Wörth Erinnerungen eines „Christkindes“ an die Kindheit

Heute, an Heilig Abend, feiert Helmut Rödel seinen 90. Geburtstag.
Heute, an Heilig Abend, feiert Helmut Rödel seinen 90. Geburtstag.

Es war ein richtiger Brummer, ein Stürmer, der sich nicht gefürchtet hat, berichten zwei Mitspieler, die mit Helmut Rödel beim FC Bavaria Fußball spielten. Von 1954 bis 1976 war er dort aktiv. Heute feiert der in Marktrodach, Oberfranken, Geborene seinen 90. Geburtstag. Und an so manche Weihnacht hat er keine guten Erinnerungen.

„Meine Mutter war ledig und berufstätig, meine Oma hat mich praktisch groß gezogen. Sie war Schneiderin. Oft suchte sie ihre Stecknadeln, weil wir diese als unsere Angelhaken benutzten. Unser Haus lag am Fluss Rodach, an dem ich meine Kindheit bis zum 10. Lebensjahr verbrachte“, erzählt Rödel. „Wir haben aber auch geholfen für die Ziegen Futter an den Berghängen oder Holz zu holen mit einem kleinen Wägelchen.“ 1939 kamen Flüchtlinge aus Blies an der Saar „zu uns ins Haus. Sie waren evakuiert worden. Wir hatten in Marktrodach nichts vom Kriegsbeginn mit bekommen.“

Dann kam der Umzug nach Kandel. Denn die Mutter war aufgrund einer Verletzung ins Krankenhaus nach Erlangen gekommen und „hatte dort den Sanitäter Otto Rödel kennen gelernt, der aus Kandel stammte“. Die Familie zog dahin, ein Bruder wurde in Kandel geboren. Hier hat das „Christkind“ zum ersten Mal den Krieg erlebt. „Ich konnte aus dem Fenster heraus am roten Himmel die ganzen Staffeln von Fliegern mit ihren Kondensstreifen sehen. Einer flog voraus – wie ein brennender Tannenbaum. Dann hörte ich den Schall, wenn sie die Städte Ludwigshafen oder Pforzheim bombadiert haben“, erinnert er sich ungern zurück. Im Oktober 1944 kam seine Schwester Lore auf die Welt. „Am 11. Dezember mussten wir innerhalb von 24 Stunden Kandel verlassen. Mit einem Handwagen sind wir nach Rheinzabern gelaufen, wo wir in den Flüchtlingszug gebracht wurden, der zur Evakuierung zuerst nach Ludwigshafen und dann nach Heilbronn ging.“

Bäcker mit leckerer Fleischwurst

Wie sie danach nach Mittelfranken und in welchen Ort dort gekommen sind, kann sich Rödel nicht mehr genau erinnern. „Jedenfalls haben wir in einer Schule auf dem Boden geschlafen und wurden bei Einwohnern versorgt. Ich war bei einem Bäcker und bei ihm gab es eine gute Fleischwurst – daran denke ich ewig“, lacht er. Von dort aus kam er nach Marktrodach in sein elterliches Haus zurück, in dem „ich auf die Welt gekommen war“. Auf die Frage, wie er denn als „Christkind“ Weihnachten in den Kriegszeiten erlebt hat, erzählt er, dass sie wohl einen Christbaum gehabt haben. „Aber an Geschenke – auch zum Geburtstag – war nicht zu denken. Es gab ein bisschen Zuckerbrötchen, das war alles. Ansonsten war nichts da – da war Null“, schüttelt er den Kopf.

Stiefvater Otto war mit Sanitätstransporten an der Front unterwegs und in Belgrad verunglückt. Er erfuhr, dass die Familie bis zum Kriegsende in Marktrodach war. Doch wollte er „nach Kandel zurück. Deshalb fuhr er dorthin um zu sehen, wie es in Kandel aussieht und ob unsere Familie in seinen Heimatort ziehen könnte“, erinnert sich Rödel. Im Sommer 1945 kehrte die Familie heim in die Südpfalz. Hier besuchte Helmut Rödel bis 1947 die Schule.

Spieler in 2. Amateurliga

Gleich nach der Schulzeit hat er mit dem Fußballspielen im Verein angefangen. Gearbeitet hat er in der Landwirtschaft und „auf dem Bau als Maurer“ – schließlich als Schachtmeister im Hoch- und Tiefbau. 1952 lernte er beim Tanz im Bayerischen Hof in Wörth seine Frau Agathe Wilhelm kennen, heiratete sie 1954 und zog nach Wörth, wo er dann auch beim FC Bavaria Fußball spielte bis zur 2. Amateurliga, wie er sagt. Er hat einen Sohn und eine Tochter, je zwei Enkel und fünf Urenkel – der älteste ist 15 Jahre. Heute am Heiligen Abend gibt es einen Tag der offenen Tür – wie seine Enkelin Marina Hartmeyer sagt. Einige Tage später feiert die Familie in einer Gaststätte.

Als Stürmer ein wahrer Brummer: Helmut Rödel.
Als Stürmer ein wahrer Brummer: Helmut Rödel.
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