Südpfalz Werbung für Fleisch: Ärger um ausgestopftes Kalb „Anton“

Dieses Foto von Kalb „Anton“ wurde auf Instagram gepostet. Danach erhob sich ein Sturm der Empörung.
Dieses Foto von Kalb »Anton« wurde auf Instagram gepostet. Danach erhob sich ein Sturm der Empörung.

Hass im Internet erfuhr jüngst ein Supermarkt, der mit einem ausgestopften Rind für Wurst werben wollte. Würden Marktleiter im Kreis eine solche Aktion ebenfalls wagen? Und was sagen Tierschützer aus der Region?

„Anton“ hat einem Edeka-Markt in Brandenburg kein Glück gebracht. Der präparierte schwarze junge Bulle sollte Werbung für die Produkte eines regionalen landwirtschaftlichen Betriebs mit freilaufenden Rindern machen. Doch nachdem eine empörte Kundin ein Foto auf dem sozialen Netzwerk Instagram gepostet hatte, ergoss sich ein Shitstorm über den Supermarkt. Kurz darauf stand das tote Tier nicht mehr im Laden.

„Dass man einen Händler so verurteilt ist für mich unverständlich“, sagt Roland Fitterer, Leiter des Edeka-Marktes in Rülzheim. Er hätte persönlich überhaupt kein Problem damit, mit einem präparierten Tier zu werben. „Es geht doch um die Vermarktung von regionalen Produkten und die Landwirtschaft vor Ort“, sagt er. „Das kann ich doch nur als positiven Wert kennzeichnen.“

Stier wirbt für Metzgereien

Fitterer selbst wirbt auch mit einem Stier, dieser ist allerdings aus Plastik und steht vor dem Edeka-Markt. „Den stellen wir gerne zur Schau“, sagt er. Die Metzgereien im Markt seien für Qualität, Frische und Nachhaltigkeit ausgezeichnet worden. Darauf weise das Tier aus Kunststoff hin. „Wir versuchen alles zu tun, um den Tieren die Möglichkeit zugeben, im Leben ein gutes Leben zu haben“, umschreibt Fitterer die Bemühungen eines Ethikrates, der vor einigen Jahren von Edeka-Südwest gegründet worden sei. Dabei habe man vor allem an das Fleischwerk in Rheinstetten gedacht. Über den Ethikrat sollten etwaige Fehlstellungen aufgedeckt und behoben werden. Es gehe zum Beispiel um artgerechte Haltung, gutes Futter und darum, dass es keine langen Tiertransporte mehr geben darf. Die Fahrt zum Schlachthof dürfe maximal 4 Stunden dauern, sagt er.

Er verstehe auch die Veganer, die „in dieser Richtung ganz anders denken.“ Aber: Der Bauer sei ein Landwirt, der auch von etwas leben müsse. Und es gehe schlicht darum, die Bedingungen möglichst gut zu gestalten. Die Landwirte, die eine entsprechende Haltung anböten, würden auch besser bezahlt, das Fleisch sei deutlich teurer. Doch es müsse auch Angebote für den kleinen Geldbeutel geben, gibt Fitterer zu bedenken. Seine Beobachtung: „Es wird bewusster eingekauft, es wird nicht mehr so viel Fleisch gekauft und es wird sehr darauf geachtet, was kaufe ich ein.“ Die Mitarbeiter im Markt müssten deshalb Informationen über Haltung und Schlachtung geben können.

Besser Fernseher laufen lassen

Diese Beobachtung hat auch Mikael Johansen vom Edeka in Jockgrim gemacht. Die Kunden müssten wissen, wo das Essen herkommt, sagt der Marktleiter, „das ist auch wichtig, für Kinder.“ Aus verschiedenen Gründen würde Johansen allerdings nicht mit einem ausgestopften Tier für Produkte werden. „Vielleicht ein Fernseher, auf dem Bilder vom Hof zu sehen sind“, schlägt er stattdessen vor. „Das hat einen ganz anderen Charakter.“ Diesen Weg geht er zum Beispiel bei der Reklame für seinen regionalen Eierlieferanten, bei dem mobile Hühnerställe zum Einsatz kommen. „Da läuft ein Video, man kann sehen, dem Tier geht es gut.“

Denn es gebe zwar Menschen, die gerne Fleisch essen, gleichzeitig aber nicht über das Thema Schlachtung nachdenken wollten. Außerdem hätte er die Sorge, dass ein präpariertes Tier vielleicht beschädigt werden würde. „Ich würde mir auch keinen Ferrari in den Laden stellen.“ Deshalb würde er eher für eine Kuh aus Plastik plädieren, die könne man ja schön aus Kunststoff gestalten. Viel wichtiger sei jedoch, dass es um Aufklärung gehe und darum in einem gesunden Ökosystem zu leben.

Zeigt nur eine Wunschvorstellung

Um Aufklärung geht es auch Tierschützerin Sabine Luppert, die unter anderem durch das Projekt „Schüler für Tiere“ in der Region bekannt ist. Sie kann der Präsentation von „Anton“ durchaus positive Aspekte abgewinnen. „Den Leuten wird ja bewusst gemacht, dass das Fleisch von toten Tieren kommt, auch von einem niedlichen Kalb“, sagt sie. „Vielleicht kommt ja jemand auf die Idee, dass das Tier gerne noch gelebt hätte ...“ Denn selbst wenn die Tierhaltung vielleicht okay gewesen sei, befriedige dieses Bild doch nur Wunschvorstellungen. Zumal viele Supermarktkunden dann doch lieber zum Billigfleisch greifen würden.

Daher würde sie andere Tiere ausstellen: „Warum zeigt man nicht Tiere aus der Massentierhaltung?“, fragt sie. „Warum nicht ein Kalb in einer Einzelbox, verdreckt, mit Durchfall?“ Denn Fleisch komme „nicht von glücklichen Tieren, die darauf warten, für uns zu sterben“, sagt Luppert. „Viele vergessen, dass wir Menschen der gleichen Gattung der Säugetiere angehören. Und die Tiere wollen nur leben“, sie sind nicht Produkte, „die da sind für fünf Minuten Genuss“. Luppert hat durchaus eine Werbeidee für die Supermärkte: Warum präsentiere man nicht Veganes und zeige dann Lebewesen, mit dem Verweis: „Mit diesem Produkt haben sie diesen Tieren das Leben gerettet“?

Der Plastikstier steht vor dem Supermarkt in Rülzheim.
Der Plastikstier steht vor dem Supermarkt in Rülzheim.
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