Kreis Kusel Rennen am Montag, weil Wochenende nicht zu bezahlen ist

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Nürburg. Freies Training, Qualifikation, jeweils eine knappe halbe Stunde lang. Danach zwei Rennläufe und eine Stunde freies Fahren. Das bot der MSC Westpfalz seinen Clubmitgliedern und anderen Rennfahrern am Montag innerhalb von grade mal sieben Stunden an. Da muss auch bei Organisation und Durchführung ordentlich Gas gegeben werden.

170 Mitglieder zählt der Motorsport Westpfalz (MSC). „Seit Sonntagabend übrigens sechs neue“, berichtet Rennleiter Christian Rübel am Nürburgring stolz. Sein Verein ist dem Neuen Automobil- und Verkehrsclub (NAVC) angeschlossen. Neben dem Dachverband ist der MSC der einzige Verein, der im Club Rennen organisiert. Zu den je zwei Veranstaltungen am Flugplatz in Schlotheim und am Nürburgring kamen neuerdings die Einstellfahrten am ehemaligen Zweibrücker Flughafen hinzu. Das ist viel Arbeit für zehn Clubmitglieder, die im Zentrum der Organisationsarbeit stehen. Für sieben Stunden hatte der MSC am Montagnachmittag den Nürburgring gemietet. 80 Teilnehmer benötigte er, um die Finanzierung der Rennveranstaltung ab 13 Uhr zu stemmen. 82 waren da. Montags fährt man am Ring, „weil wir ein solches Rennen hier am Wochenende nicht finanzieren können.“ Immerhin nutzt der MSC hier zwei Streckenvarianten. Beim Montagsrennen die kürzere Sprintstrecke, die auch von den Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) befahren wird. Im September dann die Müllenbach-Schleife. Zeitgleich mit der DTM auf der benachbarten Sprintstrecke. „Wir hoffen, dass wir durch den Motorenlärm Zuschauer von da zu uns locken können“, verrät Rübel. An die alte DTM fühlt man sich beim Montagsrennen erinnert. Weil scheinbar ein Opel Calibra dabei ist. Die Karosse des Autos ähnelt jedenfalls stark dem Kultfahrzeug, das einst Zehntausende Tourenwagenfans begeisterte. Dessen Karosserie scheint sogar aus Kohlefaser zu bestehen. „Das ist aber nur aufgeklebt, der Rest ist Plaste“, verrät Fahrer und Eigentümer Peter Nickel schmunzelnd. Der Naumburger fuhr einige Jahre Motorradrennen, bis er nach einem schweren Unfall auf Autos umstieg. 1993 begann die Blütezeit des Privatrennfahrers. „Damals habe ich mit einem Calibra angefangen, Rennen zu fahren. Das war im ADAC-GT-Cup.“ Für den Ostdeutschen sei es nach dem Mauerfall zudem relativ leicht gewesen, Sponsoren zu gewinnen. „Wir hatten damals sogar eine Stunde Fernsehzeit. Das war herrlich.“ Später folgte Nickels langjährige Teilnahme am Divinol-Cup für Halbprofis. Vor kurzem wechselte er zur Rundstreckenmeisterschaft des NAVC. Da startet er mit einem Eigenbau, dessen Hülle bewusst an den Calibra erinnert. Nickel fährt in der ersten Wertungsgruppe, die den stärksten Fahrzeugen vorbehalten ist. Insgesamt drei Wertungsgruppen absolvieren am Nürburgring Rennläufe. Knapp 25 Minuten dauern das freie Training und die Qualifikation. Sobald die Strecke von der einen Startgruppe geräumt ist, geht die folgende auf die Strecke. Auch beim Rennablauf denkt der MSC Westpfalz an Zeitersparnis. Während die letzte Startergruppe ihr Qualifying absolviert, beginnt schon die Startaufstellung zum Rennen in der Boxengasse. Ist die Strecke frei, geht das Feld in die von einem Safety-Car begleitete Einführungsrunde. Mit „Kleinigkeiten“ wie einer Startaufstellung und einem stehenden Rennbeginn hält man sich nicht auf. Die Starterfelder mit jeweils mehr als 25 Fahrzeugen gehen in den so genannten fliegenden Start. Wenn es keinen Unfall gibt oder anderweitige Unterbrechungen, etwa wegen liegen gebliebener Fahrzeuge, kommen die Teilnehmer so auf viel Fahrzeit. Mitten unter den Fahrern aus allen Altersklassen tummelt sich eine begeisterte Kuseline. Jessica Ulrich lernt den Motorsport aus allen möglichen Blickwinkeln kennen. Die 20-Jährige darf ein Rennen mit der Nationalflagge starten. Ein anderes winkt sie mit der karierten Zielflagge ab. Einmal darf sie auf dem Beifahrersitz des Führungsfahrzeuges Platz nehmen. Ein wenig zittern muss Jessica Ulrich allerdings, als es um eine Mitfahrt beim freien Fahren aller Teilnehmer nach dem Rennen geht. Da dürfen sich die Anwesenden mit ihren Rennautos noch einmal nach Herzenslust austoben. „Erst sollte ich als Beifahrerin im Calibra-Nachbau mitfahren. Der ist aber kaputt gegangen. Dann sollte ich in einen anderen Opel einsteigen, der auch nicht mehr ging.“ Christian Rübel ließ aber nicht nach und fand schließlich einen BMW, in dem die junge Frau Platz nehmen durfte. „Das war toll, mit 200 über so eine Rennstrecke zu fahren. In einem Rennfahreranzug und mit Helm.“ Jetzt fehlt der Kuseline nur noch die Rennlizenz und die Erlaubnis der Mama. „Die will aber absolut nicht, dass ich Rennen fahre“, bedauert Jessica Ulrich. Aber sie hat Geschmack am Motorsport gefunden: „Ich werde in jedem Fall wieder hier sein, wenn das nächste Rennen des MSC Westpfalz am Nürburgring ist“. Das findet am 11. September statt. | thof

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