Kaiserslautern Raum und Zeit für Begegnungen

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Zum zwölften Mal hieß es in Künstlerkreisen: ab nach Mainz. Zur „Kunst direkt“, zu der Messe im Zweijahresrhythmus für bildende Künstler aus Rheinland-Pfalz und auch ein wenig darüber hinaus. Von 170 Bewerbern erhielten 99 eine Zusage, elf davon leben und arbeiten im Raum Kaiserslautern. Ein Rundgang zu bekannten Gesichtern und teils unbekannten Kunstwerken.

Groß war bereits die Vorfreude unter den sechs Teilnehmern der Künstlerwerkgemeinschaft (KWG), Christine Herzer, Silvia Rudolf und Veronika Olma sowie Klaus M. Hartmann, Reiner Mährlein und Volker Tinti. Die Boxen ihrer Stände standen nebeneinander im lichtdurchfluteten Rheinfoyer der Rheingoldhalle in Mainz, unweit der Stelle, wo die Besucher ankommen. Im noch ruhigen, erst anlaufenden Getümmel Kunstinteressierter ist die Stimmung der Künstler gelöst: Die Präsentation der mitgebrachten Arbeiten war getan, der Alltag daheim vergessen. Stattdessen Raum und Zeit für Begegnungen mit Kollegen aus allen Himmelsrichtungen und natürlich mit Kunstinteressierten und womöglich potenziellen Käufern. Fakten, die ebenso auf Thomas Brenner, Stefan Danecki, Uta Schade und Konrad Schmitt-Schrollbach im Kongress-Saal sowie Susanne Höllinger im Gutenberg-Saal zutreffen. Diese Namen sind nicht nur über Lauterns Grenzen hinweg bekannt, sie decken auch die Palette bildender Künste fast komplett ab. Außer Video und neue Medien betrifft dies abstrakte und figürliche Malerei, Grafik, Bildhauerei, Objekt- und Installationskunst sowie Fotografie. Schnell ritualisiert sich der Rundgang: die Blicke wandern über die Wände der jeweiligen Stände, entdecken Vertrautes in neuem Umfeld und schweifen weiter, bis Neues sie anhält. So beispielsweise bei Mährlein. Der Bildhauer kombiniert zurzeit zwei Druckphasen für seine großformatigen Papierarbeiten, die sich deutlich in ihren Strukturen und den Farbtönen Rostbraun und Stahlanthrazit unterscheiden. Tinti konkretisiert sein geometrisches Farbspielen in reliefartigen Bildtableaus neuerdings mit der Form eckiger Spiralen, die sich leuchtend gelb in ältere Arbeiten einmischt. Rudolf zeigt nochmals ihre für den Pfalzpreis nominierten und mit „Kalamität“ bezeichneten, schwarz-weißen Grafiken, die aus Linien über Linien über Linien bestehen. Analog zu diesem Prinzip wellen und rollen sich raumgreifend Papiere über Papiere, farbig gefasst mit Pappe oder Plexiglas. Die Bildhauerin Schade gruppiert ihren neueren Trend zu steinernen Abstraktionen und assoziiert eine Dichte, die familiären Bezügen gleicht. Fotograf Brenner zeigt in Mainz seine inszenierten, dauerhaft aktuellen Motive „Krieg und Frieden“ und begibt sich dabei in die Darstellungsvariante eines Kubus’. Der mitgebrachte Prototyp mit dem Serientitel „CCC 4.0“ (Capital, Communication, Conflict) nimmt Bezug auf das weltweit bekannt gewordene Porträt zweier Brüsseler Terroristen während der Suche nach einem der beiden. Eine Welt – analog, digital, anonym – übertragen von Sticks, Drohnen und Viren ... Ein Blick ins Geviert der Poetin und Installationskünstlerin Herzer offenbart die plastische Darstellung von Gefühlen. Auf der Messe „Kunst direkt“ lädt sie Passanten ein, weitere Gefühle zu artikulieren und erwartet Zitate im Kontext der Begriffe Kunst, Messe oder auch Wochenende. Das Ergebnis wird sie zeigen, lesen, bunt verpacken oder in Objektkunst übersetzen. Was den Rundgang neben Interesse zum Ereignis machte, waren ebenso zahlreiche Begegnungen jener Künstler, die von Ausstellungen im Lokalbereich Lautern her bekannt sind: beispielsweise die beiden so unterschiedlichen Bildhauer Christine Rowland oder Wolf Münninghoff, die kürzlich in der Holzwerkstatt zu sehen waren, oder der „Klääne Pälzer“-Zeichner Xaver Mayer oder der weltweit ausstellende Maler und KWGler Ralph Gelbert aus Neustadt. In Gesprächen über aktuelle Erfolge, Tendenzen neuer Sichtweisen, schwierige Kulturverständniszeiten, knappe Kassen oder sonstige Existenzkriterien vertieft, verschwinden Zeit und Pflicht. Und doch ist es genau dies, was den Künstlern oftmals wichtiger ist als rein pekuniäres Kalkulieren. Dennoch – angesichts deutlich rückläufiger Teilnehmerzahlen beantwortet „Kunst direkt“ eine Frage nicht: Liegt das an einer irgendwie gewollten Anhebung des Niveaus vonseiten des Trägers, der Veranstalter und der Sponsoren oder an fehlender Nachhaltigkeit zugunsten erfolgreicher Reputation? Rund um die Frage, ob die Messe bleibt, ist es still geworden. In zwei Jahren fahren wir dann wieder hin ...

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