Kaiserslautern Wenn die Trommel das Paddel beherrscht

91-88962299.jpg

Noch zum Schuljahresanfang war Fabio Coressel Schüler am Albert-Schweitzer-Gymnasium Kaiserslautern, wie alle anderen auch. Gut, der Elftklässler hat Erfolge mit dem Kanu, kann den Süddeutschen Titel vorweisen, ist die Deutsche Meisterschaft im Spitzenfeld gefahren, aber andere Schüler sind auch sportlich. Nun hat sich das ein klein wenig geändert. Seit dem 11. September ist er frisch gebackener Weltmeister.

In Moskau bei den Weltmeisterschaften der Drachenboote saß der 16-Jährige im deutschen Juniorenboot und ist weltmeisterlich über die Regattastrecke Krylatskoe gefahren. 20 junge Männer, mittendrin der Lauterer, ließen mit ihrem Drachenboot auf der 200-Meter-Strecke alle hinter sich, auch die bis dahin anscheinend unschlagbaren russischen Boote. „Das war enorm“, drückt Fabio seine Freude bescheiden aus. Es war mehr als enorm. Es war nämlich eigentlich nicht damit zu rechnen. Die Übermacht der russischen Drachenboote war gewaltig, ob bei den Junioren oder in den Leistungsklassen. Ob es damit zusammenhängt, dass die für die olympischen Spiele in Rio gesperrten Kanuten nun bei der Weltmeisterschaft in die Paddel der Drachenboote griffen, soll mal dahingestellt sein. Der Weltmeistertitel war aber nicht der einzige Erfolg für Fabio, der sein sportliches Zuhause am Gelterswoog bei der Paddlergilde hat. Über verschiedene Distanzen kamen in Moskau noch fünf Silbermedaillen hinzu. Seine Vereinskolleginnen Lisa Bouwhuis (23) und Annika Worch (22), die saßen im Deutschen Drachenboot der Frauen und sorgten für weitere drei Silbermedaillen, über unterschiedliche Distanzen. Annika Worch, Schlagfrau im deutschen Drachenboot, sicherte sich zudem in anderer Besetzung noch fünf Bronzemedaillen. Als Schlagfrau hat Annika Worch in Moskau Rhythmus und Frequenz der Paddelschläge vorgegeben. Dass sie dabei unmittelbar von der vor ihr sitzenden Trommlerin befeuert wird, macht es ein klein bisschen einfacher, sagt sie. „Die Trommel und das rufende Anfeuern ist bei 20 Frauen in einem Boot schon notwendig“, sieht Worch auch die Trommlerin am Erfolg beteiligt. Alle drei WM-Heimkehrer kommen aus dem Kanurennsport und fahren ganz vorne mit. Nur wer im Kader des Deutschen Kanuverbandes auftaucht, kann sich für das Drachenboot empfehlen. „Seit dem letzten Herbst sind Qualifikationen gelaufen“, blickt Fabio Coressel an den Anfang seiner Drachenboot-Karriere zurück. Im Kanurennsport sitzt der junge Lauterer regelmäßig im siegreichen Einer, Zweier oder Vierer. Damit war er aber noch lange nicht drin im 20-er-Drachenboot-Team. Es war lediglich der Einstieg und die Einladung zu gezielten Stützpunkttrainingseinheiten in Heilbronn oder Kienbaum. Das Bewegungsmuster des einseitigen Paddelns, das musste erst einmal unter den strengen Augen des deutschen Trainers erlernt werden. War der mit Technik und der aufgebrachten Kraft zufrieden – und das war er bei Fabio Coressel ziemlich schnell, dann ging es rein ins verkabelte Messboot. „Da wird dann ganz genau ausgetüftelt, welcher der 20 Mann auf welcher Position am effektivsten fahren kann“, weiß Jörn von zur Mühlen, der Präsident des Pfälzischen Kanuverbandes, dass bei der Besetzung des über zwölf Meter langen Bootes nichts dem Zufall überlassen wird. Dass in Moskau in den deutschen Drachenbooten gleich drei Kanuten aus den Reihen der Paddlergilde saßen, das erfüllt den Verbandschef schon sehr mit Stolz. Moskau liegt zurück, die Medaillen finden ihren Platz, und Fabio Coressel drückt wieder die Schulbank und muss erst einmal Verpasstes nachholen, wie er gesteht. Vermutlich findet er jetzt auch wieder Zeit für sein zweites Hobby. Der schnelle Kanute spielt Bratsche, verstärkt unter anderem die Schulband. Das Drachenboot bleibt jetzt erst einmal an Land. Die Kanus allerdings nicht. Schließlich läuft die Wassersaison am Gelterswoog für einen Rennsportler ganzjährig. Gut so. Wer so viel Spaß an den schmalen schnellen Booten hat wie Fabio Coressel, dem macht das Wetter ohnehin nichts aus. Zur Not gibt es im Winter Paddelhandschuhe ...

x