RHEINPFALZ-Sommeraktion Bildhauer Martin Schöneich zeigt seine Werkstatt
Der Bahnhofskreisel in Bad Bergzabern ist nicht gerade ein Schmuckstück. Schon seit einigen Jahren wuchert nur noch Unkraut auf dem Bauwerk, je nach Jahreszeit mal grün, mal braun. Bald soll die ungepflegte Wildnis aber der Vergangenheit angehören, denn ein rund elf Meter hohes, knallrotes Kunstwerk wird den Platz auf einen Schlag zum Hingucker machen. Im Oktober soll es so weit sein, wie der Erbauer des Stahlkolosses, Martin Schöneich, bei der RHEINPFALZ-Sommeraktion erzählt. An seinen Lippen hängen 15 Leser, die das Schmuckstück noch vor der großen Öffentlichkeit anschauen und sogar anfassen dürfen – und dabei große Augen machen. Denn das Stück, das noch aufgebockt in Schöneichs Werkstatt liegt, wirkt einfach gigantisch.
Ein Leser hat sogar Bedenken wegen der Ausmaße, fragt, ob „das nicht ein bisschen groß für den kleinen Kreisel“ ist. Schöneich verneint das. „Es ist relativ dünn“, sagt der Bildhauer. „Viele können sich auch die dritte Dimension nicht vorstellen – den Raum.“ Draußen auf dem Kreisel wirke das Stück eher wie eine Kleinplastik. Widersprechen mag dem niemand, denn alle sind sich sicher: Der 68-Jährige weiß genau, wovon er spricht. Immerhin sind Schöneich-Skulpturen in ganz Europa zu finden, etwa in Frankreich, Italien und Großbritannien. Alleine in Rheinland-Pfalz stehen mehr als 50 Werke des gebürtigen Grünstadters, der schon seit vielen Jahren im Bad Bergzaberner Land lebt und arbeitet.
Vorliebe für Stahl und Stein
Gemein ist allen Werkstücken, dass sie Bauwerke verzieren. Denn Kunst am Bau sei seine Hauptaufgabe, erzählt Schöneich. „Meine erste große Arbeit waren zwei lebensgroße Mädchenfiguren auf dem Pausenhof der Maria-Ward-Schule in Landau, das war Mitte/Ende der 80er-Jahre.“ Mit Begeisterung berichtet der Künstler davon, dass er 2016 dorthin zurückkehrte, um die Kapelle der Schule zu verschönern. „Da habe ich das erste Mal mit Glas gearbeitet.“ Das ist außergewöhnlich für Schöneich, denn, er habe eine Vorliebe für Stahl und Stein. Auch mit Holz arbeite er gerne. Das wiederum passt zu seiner Ausbildung, denn bevor er in München Bildhauerei und Grafik studierte, machte er eine Lehre als Modellschreiner.
Seine „größte Arbeit“, wie Schöneich selbst sagt, steht im schwäbischen Winnenden, leider aus traurigem Anlass. Es handelt sich dabei um einen gebrochenen Ring, der seit 2014 an die 15 Opfer des Amoklaufs an der Albertville-Realschule im Jahr 2009 erinnert. Mehr als 400 Bewerber habe es damals gegeben, als die künstlerische Gestaltung des Gedenkorts ausgeschrieben war, wie Schöneich erzählt. Am Ende fiel die Wahl auf ihn. „Ich bin hier durch den Wald gelaufen und hatte eine Eingebung“, beschreibt er, wie er auf den Ring kam. „Ich habe aber den Eindruck, dass der Funke noch nicht ganz übergesprungen ist“, entgegnet eine Leserin. „Was hat der Ring mit Winnenden zu tun?“ Der Schulbetrieb sei ein immer wiederkehrender Kreislauf, erklärt Schöneich seine Idee. Der 40 Zentimeter breite Spalt im Ring symbolisiere den Bruch in diesem Kreislauf. „Außerdem zieht der Ring nach oben, das steht für den Hoffnungsschimmer.“
Rente gibt es für Schöneich nicht
Nicht annähernd so groß und auch nicht annähernd so berühmt wie der Ring in Winnenden sind die drei Schöneich-Reliefs aus Holz und Metall, die das Dorfgemeinschaftshaus in Vorderweidenthal zieren. Im Alten Schulhaus, das jahrelang grundsaniert und vor knapp einem Jahr endlich fertiggestellt werden konnte, empfängt Ortsbürgermeister Volker Christmann die RHEINPFALZ-Leser. Bei einem Glas Sekt bleibt in lockerer Runde Zeit für ein Fazit der Sommeraktion. Es fällt durchweg positiv aus. „Ich interessiere mich ohnehin für Kunst, der Name Schöneich ist mir bekannt“, sagt etwa Marta Lyszcz aus Bad Bergzabern, die mit ihrem Mann Helmut gekommen ist. „Es war interessant, mehr Informationen über den Künstler zu bekommen, und einige seiner Werke an Ort und Stelle zu sehen.“
Und was kommt nach der Skulptur für den Bahnhofskreisel in Bad Bergzabern? Das weiß Schöneich noch nicht. Jetzt soll der Stahlkoloss erst einmal fertig gemacht werden. Er ist übrigens ein Geschenk an die Stadt, wie der Künstler erzählt. „Ich mache das einfach so, weil mir das Spaß macht.“ Dass ihm der Spaß an der Bildhauerei vergeht, ist nicht absehbar. „Bei mir gibt es keine Rente“, sagt der 68-Jährige. „Ich werde das machen bis ich umfalle.“