Bad Bergzabern Bücherei: Nur noch die Hälfte der Fläche zur Verfügung

Beim Flohmarkt fanden viele Bücher einen neuen Besitzer.
Beim Flohmarkt fanden viele Bücher einen neuen Besitzer.

Die Stadtbücherei im Rathaus am Marktplatz ist Geschichte. Am Freitag war Ausverkauf. Die Bücherei wird künftig wesentlich kleiner ausfallen.

„Des geht gar net“, bringt ein Besucher am Tag des Ausverkaufs am Freitag den Beschluss der Stadt für sich auf den Punkt. Aber die Fakten sind geschaffen, das Haus ist verkauft, und von den vielen Besuchern, die noch Bücher, Filme oder CDs, die wegen Platzmangels nicht mit umziehen können, mitgenommen haben, hat sich niemand gefreut.

Der 1. November ist Stichtag, dann muss das Alte Rathaus leer sein. Die Stadt hat es für 400.000 Euro verkauft, wie die Verwaltung mitteilt. Nach Informationen der RHEINPFALZ gehört es jetzt einer Tochterfirma von HWS, einer Steuerberater- und Wirtschaftskanzlei mit 20 Standorten in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, unter anderem in Bad Bergzabern und Landau. Die Volkshochschule, die ebenfalls im Rathaus untergebracht war, wird ab Januar vom Kreis übernommen.

200 Kisten gepackt

Für die Stadtbücherei ist als neues Domizil der Konferenzsaal im Haus des Gastes vorgesehen. Er ist ungefähr halb so groß wie die Fläche im Alten Rathaus. „Ich schätze, die Hälfte der Bücher muss weg, 200 Kisten haben wir für den neuen Standort gepackt“, erklärt Charlotte Blaettner, die zum Team der sieben Frauen gehört, die sich um den gesamten Betrieb der Bücherei kümmern. Fünf der Damen bekommen eine Aufwandsentschädigung, zwei arbeiten ehrenamtlich in der Stadtbücherei.

Im Alten Rathaus hatte die Einrichtung das gesamte Untergeschoss zur Verfügung. Ein Zimmer mit Malereien von Künstlerin Gabriele Schubert, ebenfalls Mitarbeiterin, war Kinderbüchern, ein weiteres der Jugendliteratur vorbehalten. „Die Buchtitel sind in allen Abteilungen immer auf dem neuesten Stand“, erzählen die Büchereidamen. Die Kitas der Stadt seien immer vorbeigekommen, um sich themenbezogene Bücher mitzunehmen. Was am Freitag unter die Leute gebracht werden konnte, bekommen die Lions für ihren jährlichen großen Bücherflohmarkt.

Weil die Fläche künftig weniger sein wird, können nicht alle Bücher mitgenommen werden.
Weil die Fläche künftig weniger sein wird, können nicht alle Bücher mitgenommen werden.

Standort war ideal

„Ich finde es traurig, es war ideal mitten in der Stadt“, sagt eine Besucherin. Sie findet es auch traurig, dass ihre Lieblingsrubrik, Bücher über Geschichte, gestrichen werden musste. „Es wird zu wenig für die Einheimischen gemacht, das ist schade, die Stadt stirbt eh schon aus“, findet Jutta Spors, die seit elf Jahren Teil des Teams in der Bücherei ist.

„So einen geschichtsträchtigen Ort zu einem solchen Spottpreis zu verkaufen, verstehe ich nicht“, sagt kopfschüttelnd ein Herr. „Es ist eine Katastrophe, dass das Haus verkauft wurde, der soziale Treffpunkt für Alt und Jung ist weg“, sagt Mitarbeiterin Susan Hardis. Nach Corona hätte das Team gemerkt, wie viele Menschen einsam seien und daher gerne in die Bücherei gekommen seien. Rund 750 registrierte Leser hatte die Stadtbibliothek vor Corona, heute sind es ungefähr 400. Nicht weil die Zahlen drastisch zurückgegangen sind, sondern weil 2021 eine Gebühr von zehn Euro pro Leser eingeführt wurde und sich dann zum Beispiel Ehepaare einen Leseausweis geteilt haben.

Neuer Platz ist „lächerlich“

„Ich bin sehr enttäuscht, der Standort war ideal, mir lag die Stadtbücherei sehr am Herzen“, sagt eine, die es wissen muss. Gertrud Müller. Sie war bis 2010 fast 30 Jahre lang die Seele der Stadtbücherei, die bis Anfang der 80er-Jahre gegenüber vom Alten Rathaus in der späteren RHEINPFALZ-Redaktion untergebracht war. Als die Verwaltung ins Schloss umgezogen war, kam die Bücherei ins Alte Rathaus, in dem unter anderem die Südpfälzische Kunstgilde Ausstellungen zeigte und der Stadtschreiber sein Domizil hatte. Die 91-jährige Gertrud Müller erinnert sich an die Aufbauphase, als sie um jedes weitere Zimmer gekämpft hat. „Ich habe kleine Kinder in der Bücherei groß werden sehen“, sagt sie. „Lächerlich“ bezeichnet sie die Größe des Konferenzraumes, in den die Bücherei jetzt umzieht. Da würden viele Sparten wegfallen müssen, die sie für unerlässlich hält.

Wie die neue Bücherei jetzt eingerichtet wird, entscheidet sich in den kommenden Wochen. Bis Mitte November rechnet das Team mit einer Wiedereröffnung. Ob der weitere Weg in den Kurpark praxistauglich ist, wird die Zukunft zeigen. Und: Wer mit dem Auto kommt, wird Parkgebühren bezahlen müssen.

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