Kaiserslautern Satte Grooves übertönen Jubelrufe der Fußballfans

Es groovte, es zischte und es jazzte wieder im Storchenturm: Am Mittwochabend lud Saxophonist Helmut Engelhardt mit Band zu einer neuen Ausgabe des Wednesday Night Jazz Club im Bistro. Zu viert boten die Musiker wieder ein berauschendes Programm mit bekannten Jazz-Standards und exzellenten Neuinterpretationen.

Es grenzt fast schon an ein Wunder, dass es doch so viele Musikfreunde zum Jazz-Abend in den Storchenturm geschafft haben – trotz des WM-Halbfinales England gegen Kroatien. In der Innenstadt lockten zahlreiche Bildschirme mit der Liveübertragung in die Gastronomien. Nur im Storchenturm spielte an diesem Abend einzig und allein der Jazz – aber nicht weniger Pokal-würdig. Das vierköpfige Ensemble Helmut Engelhardt (Saxophon), Volker Klimmer (Piano), Jörg Kirsch (Bass) und Matthias Frank (Schlagzeug) kitzelte wiedermal alles aus den Instrumenten, was das jahrelange Know-how und die schier endlose Improvisationslust hergeben. Das ist aber bei einem Abend mit dem Lautrer Jazz-Urgestein Helmut Engelhardt ja fast schon normal. Der Musiker, Komponist und Arrangeur weiß, wie er einem Stück den größtmöglichen Spielraum und die feinstmöglichen Nuancen verpasst. Wie immer vollbrachte das Quartett einen virtuosen Streifzug durch die Jazz-Geschichte. Dabei ging es nicht nur darum, bekannte Evergreens des Genres in all ihren unterschiedlichen Charakteren und Facetten zu beleben und frisch aufzupolieren, sondern auch darum, mit satten Grooves und exaltiertem Tenor-Sax das Publikum zum Mitwippen zu bringen. Uns so konnte kaum jemand die Füße stillhalten bei der Interpretation von Bart Howards „Fly Me To The Moon“. Der Groove stimmte bis aufs I-Tüpfelchen, die Improvisationen berauschten, der musikalische Dialog zwischen Engelhardt und seiner Combo schien mühelos. Immer wieder demonstrierte das Quartett, dass es bestens eingespielt ist und Fehler grazil zu überspielen weiß – wobei die wahrscheinlich die wenigsten gehört haben dürften. Volker Klimmer gab sich alle Mühe, um den vorgegebenen Rhythmen seiner Kollegen an Bass und Schlagzeug mit sehr eleganter Tastenakrobatik die melodische Würze zu verleihen. Ein unwahrscheinliches Taktgefühl bewies auch immer Matthias Frank mit ausgefeilten Soli am Schlagzeug – zusammen mit einem stets aufmerksamen Jörg Kirsch am Viersaiter. Die Musiker zeigten sich sowohl exzellent in den bekannten Standards als auch brillant in den Stücken, die sie selbst zu Jazz-Nummern umgewandelt hatten. Besonders eindrucksvoll war Engelhardts musikalische Ehrerbietung an die US-amerikanische Jazz-Legende Joe Henderson. Er lies sein Horn förmlich pulsieren – immer nah am Puls des Originals – und röhrte durch die Rhythmen, bis das Metall glühte. Es war also wieder ein Fest der Jazz-Musik. Das Quartett vollbrachte wahre Wunder der Improvisationskunst und übertönte sogar die lauten Jubelrufen der Fußballfans in der Innenstadt.

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