Kaiserslautern Zeichen der Macht und der Pracht über den Tod hinaus
Geschichte und die entsprechenden künstlerischen Sicht- und Ausdrucksweisen von Barock bis Renaissance und Jugendstil, dazu uralte Symbolik und die ein oder andere lokale Familiengeschichte, alles garniert mit durchaus Kritischem und Erheiterndem zum Motto „Macht und Pracht“: Die Führung von Claudia Gross über den Hauptfriedhof am „Tag des offenen Denkmals“ war aufschlussreich und erfrischend.
Leute kommen schnaufend mit dem Fahrrad an oder steigen aus geparkten Autos. Hinter der Toranlage aus Sandstein und Schmiedeeisen versammeln sie sich in einer lockeren Gruppe. Kühl pfeift der Wind. Dann bricht die dunkel dräuende Wolkendecke auf und die Sonne kommt hervor. Die Gespräche in der Gruppe werden lockerer und klingen heiterer. Eine Frau tritt in die Runde und stellt sich vor. Es ist die Kunsthistorikerin und ehrenamtliche Mitarbeiterin der Denkmalpflege, Claudia Gross. Sie führt die zahlreich erschienenen Interessierten über den Friedhof. Das Thema „Macht und Pracht“ kann auf einem Friedhof nur zweischneidig sein. Denn welcher Ort gemahnte mehr an die Vergänglichkeit allen Seins denn ein Friedhof. Doch bei den meisten Grabmälern aus dem späten 18. und dem frühen 19. Jahrhundert, an die Claudia Gross zügig führte, wurde wirtschaftliche oder politische Macht durchaus zelebriert und gerne dargestellt. So begegnete man wuchtigen gusseisernen Sarkophagen ehemaliger Industrieller, welche wohl die Zeiten überdauern sollten und fast wie kleine Bunker wirken, und mächtigen Grabanlagen aus Stein, Kunststein oder Guss, versehen mit der Symbolik des jeweiligen Zeitgeistes: umgedrehte oder gesenkte Fackeln als Zeichen des verlöschenden Lebenslichts, die Fahrt über den Styx schnurstracks ab in den Hades – wo sicher vieles gilt, aber nicht irdisches Gut und Geld – oder die Mohnblüte, als Zeichen für Schlaf und Hineindämmern in das, was uns alle mal erwartet. Da lohnte es sich, den profunden und stringenten Worten von Claudia Gross genau zu lauschen. Bei der Führung über Teile des jüdischen Friedhofs galt es, den Kopf zu bedecken. Was denn ein jeder nach seiner Fasson tat, mit rot gepunkteten Schals, karierten Holzfällermützen oder ledernen Trapperhüten. Auch hier gibt es engelsgleiche Damen, nur ohne Flügel, Girlanden oder Fackeln. Groß verwies auf die ganz ähnliche Symbolik des Juden- und des Christentums. Alles in allem wirken die jüdischen Grabmäler weniger „mächtig“ und „prächtig“. Eine Rast gab’s am Hussong-Pavillon mit seinen bunten Glasfenstern und dem dadurch beeinflussten Licht im Innenraum. Die Renovierung stand hier im Vordergrund. Paul Münch wurde nur gestreift, dafür gab’s einen Halt bei Fritz Walter. „Da gibt’s sicher Fans, die hierher pilgern und sich mit Fritz Walter beraten“, war nur eines der Bonmots, welche Gross während ihrer aufschlussreichen Führung erfrischenderweise losließ. Dass Gross so manche Macht- und Prachtentfaltung durchaus mit einem Quantum Ironie und Sarkasmus bedachte, machte das Ganze noch erquicklicher. So vergingen die fast zwei Stunden, ohne dass auch nur ein Hauch von Langeweile aufgekommen wäre.