Kreis Bad Duerkheim Die Weltall-Hefe ist wieder da
Gespannt öffnen Friederike Rex und Dominik Rödel den unscheinbar wirkenden Karton, den Rex kurz zuvor aus dem Kühlraum im Keller des Weincampus’ geholt hat. Darin enthalten: Nur wenige Gramm Hefe in kleinen Röhrchen. Ein Teil davon wurde vor genau drei Wochen zusammen mit weiteren Forschungsprojekten vom schwedischen Kiruna aus ins All geschossen. Auftraggeber: das Bier-Projekt Landau eG, dem Dominik Rödel vorsitzt, der Weincampus in Neustadt, wo Friederike Rex als wissenschaftliche Mitarbeiterin arbeitet, sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Nach rund 15 Minuten landeten die empfindlichen Proben mit einem Fallschirm wieder auf der Erde. Von Schweden wurden sie ins DLR nach Köln gebracht. Von dort wiederum zum Weincampus. „Wir mussten erst das Ende der großen Hitze abwarten. Kein Versandhändler konnte uns garantieren, dass die Hefen kühl bleiben“, erklärt Rex. „So müssen sich stolze Eltern fühlen“, sagt Rödel und strahlt, als Rex die kleinen Röhrchen aus dem Karton holt. „Sie sind tatsächlich zurückgekommen“, sagt die Wissenschaftlerin und betrachtet sich die Proben genauer. Anderthalb Jahre haben die Verantwortlichen des Bier-Projekts und die Experten am Weincampus bereits an dem Projekt getüftelt. Doch was bezwecken die Wissenschaftler eigentlich damit? Grund für den kurzen Abstecher in den Weltraum sind gleich mehrere Forschungsansätze. Ihnen allen liegt die entscheidende Frage zugrunde: Hat sich die Hefe im Weltraum verändert? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt geht vor allem der Frage nach, ob Hefe in der Schwerelosigkeit das Vitamin B12 bilden kann. Dieses ist für die Zell- und Blutbildung des Menschen wichtig. Weil es aber vor allem in tierischen Nahrungsmitteln vorkommt, ist die Versorgung damit im All schwierig. Da kommt die Hefe ins Spiel: Sie ist reich an B12 und für den Menschen leicht verwertbar. Das würde die Versorgung an Bord eines Raumschiffes also erheblich erleichtern. Zunächst werden die Proben bei minus 80 Grad eingelagert. Zuvor wurden die Hefezellen mit einem Gefrierschutz angereichert, damit sie nicht beschädigt werden. Verglichen werden die Zellen aus dem All mit denen, die auf dem Boden geblieben sind. Sie alle kommen vom selben Hefestamm. Untersucht wird, ob es Unterschiede im Gärverhalten gibt, ob der Zucker bei der „Space-Hefe“ also ganz abgebaut wird oder nicht. Außerdem stellt sich die Frage, ob sich der Hefe-Stoffwechsel im Weltraum so verändert hat, dass sich auch das Aroma verändert. Dieser Frage gehen die Forscher und die Männer des Bier-Projekts am Tag der offenen Tür des Weincampus’ am 1. September nach. Dort wird es eine sensorische Verkostung mit einer kleinen Menge an „Space-Bier“ und „Space-Wein“ geben: Auf Riechen und Schmecken geschulte Wissenschaftler und Laien werden Biere und Weine probieren, die aus der Weltall- und aus der am Boden gebliebenen Hefe hergestellt wurden. „Schmecken die Probanden keinen Unterschied, ist das ein Hinweis, dass der Weltraum keine Auswirkungen auf die Hefe hat. Schmeckt mindestens eine Gruppe was anderes heraus, werden wir weiterforschen“, erklärt Rödel. In diesem Fall erwäge das Bier-Projekt, den Hefestamm zu kaufen, der zurzeit dem DLR in Köln gehört. Daraus könnten dann laut Rödel viele Tausend Liter Weltall-Bier entstehen.