Kreis Germersheim „Keiner soll einsam sein“ fällt wieder aus

Wer ist wirklich einsam, wer braucht wirklich Hilfe? Solange diese Fragen nicht klar beantwortet werden können, ruht die Aktion.
Wer ist wirklich einsam, wer braucht wirklich Hilfe? Solange diese Fragen nicht klar beantwortet werden können, ruht die Aktion.

Die Aktion „Keiner soll einsam sein“ setzt ein weiteres Jahr aus. „Gedanklich und nervlich komme ich nicht dazu“, sagte Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD) gegenüber der RHEINPFALZ. Damit ist die „Happy Wutz“, mit der in den Kandeler Geschäften für die Aktion Spenden gesammelt wurden, das dritte Jahr in Folge nicht im Einsatz.

„Keiner soll einsam sein“ hatte in der Verbandsgemeinde eine lange Tradition: 1984 hatte Günther Tielebörger (SPD), der Vorgänger von Poß im Amt des Verbandsbürgermeisters und heutiger Stadtbürgermeister von Kandel, die Aktion gestartet. In der Vorweihnachtszeit wurden ältere Menschen besucht, die keine Angehörigen haben und die besinnliche Zeit nicht alleine verbringen sollten. In den Folgejahren meldeten Freunde, Nachbarn oder Verwandte jedoch immer mehr einsame, ältere oder hilfsbedürftige Menschen bei der Verwaltung. Diese wurden in der Adventszeit besucht und bekamen ein Präsent überreicht. Schließlich wurden durchschnittlich pro Jahr 130 Päckchen gepackt. Neben den Bürgermeistern Tielebörger und Poß waren inzwischen auch zahlreiche Verwaltungsmitarbeiter unterwegs. In den Jahren 2014 und 2015 hatte Poß die Aktion den Asylsuchenden in der Verbandsgemeinde gewidmet. Offensichtlich eine gute Entscheidung: In diesen beiden Jahren hatte „Keiner soll einsam sein“ mit über 5000 und über 8500 Euro jeweils Rekordbeträge eingebracht. Im Jahr 2016 hatte Bürgermeister Poß dann um „eine schöpferische Pause“ für die Adventsaktion gebeten: Für die Aktion sollte eine neue Form gefunden werden. Dafür wurden Ideen gesammelt und Gespräche mit der katholischen und evangelischen Kirche geführt. 2017 gab es jedoch in der Verwaltung überraschend einen krankheitsbedingten Engpass. Die Organisation der Spendenaktion war ohne die Fachkraft schlicht nicht zu stemmen und die Aktion fiel erneut aus. Ursprünglich war angedacht, sie 2018 in neuer Form wieder laufenzulassen. Doch Bürgermeister und Verwaltung müssen sich seit Jahresbeginn einer vorher ungekannten Herausforderung stellen: Seit dem Mord an einer 15-Jährigen durch ihren afghanischen Ex-Freund rufen rechte Gruppierungen regelmäßig zu Demonstrationen in Kandel auf. „Gedanklich und nervlich komme ich nicht dazu“, kommentierte Poß daher die Frage nach der Zukunft der Aktion „Keiner soll einsam sein“. Er will das Konzept weiter auf neue Füße stellen. „Wer ist wirklich einsam, wer braucht wirklich Hilfe?“ lauten hier die Fragen. Die Kirchen sind weiter mit im Boot. Poß selbst kann sich vorstellen, künftig statt vieler kleiner Päckchen zu verschenken lieber einzelne größere Hilfen zu leisten, also zum Beispiel Bedürftigen einen neuen Kühlschrank zukommen zu lassen. Allerdings müsse hier noch geprüft werden, wie man in Zeiten des verschärften Datenschutzes überhaupt an die Daten dieser Bedürftigen kommt, gibt er zu bedenken.

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