Kusel Zur Sache: Das Vermögensdelikt der „Untreue“

Im Strafprozess um die finanziellen Unregelmäßigkeiten bei der Kuseler Lebenshilfe lautet der angeklagte Tatbestand auf Untreue. Geregelt ist diese Straftat in Paragraf 266 des Strafgesetzbuchs. Im lupenreinen Juristendeutsch steht da, reichlich verklausuliert, was Untreue meint. Der Untreue schuldig machen kann sich nur, wer eigenverantwortlich über fremdes Vermögen verfügen kann, darf oder muss. Diese Berechtigung haben ja die Wenigsten. Arbeitnehmer sind in aller Regel vollständig weisungsgebunden, da ist dies gar nicht möglich. Wer als Arbeitnehmer in die Kasse greift und sich so auf Kosten anderer bereichert, begeht damit also keine Untreue. Da greifen – je nach Lage des Falls – andere Tatbestände. Wer etwa bei einer Behörde Geld abzweigt, erfüllt meist den Tatbestand der Unterschlagung. Spielraum für eigenverantwortliche Entscheidungen über Vermögensangelegenheiten findet sich bei Berufsgruppen wie Anwälten und Notaren, Vorständen, Geschäftsführern von Unternehmen. Aber auch Betreuer sind oft damit befasst, über die finanziellen Mittel der ihnen anvertrauten Menschen zu verfügen. Im konkreten Falle war die Angeklagte als Mitarbeiterin in leitender Funktion mit Vermögensangelegenheiten befasst. Ihr oblag die Verfügungsgewalt über Fremdvermögen – das der behinderten Menschen, die unterm Dach der Lebenshilfe zu Hause sind, sowie über finanzielle Mittel der Lebenshilfe selbst. Der Vorwurf der Untreue basiert nun auf dem Umstand, dass die Angeklagte die Verfügungsberechtigung über fremdes Vermögen missbraucht haben soll. Sie habe die Mittel nicht so verwendet, wie es ihrem Auftrag entsprochen hat. Und – ein weiteres wesentliches Element für die Erfüllung des Straftatbestands – sie soll im Zuge ihrer Vorgehensweise das Vermögen anderer geschädigt, also gemindert haben. Dabei ist nicht einmal maßgebend, dass sie das Geld in die eigene Tasche gewirtschaftet haben soll. Auch andere Zweckentfremdungen erfüllen den Tatbestand des Paragrafen 266. Untreue ist ein Vermögensdelikt – wie Diebstahl oder Betrug. Geahndet wird Untreue mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe, schon dadurch fällt der Tatbestand in die Kategorie der Vergehen und ist somit kein Verbrechen. Als Verbrechen sieht der Jurist nur Taten an, auf die laut Strafgesetzbuch eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsentzug steht. Was im Fall Lebenshilfe erschwerend hinzukommt, aber bei Untreue nicht unüblich ist: Die Anklage geht von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise aus. Gemeint ist damit, dass sich ein Täter durch wiederholte Tatbegehung über längere Zeit eine nicht unerhebliche Einnahmequelle sichert. Dies führt zu einer empfindlichen Verschärfung des Strafmaßes. Bei gewerblicher Vorgehensweise ist in aller Regel nicht mehr mit einer Geldstrafe zu rechnen, da der Vermögensschaden meist beträchtlich ist. (cha)

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