Kusel / Buborn Dietmar Fligg geht: Menschlich und journalistisch ein Verlust

Mehr als 27 Jahre lang Beobachter und Beschreiber des Lebens im Landkreis Kusel: Dietmar Fligg.
Mehr als 27 Jahre lang Beobachter und Beschreiber des Lebens im Landkreis Kusel: Dietmar Fligg.

27 Jahre lang hat Dietmar Fligg für die Kuseler RHEINPFALZ gearbeitet. Am Donnerstag war sein letzter Arbeitstag. Die Redaktion verliert nicht nur einen profunden Kenner des Nordkreises und einen tollen Kulturredakteur. Sie verliert auch einen wirklich feinen und feinsinnigen Menschen.

Rückblende: März 1994. In der RHEINPFALZ-Zentrale in Ludwigshafen treffe ich Dietmar Fligg zum ersten Mal. Uns beiden ist eines gemein: Wir haben bis dato für andere Zeitungen gearbeitet – Dietmar Fligg in Bad Sobernheim und Bad Kreuznach für die Allgemeine Zeitung Mainz, ich in Heidelberg und Wiesloch für die Rhein-Neckar-Zeitung – und werden ab 1. April für die Leser in der Pfalz schreiben. Er in Kusel, ich in Zweibrücken.

Wir beide werden drei Tage lang geschult im Umgang mit dem Redaktionssystem. Drei Tage, in denen wir sofort einen Draht zueinander finden – ohne zu wissen, dass wir irgendwann einmal unmittelbar zusammenarbeiten werden. Ich lerne einen gleichermaßen zurückhaltenden wie kompetenten Kollegen kennen, mit dem mich einiges verbindet: die Liebe zur Heimatregion – er wurde in Meisenheim geboren, ich in Kaiserslautern –, die Lust am Motorradfahren und, Asche auf unser Haupt, der Genuss einer oder mehrerer Zigaretten; ein Laster, das er längst hinter sich gelassen hat, wie ich neidvoll anerkennen muss.

Knapp 14 Jahre später: Ich stoße zum Kuseler Team und freue mich vor allem auf Dietmar Fligg. Der Kontakt ist nach der ersten Begegnung nie abgerissen, die frühe Wertschätzung stets geblieben. Für den Neuling im Westrich ist Dietmar Fliggs Wissen um den Landkreis, vor allem sein Gefühl für die Menschen in der Region unschätzbar. Auch daran hat sich bis zum Ende nichts geändert.

Mehr als 13 Jahre lang haben wir Zimmer an Zimmer gearbeitet, haben gemeinsam Themen beackert, haben uns wechselseitig beraten. Seine Bedeutung für mich und für die Redaktion ging weit darüber hinaus, dass er vor allem den Nordkreis kennt wie seine Westentasche; weil er mit seiner Frau Gertie in Buborn zu Hause ist, weil er mit Motorrad und Fahrrad immer wieder in der Region unterwegs ist. Wenn ich anfangs nach für mich unbekannten Dörfchen suchte, er stand mir stets hilfsbereit und erklärend, mit Zusatzinfos zum Ort, zur Seite.

Doch seine besondere Bedeutung für mich, für die ganze Redaktion, war und ist seine persönliche Integrität. Er war wie ein Kompass für die Arbeit in der Redaktion – vielleicht auch deshalb, weil er die Menschen und die Themen hier am besten kennt. Er bremste, wenn wir allzu forsch an Themen herangehen wollte. Er ordnete ein, wenn bei einem Kollegen Hintergrundwissen fehlte. Oft ging ich mit einem Kommentar zu ihm und fragte zweifelnd: Kann man das so machen? Wenn er ja sagte, konnte ich den Artikel beruhigt in Druck geben. Dietmar Fligg war nicht nur für mich eine Art Sicherheitsnetz. Auf sein Urteil konnte ich mich verlassen. Ebenso auf seine eigene Arbeit. Vor allem seine Porträts waren unerreicht. Bei dieser Stilform („Dafür muss man sich Zeit nehmen“) zeigte er sein Gespür für den Menschen.

Er habe der Redaktion gut getan, lobte Chefredakteur Michael Garthe bei der Verabschiedung am Donnerstag den angehenden Ruheständler, der zunächst Resturlaub und ab dem 1. August den Passivteil seiner Altersteilzeit genießt. Ihn damals einzustellen, als eine seiner ersten Handlungen als neuer Chefredakteur, sei eine sehr gute Entscheidung gewesen. Er habe einen kompetenten Redakteur und einen loyalen Mitarbeiter gefunden, sagte Garthe.

Wer Dietmar Fligg kennt, weiß, dass ihm dieses Lob fast schon ein wenig peinlich war. Denn er ist keiner, der Eitelkeit pflegt, der sich in den Vordergrund drängt. Das macht ihn auch als Menschen so angenehm, und ich freue mich sehr, dass wir auch bei Meinungsverschiedenheiten einander stets nicht nur kollegial, sondern auch freundschaftlich verbunden geblieben sind.

Dass er sich zu diesem Termin verabschieden würde, war schon seit Monaten klar. Lange hat der studierte Betriebswirt in der ihm eigenen Ruhe so getan, als berühre ihn das nicht sonderlich; als sei das ein ganz normaler Vorgang. Doch in den vergangenen Tagen, je näher der Ruhestand rückte, desto nachdenklicher, desto melancholischer wurde er. Er hat seine Arbeit geliebt, er mag und respektiert die Menschen und die Region, die er so lange journalistisch begleitet hat. „Es ist ein merkwürdiges Gefühl. Es ist so etwas Endgültiges“, hat er am Abend zum Abschied gesagt, als wir, wie so oft, aber diesmal ganz anders, zu zweit über den vergangenen Tag sinniert haben.

Er müsse sich erst an die neue Rolle gewöhnen; an jene, in der er nicht mehr jeden Tag von Buborn nach Kusel fahren muss. An die Zeit, die er nun für sich und seine Frau hat; für das Motorradfahren; für Radtouren durch die Region; für endlich mal wieder Urlaub in Griechenland bei seinen Freunden. Für sein Klavier und seine geliebte klassische Musik.

Genieße Deinen Ruhestand, lieber Dietmar. Und behalte stets im Hinterkopf die große Wertschätzung, die Du bei Lesern und in der Redaktion genießt. Und sollte es Dich mal in den Fingern jucken – wir nehmen gerne jeden Text von Dir.

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