Karlsruhe Schutt aus dem Erbfolgekrieg als Fundament
Der Eselsdamm in Speyer ist ein gutes Forschungsobjekt: Warum und wann er gebaut wurde und weshalb er diesen Namen trägt, war bislang ungewiss. Geografen der Uni Heidelberg haben nun Licht ins Dunkel gebracht. Aus der Masterarbeit einer Studentin hat sich ein größeres Projekt entwickelt, bei dem gerade der Domgarten unter die Lupe genommen wird.
Ist der Eselsdamm im Hochmittelalter errichtet worden? Karl Rudolf Müller hat das Geografische Institut der Universität Heidelberg auf diese Frage gebracht. Vor 22 Jahren hatte er sie in seinem Werk „Die Mauern der Freien Reichsstadt Speyer“ aufgeworfen. Die Theorie des Speyerers: Der Eselsdamm schützte den Domhügel vor Hochwasser, und der Nonnenbach diente als möglicher Transportweg, um Bausteine zum Dom zu befördern. In Überlieferungen wird nämlich berichtet, dass gegen Ende des elften Jahrhunderts gewaltige Steinmassen aufgeschüttet wurden, damit das Rheinwasser nicht den Domhügel beschädigt. Wo der alte Dombaumeister Benno II. die großen Brocken abladen ließ, stand nicht dabei. Gegen die Thesen zum Hochwasserschutz sprechen Forschungsergebnisse aus Frankreich: Im Mittelalter wurden Dämme errichtet, um Äcker vor Überflutungen zu schützen – nicht Siedlungen, erläuterte Gerd Schukraft, Leiter des Labors für Geomorphologie und Geoökologie an der Heidelberger Uni, am Dienstag bei einem Ortstermin. Die Geomorphologie beschäftiget sich mit Landformen, Geoökologie betrachtet Umweltsysteme und menschliches Eingreifen. Ergebnis der Untersuchungen in Speyer: Der Eselsdamm entstand nicht im Mittelalter, sondern gegen Anfang des 18. Jahrhunderts. Im Damm wurde nämlich Schutt verbaut, der von der großen Zerstörung der Stadt im Erbfolgekrieg im Jahr 1689 stammt. Die Menschen häuften hier aber auch älteres Material wie Ziegel, Bauholz und Mörtel an, die aus dem 15. Jahrhundert stammen. Der Damm diente dazu, den Bach in das verlandete Bett des Hasenpfuhler Rheinarms zu zwingen und ihn Richtung Dom zu führen. Zuvor war der Nonnenbach in Höhe der heutigen Salierschule in den Rhein gemündet, dessen Arm seinerzeit dort entlangfloss. Hätten die Heidelberger Geografen nachweisen können, dass der Eselsdamm eine Form mittelalterlichen Hochwasserschutzes war, wäre das eine „Sondersituation“, wie Schukraft zurückhaltend und fachmännisch sagt. Aber die Wissenschaftler geben nicht auf. Aus der Untersuchung, über die Janine Lange ihre Masterarbeit verfasste, hat sich das wissenschaftliche Projekt „Land unter?“ entwickelt. Hier arbeiten Geografen und Archäologen zusammen. Sie sollen die Geschichte von Hochwasser und Schutzmaßnahmen zwischen Straßburg und Mannheim/Ludwigshafen erarbeiten. Die Thyssen-Stiftung fördert das Vorhaben der Wissenschaftler mit rund 250.000 Euro. Erste Station des Projekts ist der Domgarten. Lange ist wieder mit dabei, sie will ihre Doktorarbeit über die Untersuchungen schreiben. Jetzt suchen sie und ihre Kollegen nach mittelalterlichem Hochwasserschutz. „Momentan ist es noch ein Stochern im Nebel“, räumt Schukraft ein. Die Forscher müssen erst die alten, verlandeten Altrheinarme orten. Denn wo Wasser war, gab es eventuell auch einen Hochwasserschutz. Eine „heiße Stelle“ vermuten Schukraft, Lange und ihre Fachkollegen beim Heidentürmchen. Immerhin gibt es jetzt einen ersten interessanten Nebenbefund: Lange hat in Speyer mit geoelektrischen Messungen höchstwahrscheinlich den Verlauf einer römischen Mauer ermittelt.