Kaiserslautern Raus aus dem Hamsterrad

Zieht sich nach Frankelbach zurück: Marcel Wiehn.
Zieht sich nach Frankelbach zurück: Marcel Wiehn.

Wer kennt das explizite Gegenteil des „verflixten siebten Jahres“? Also des Endes im siebten Jahr, die alle bestens liefen? Und trotzdem zu Ende gehen müssen? Marcel Wiehn, der Tischlermeister der Holzwerkstatt, er könnte es kennen. Denn er beschloss im siebten Jahr seine Ladengalerie Am Martinsplatz 6 zu schließen. Ein Gespräch über Beruf, Berufung, Erfolg und die Sehnsucht nach Selbstbestimmtheit.

Wiehn ließ sich zum Tischlermeister ausbilden, weil er das Werkeln mit Holz liebt, weil er damit Werte lebt und vermittelt, die in der Sache der Natur liegen: Respekt und Achtung vor der Natur, die den Menschen überleben lässt. Praktisch heißt das: Er siedelte mit Familie aufs Land über und verarbeitet heimisch-kontinentales Vollholz. 20 Jahre lang machte Wiehn in Frankelbach die beiden ehemaligen Bauernhöfe rechts und links der Eckstraße zweimal jährlich zum Zentrum für Bildende und Angewandte Kunst, Kunsthandwerk und Design samt musikalischen Gästen. Vor sieben Jahren intensivierte er diesen künstlerischen Aspekt. Im März 2012 startete er Am Martinsplatz 6 eine ganzjährige Ausstellungsreihe unter dem chronologischen Slogan „Szene“. Gerade läuft die 44. Ausgabe mit zehn Teilnehmern, die traditionelle „Holzwerkstatt vor Weihnachten“ (wir berichteten. Doch dies soll die letzte sein. Wiehn verkündete das Ende der Galerie und die Schließung des Möbelgeschäftes per 31. März nächsten Jahres. Und just zum selben Datum feierte die Holzwerkstatt das 30-jährige Jubiläum. „Das Leben besteht aus Zeiträumen,“ sinniert der 60-Jährige, „und aus Zeitfenstern, weil die Zeit nicht stehen bleibt.“ Und während dieser sich kontinuierlich bewegenden Zeiten gehen die Menschen im gleichen Takt mit oder nicht, leben frei oder nicht. Der Frankelbacher sagt zu seinem Rückzug Richtung Ursprungsort zwar „zurück zu den Wurzeln“, doch was wird, werde kein „wie einst“ sein. Wird etwas in Sachen Kunst kommen, dann in einem neuen Format. Sicher ist, dass die Reihe „Musik im Kreis“ bleibt wie gehabt. Alles Weitere soll sich finden können, sobald der Prozess des Abschieds vom Martinsplatz abgeschlossen ist. Dann, so mutmaßt der dreifache Vater, weiß er, was noch oder wieder machbar ist. Denn schließlich blickt er auf die erfolgreichsten Jahre seiner Karriere zurück. Sowohl geschäftlich – seine Angebote sind begehrt – als auch persönlich – die Fülle an Kontakten mit kreativen Talenten bereichern. „Jetzt springe ich nur aus dem Hamsterrad permanenter Verfügbarkeit.“ Übrigens im Einvernehmen mit Familie und Mitarbeitern. Das Stichwort Zeit beinhaltet auch eigene Ressourcen freizulegen, einen eigenen Zeittakt zu finden, mal wieder eigenhändig Möbel zu bauen. „Kurz: Luft haben für Eigenes und die Kunden an meiner Freude teilhaben lassen.“ Ist da noch Platz für Freizeit? Für Hobbys? In Frankelbach heißt das Hobby Spaziergänge mit dem Hund in der pfälzischen Landschaft vor der Tür. Und Hobby heißt Auszeit leben. Dafür rollt der Familienwagen ins südfranzösische Domizil der Provence. Wenn Marcel Wiehn an die Reaktionen denkt, schmunzelt er: die überraschten Augen, das Staunen, Bedauern, Verstehen und die Glückwünsche.

x