Kreis Germersheim Beim „Kaiser Bäcker“ geht am Jahresende der Ofen aus

Die Bäckerei Kaiser schließt am Jahresende, Bäckermeister Wolfgang Kaiser (links) mit Geselle Torsten Böhm.
Die Bäckerei Kaiser schließt am Jahresende, Bäckermeister Wolfgang Kaiser (links) mit Geselle Torsten Böhm.

Annette und Wolfgang Kaiser wollen Ende des Jahres ihre Bäckerei in der Hauptstraße 191 in Bellheim schließen. 1990 hat das Ehepaar den 1913 gegründeten Familienbetrieb von seinen Eltern übernommen.

Täglich heißt es um 20 Uhr ins Bett und um 3 Uhr morgens wieder aufstehen, samstags sogar schon um Mitternacht, um Brötchen, Brot und Kuchen zu backen. Nur sonntags bleibt die Backstube geschlossen, da ihnen Zeit für die Familie sehr wichtig sei, erzählt Annette Kaiser. Dem Paar helfen zwei Gesellen und zwei Verkäuferinnen. Das Team ist wie eine Familie, erzählt Wolfgang Kaiser. Der älteste Geselle ist schon seit 25 Jahren mit dabei. „Insgesamt haben wir sechs bis sieben Lehrlinge ausgebildet“, sagt Wolfgang Kaiser. Früher haben auch viele Verwandten, etwa beim Osterhasen gießen, mit angepackt. Schon Wolfgang Kaisers Großeltern und Eltern waren Bäcker. Er erinnert sich wie sein Opa, Leo Grimm, von seiner Bäckerei in Heidelberg, nach Herxheim umziehen wollte, die dortige Bäckerei aber bereits verkauft war. Also ging es nach Bellheim in die Hauptstraße. Der dortige Bäcker wollte nach Amerika auswandern und verkaufte 1913 an Familie Grimm, heute Kaiser. „Damals gab es noch elf Bäcker in Bellheim, heute gibt es nur noch Drei!“, berichtet Wolfgang Kaiser. Alle hätten das gleiche Problem: keinen Nachfolger. Zwar finden die Beiden es schade, dass ihr Geschäft schließen wird, aber sie wollen die Entscheidung ihrer zwei Söhne respektieren. Wolfgang Kaiser, der seit Jahren Mitglied im Verbandsgemeinderat ist (CDU) erzählt, dass auch sein Vater ihm freie Hand bei der Berufswahl gelassen hat. Sein Geselle, der ihm in der Backstube hilft, hatte auch kein Interesse das Geschäft zu übernehmen; er hat bereits in einer anderen Branche eine Anstellung gefunden. Kaiser selbst fing nach dem Abitur ein Studium zum Wirtschaftsingenieur in Karlsruhe an. Um die Zeit zwischen Schulabschluss und Studienbeginn zu überbrücken, hat er sich für eine Ausbildung in der Bäckerei seiner Familie entschieden, die er auch während des Studiums fortführte. Mit der Zeit zog er aber die Tätigkeit als Bäcker vor, machte seine Meisterprüfung und brach das Studium ab. Mittlerweile arbeitet er seit 28 Jahren mit seiner Frau in der Bäckerei. Wolfgang Kaiser berichtet, dass sie alles selbst herstellen. Besonders die belegten Riesenbrezeln und vielen Kuchen sind beliebt. Die Aussage „der Kuchen schmeckt wie vom Kaiser“, hört man nach ihrer Aussage auch häufig im Café Gugelhupf in Ottersheim. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, da das Café seinen Kuchen vom Kaiser Bäcker bezieht, erzählt Annette Kaiser stolz. Zwar bleibt viel Laufkundschaft wegen der Straßenbaustelle vor dem Haus weg, aber die Stammkunden lassen sich nicht abschrecken. Der finanzielle Verlust ist jedoch nicht der Grund für die geplante Schließung, sagt Wolfgang Kaiser. Vielmehr möchten Annette Kaiser am Jahresende mit dann 65 Jahren und ihr ein Jahr jüngerer Ehemann in Rente gehen, um mehr Zeit für sich zu haben. Sie freut sich schon auf den neuen Lebensabschnitt: „Es wird Zeit endlich den Schwarzwald zu erkunden!“ Die gelernte Friseurin stammt vom Bodensee und wollte beruflich nie selbstständig werden. Zumindest nicht bis sie ihn im Zug kennenlernte. Wolfgang Kaiser ergänzt lächelnd, dass sie nach ihrer ersten Begegnung fast nichts voneinander wussten, er sie aber wiedersehen wollte. Deshalb hat er eine Anzeige in der „Sonntag aktuell“ aufgegeben, mit der er sie erfolgreich suchte und dann heiratete. Bis die Bäckerei am Montag, 31. Dezember, schließt, will Verkäuferin Müller, bleiben. Sie bedauert: „So einen tollen Chef wie den Herr Kaiser findet man vielleicht nicht mehr.“

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