licht der Kirche stimmungsvoll atmosphärisch reflektieren. In der Vortragsfolge lebte das Konzert von dem ständigen Wechselspiel aus authentischem Gesang unter Einbeziehen von im Live-Vortrag produzierten und gespeicherten Klängen; diese werden wieder in den laufenden Vortrag eingespeist, was zu einer wirkungsvollen Überlagerung und dem Eindruck von Mehrchörigkeit oder Echoeffekt führt, letztlich aber wieder grundsätzliche Fragen von Konzert und Live-Musik berührt. Dennoch ist der hohe gestalterische Einsatz der verschiedensten mechanischen und elektrotechnischen Mittel zu loben, der hier zum Einsatz kommt, um in mystisch-verklärte und unergründliche Tiefen vorzudringen. In diesem Sinn werden Renaissance-Blockflöten, angeblasene Orgelpfeifen und zwei Nachbauten mittelalterlicher Harfen sowie verschiedene Schlaginstrumente abwechselnd eingesetzt. Die unter dem Namen „Symphonia armonie celestium revelationum“ (Symphonie der Harmonie der himmlischen Erscheinungen) überlieferte Sammlung der Äbtissin enthält liturgische Gesänge im Stile der Greogorianik in Neumennotation. Die am Freitag zu hörenden Gesänge beinhalteten beispielsweise Antiphonen (Gegen- oder Wechselgesang), Responsorien (Antwortgesang), Hymnen und Sequenzen als Textierung des gregorianischen Halleluja. Die reich melismatisch verzierten Gesänge (Auszierung der Textsilben) haben größere Intervallsprünge als sonst in der Greogorianik gewohnt, verlaufen stürmisch bewegter und durchlaufen weiträumigere Tonumfänge. Dementsprechend verlangen sie eine sehr geübte Stimmführung, was aber der von Konzerten und Oratorien bekannten und erfahrenen Solistin Ute Kreidler mit einer betörend schönen und sehr natürlich und frei strömenden Stimme der Sopranistin keinerlei Probleme bereitete. Ob in der Treffsicherheit von Intervallen, der Klarheit der den Text ausdeutenden Melismen oder den großen Spannungsbögen mit langem gestalterischem Atem, stets überzeugte die Darstellerin vollends. Kreidler konnte vermitteln, wie lebendig und für die Gegenwart aussagekräftig diese allegorische und ins Transzendente weisende Musik sein kann, wenn sie als Einheit aus Raum und Klangperformance diese durchdringende Wirkung entfaltet.

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