Kreis Kaiserslautern „Eine Art Ghetto wäre nicht förderlich“

Ein Thema war es bereits im vergangenen Jahr, jetzt hat sich die Situation noch einmal verschärft: Die Kreisverwaltung Kaiserslautern und die Verbandsgemeinden sind auf der Suche nach Wohnungen für Flüchtlinge. Nun soll mit den Ortsbürgermeistern nach Räumlichkeiten gesucht werden. Kreisbeigeordneter Gerhard Müller (FWG) kann sich auch längerfristige Mietverträge vorstellen, um den Vermietern eine Planungssicherheit zu geben.

Es werden von Jahr zu Jahr mehr: 2009 waren es noch 147, 2012 bereits 250, 2013 dann schon 323 und derzeit sind es 471 Asylbewerber, die im Landkreis Kaiserslautern leben. Alleine in diesem Jahr kamen bislang 227 neue Flüchtlinge in den Kreis, zudem sind hier 50 Menschen aus Syrien, die vor dem Krieg in ihrem Land geflohen sind. Vergangenes Jahr waren es insgesamt rund 150 Flüchtlinge, die neu in den Landkreis kamen, wie Kreisbeigeordneter Gerhard Müller sagt. Dem Sozialdezernenten und insbesondere seinem Mitarbeiter Marc Roschel bereitet diese Zunahme Sorgen. Denn für all diese Menschen muss eine Bleibe her. „Einige Verbandsgemeinden haben massive Probleme, noch weitere Flüchtlinge aufzunehmen“, sagt Müller. Die Verteilung auf die Landkreise und kreisfreien Städte erfolgt in Rheinland-Pfalz nach der jeweiligen Größe. So muss der Landkreis mit seinen rund 100.000 Einwohnern 2,6 Prozent der Flüchtlinge aufnehmen. Die Stadt Kaiserslautern (97.000 Einwohner) beispielsweise 2,4 Prozent. Der größte Landkreis in Rheinland-Pfalz, Mayen-Koblenz, kommt mit seinen rund 210.000 Einwohnern auf 5,3 Prozent. „In der Regel bekommen wir mit einer Vorlaufzeit von zwei Wochen aus Trier mitgeteilt, wie viele Flüchtlinge kommen“, berichtet Müller die Vorgehensweise. Heißt es beispielsweise, in 14 Tagen kommen drei Flüchtlinge aus Afghanistan, kann die Kreisverwaltung nicht einfach nein sagen. Sollte man in diesem Zeitraum keine Unterkunft finden, müssen diese Personen in einem Hotel untergebracht werden. Keine Seltenheit, wie der Sozialdezernent erzählt. „In der Regel haben wir zwischen 20 und 30 Personen in Hotels. Das kostet natürlich.“ Hinzu kommen festgelegte Beträge, die den Asylbewerbern zustehen. Ein alleinstehender oder alleinerziehender Erwachsener kriegt monatlich 370 Euro. Vom Land gibt es pro Person einen Zuschuss von 502 Euro. Das reicht wiederum nicht, um die Grundleistung, Miete und eventuell auch medizinische Versorgung zu bezahlen. 2015 rechnet Müller mit 1,17 Millionen Euro, die der Landkreis hinzuschießen muss. Das allerdings auch unter der Voraussetzung, dass weitere Wohnungen gefunden werden. Hier setzt Müller nun auf die Unterstützung der Ortsbürgermeister. Am 3. Dezember möchte er mit diesen über das Thema reden, sie darum bitten, dass sie sich in ihren Ortschaften umschauen und gegebenenfalls mit Besitzern von leerstehenden Gebäuden sprechen, ob diese nicht vermieten und Asylbewerber reinlassen wollen. „Ich bin guten Mutes, dass das klappt“, ist der Beigeordnete zuversichtlich. „Bevor jemand null Euro für seine Wohnung kriegt, diese nicht bewohnt wird, ist es doch besser, er erhält Miete von uns und lässt Flüchtlinge rein.“ Wobei die Wohnung in einem Zustand sein müsse, dass man darin leben könne. „Ein sozialer Standard sollte schon vorhanden sein“, verdeutlicht Müller – und ergänzt: „Wir werden alles versuchen, um Wohnraum zu finden.“ Er weiß aber auch, dass man keinen Vermieter zwingen kann, Asylbewerber aufzunehmen. Vorstellen kann sich Müller beispielsweise auch ein Modell, bei dem der Landkreis längerfristig ein Haus mietet, so dass die Vermieter über einen gewissen Zeitraum Planungssicherheit haben. Übrigens erfolgt im Landkreis die Verteilung der Asylbewerber auf die Verbandsgemeinden nach deren jeweiliger Größe. So ist die Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach mit ihren 17.000 Einwohnern Spitzenreiter. Dort leben derzeit 94 Flüchtlinge. Blickt man auf deren Herkunftsländer, fällt auf, dass die meisten wie schon im Vorjahr aus Serbien und Montenegro kommen (aktuell 74). Noch niemand war 2013 aus Ägypten dabei. Mittlerweile sind es 30. „Man muss den Menschen helfen. Sie fliehen aus ihrem Land, weil sie dort nichts mehr zu essen und zu trinken bekommen, weil dort Krieg ist oder weil sie aus religiösen Gründen bedroht werden“, sagt Müller. Er wehrt sich nach wie vor dagegen, ein Flüchtlingsheim im Landkreis einzurichten: „Ich will keine zentrale Lösung. Eine Art Ghetto wäre auch mit Blick auf die Integration nicht förderlich.“ Gerade in diesem Punkt lobt er nicht nur die gute Zusammenarbeit mit den Verbandsgemeinden, sondern auch das Engagement vieler ehrenamtlicher Menschen im Landkreis, die etwa wie Ingo Dein in Otterberg Sprachkurse für Asylbewerber anbieten. Allerdings sagt der Sozialdezernent mit Blick auf immer größer werdende Flüchtlingsströme auch: „Eigentlich ist das ein europäisches Problem. Da müsste die EU dran. Das Ziel sollte Hilfe zur Selbsthilfe vor Ort sein.“ (ssl)

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