Kaiserslautern Uni Landau: Vorlesung zum Satz "Isch lieb disch"

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E-Mail aus Palatina: Die Uni Koblenz-Landau widmet den drei bittersüßen Worten eine Ringvorlesung

Ein perfekter Satz. Ohnegleichen. Schwerelos romantisch. Erfunden hat ihn sozusagen – im („Lotte auf ewig“) „Werther“, in den „Wahlverwandtschaften“, in „Wilhelm Meister“ - Goethe. „Ich liebe dich“, „Ich liebe dir“ (Kurt Tucholsky), französisch-pfälzisch „Isch lieb disch“ (Robert Gern-hardt), von den einen ist das bleischwer auszusprechen. Und von den anderen leicht dahin gesagt. Im Windschatten Beklommenheit und/oder Glück. Franz Kafka schreibt an Milena: „Du willst immer wissen, Milena, ob ich Dich lieb habe, aber das ist doch eine schwere Frage, die kann man nicht im Brief beantworten. Wenn wir einmal nächstens einander sehen werden, werde ich es Dir gewiss sagen (wenn mir nicht die Stimme versagt).“ Dagegen beschwört Gottfried Benn seine Frau: „Ich liebe Dich wie vor 8 Jahren. Ich liebe Dich noch viel mehr - ich liebe nur Dich“. Und hat dennoch zu dem Zeitpunkt, im Dezember 1954, zwei Geliebte parallel am Start. Büchnerpreisträger Wilhelm Genazino meint, die Wendung habe für ihn „einen bedrohlichen Verwurstungsgrad“ erreicht. „Ich liebe dich“, er vermeide den Satz in seinen Büchern ganz. Und auch im wahren Leben könne er ihn nur ernst nehmen, wenn er „aus dem wirklichen Leben“ komme. Die Welt der Schriftstellerinnen, Kunsthistoriker, Philosophinnen, Semiotiker ist das nicht. Sie denken, denkt man - und Genazino -, die Liebe in Gänsefüßchen. Versehen mit Fußnoten wie bei Umberto Eco (im Nachwort von „Der Name der Rose“) der postmodern verzwängte Typ, der eine kluge und sehr belesene Frau liebt und daher weiß, dass er ihr nicht sagen kann: Ich liebe dich inniglich, weil er weiß, dass sie weiß (und dass sie weiß, dass er weiß), dass genau diese Worte schon, sagen wir, von Liala geschrieben worden sind“. Sie fragen sich einfach andere Sachen, die Dichter und Denker, zumal mit WLAN-Anschluss. So wie Professor Dr. Thomas Müller-Schneider von der Uni Koblenz-Landau, der nächsten Dienstag in der pfälzischen Dépendance zum Auftakt der dort von April bis Juli abgehaltenen Ringvorlesung „Das süße Wort: Ich liebe dich!“ des Fachbereichs Kultur- und Sozialwissenschaften auftritt. „Die Liebe begehrt nur einen zu lieben und hat darin ihre Glückseligkeit, sie begehrt nur einmal zu lieben und hat darin ihre Ewigkeit“, hatte es noch in Kierkegaards Traktat „Entweder – Oder“ geheißen, 1834. Müller-Schneider dagegen handelt zur Frage: „Verschwindet die Paargesellschaft? Liebe und menschliche Natur im Zeitalter der Glückssuche“. Thema ist dabei wohl eher der Netz-Verabredungsdienst Tinder als Madame Bovary. Danach folgt ein Reigen von Vorträgen, unter anderem über den – so weit wir wissen – polyamor begabten Ludwigshafener Philosophen Ernst Bloch, über den „Paarlauf von First Lady und First Gentleman im Amt?“ und „Überlegungen zur „Peregrina-Konstellation damals und heute“ – Google-Tipp, Eduard Mörike eingeben. Zum Abschluss am 18. Juli spricht dann Tina Stolt über die Zurschaustellung der Liebe in neueren Kunstwerken und Performances. Wer dann noch kann, kann den Satz aller Sätze womöglich auch tanzen - theoretisch. Der praktische Rest erweist sich dann im „wirklichen Leben“. Ach! Informationen Die Vorlesungen finden jeweils dienstags, 18.15 bis 19.45 Uhr, im Festsaal der Universität in der Bürgerstraße 23 statt. Der Eintritt ist frei. Programm unter https://www.uni-koblenz-landau.de/de/aktuell/archiv-2017/ringvorlesungfb6

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