Kreis Germersheim / Wörth Güterzüge stauen sich in Wörth: „Chaotische Abläufe“ auf Bahnumleitung

Die Bahntrasse führt in Hagenbach dicht an Wohnhäusern vorbei.
Die Bahntrasse führt in Hagenbach dicht an Wohnhäusern vorbei.

Weil die Bahn im Badischen gesperrt ist, werden im August Güterzüge über Hagenbach/Wörth umgeleitet. Die Bahn will jetzt möglicherweise weniger Züge auf die Strecke schicken.

[Aktualisiert] Nach Problemen im Personenverkehr während der Sperrung der Rheintalbahn hat auch der Verband „Die Güterbahnen“ „chaotische Betriebsabläufe“ moniert. Die seit drei Jahren geplante Umleitung von bis zu 37 Güterzügen täglich über Frankreich stocke, weil zu viele Züge aufgrund mangelhaft koordinierter Steuerung zu überfüllten Gleisanlagen in Wörth geleitet würden, hieß es in einer Mitteilung von Freitagabend. Ein Bahnsprecher erklärte am Samstag, DB Cargo sei es mit Captrain (Frankreich) und SBB Cargo (Schweiz) gelungen, alle gestauten Züge wieder ins Rollen zu bringen.

Bisher vor allem Hagenbach betroffen

Betroffen sind von der Umleitung derzeit noch in erster Linie die Bahnanwohner in Hagenbach. Durch Wörth weiter in Richtung Germersheim/Ludwigshafen fahren Anwohnern zufolge kaum zusätzliche Züge. Der mögliche Grund: Die Züge fahren von Wörth nach Karlsruhe weiter, vielleicht auch, damit entlang der Strecke möglichst wenig Menschen belastet werden. In Richtung Karlsruhe ist die Kapazität aber eng begrenzt. Zudem sind für die Weiterfahrt in diese Richtung ein Richtungswechsel und damit entsprechende Rangierarbeiten nötig. Gut möglich, dass es deshalb zu den vom Güterverkehrsverband monierten Staus gekommen ist. Da die Bahn versprochen hat, für den Güterzug-Stau eine „dynamische Lösung“ zu finden, könnte man befürchten, dass ab jetzt auch mehr Züge über Wörth/Germersheim fahren.

Eventuell auch weniger Züge

Es könnten aber auch weniger Güterzüge im Raum Hagenbach/Wörth werden. Um künftige Staus auf dem Wörther Bahnhof zu vermeiden, wolle die Bahn jetzt „weiträumig die Züge gestaffelt ankommen lassen“, so ein Bahnsprecher. Die Linie Strasbourg-Lauterbourg-Wörth sei Teil des Schienenkorridors Rhein/Mittelmeer. Die Züge laufen zwischen Rotterdam und Genua über lange Strecken, die Fahrtdauer werde dabei ständig mit den Kunden abgestimmt. Sprich: der Güterverkehr ist flexibel und nicht an einen starren Fahrplan gebunden.

Kaum konkrete Zahlen

Das eröffne beispielsweise die Möglichkeit, Züge mit nicht so eiligen Gütern auf anderen, längeren Strecken durch Frankreich zu befördern, erläutert der Bahnsprecher: Oder es werden beispielsweise Puffermöglichkeiten im Güterbahnhof Mannheim, aber auch schon im Ruhrgebiet genutzt. Welche konkreten Auswirkungen das auf Wörth/Hagenbach haben wird, wollte der Bahnsprecher nicht sagen. Zahlen zu Güterzügen nenne die Bahn aus Datenschutzgründen in der Regel nicht. Ein anderer Bahnsprecher hatte von 38 Zügen täglich gesprochen, die über Lauterbourg/Wörth umgeleitet werden, insgesamt soll alleine die Bahn während der Sperrung 220 Güterzüge umleiten – die Züge anderer Anbieter kommen noch hinzu.

Die wegen Bauarbeiten zwischen Baden-Baden und Karlsruhe gesperrte Rheintalbahn liegt auf einer der wichtigsten europäischen Verbindungen im Schienengüterverkehr. Auf der Strecke werden eigentlich Güter zwischen den Nordseehäfen, wichtigen westdeutschen Industrieregionen, der Schweiz und Norditaliens Ballungsräumen transportiert. Erstmals gibt es für die dreiwöchige Vollsperrung wegen Bauarbeiten seit 9. August ein Umleitungskonzept. Das hatte der Güterbahn-Verband vorab auch gelobt.

„Wörth muss Chefsache werden“

Nun kritisierte Güterbahn-Geschäftsführer Peter Westenberger allerdings: „Es gibt beim Infrastrukturbetreiber DB InfraGo nach unseren Erkenntnissen keine klare Verantwortungszuweisung zwischen Zentrale und Region für die Betriebsabwicklung.“ Nachdem die ersten Tage weitgehend planmäßig verlaufen seien, stehe das Konzept mit der allmählichen Zunahme des Bahnverkehrs zum Ende der Sommerferien nun vor dem Scheitern. „Wörth muss Chefsache werden“, forderte Westenberger der Mitteilung zufolge.

Der Bahnsprecher erklärte, das neue Konzept einer Umleitung über das Elsass mit einem Dieselzug-Pendelverkehr habe natürlich nicht die vollständige Kapazität der elektrifizierten, zweigleisigen Rheintalbahn. Es biete aber eine „dynamische Lösung, die wir ständig weiter ausarbeiten“. Allein DB Cargo könne so mehr als 220 eilige Containerzüge trotz Vollsperrung auf dieser Route fahren. Neun europäische Güterbahnen und Infrastrukturbetreiber arbeiten dem Sprecher zufolge bei der erstmals umgesetzten Umleitung Hand in Hand.

Probleme auch beim Schienenersatzverkehr

Während der dreiwöchigen Vollsperrung bis 30. August soll unter anderem das südliche Ende des Tunnels in Rastatt an das Streckennetz angebunden werden. Ferner sind nach Angaben der Deutschen Bahn Arbeiten an Weichen, Stellwerken und Signalanlagen geplant.

Im Personenverkehr gibt es statt Umleitungen Ersatzverkehr in Form von Bussen auf dem Abschnitt zwischen Baden-Baden und Rastatt. Hier hatten anfangs nicht ausreichend Busse zur Verfügung gestanden. Fahrgäste monierten unter anderem auch mangelhafte Beschilderung für die Wege zum Schienenersatzverkehr. Die Deutsche Bahn bat die Stadt Baden-Baden um Hilfe. Feuerwehr und Deutsches Rotes Kreuz waren im Einsatz und versorgten Wartende in der sommerlichen Hitze mit Wasser.

x