Kreis Südliche Weinstraße Die Macht des Geldes
„Reichtum und Eliten“ – so lautete das Thema der 27. Pleisweiler Gespräche, zu denen Besucher aus dem ganzen Bundesgebiet, aus Österreich und der Schweiz in die Nonnensuselhalle in Pleisweiler-Oberhofen gekommen waren. Und es ging gleich zur Sache: Dass zehn Prozent der Bevölkerung in diesem Land rund 60 Prozent des Vermögens besitzen, sei inzwischen beinahe Allgemeinwissen, sagte Michael Hartmann. Sein Vortrag ist geprägt von Erkenntnissen aus jahrelanger Forschungsarbeit. Hartmann, Jahrgang 1952, braucht kein Redekonzept, um komplexe Zusammenhänge zu vermitteln. Der Begriff „Elite“ ist für ihn klar definiert. Dazu gehören seiner Ansicht nach nicht nur Menschen, die reich, gebildet oder beides sind – reich definiert er ab einem Einkommen von vier bis fünf Millionen pro Jahr – sondern Leute, die sehr reich sind und Macht haben. „Die Kern-Elite in Deutschland umfasst rund 1000 Personen. Das sind all die, die gesellschaftliche Entwicklungen über ihr Amt oder ihr Eigentum maßgeblich beeinflussen können“, sagte Hartmann, der die 100 reichsten Deutschen, die 1000 reichsten Menschen der Welt und die 1000 größten Unternehmen des Globus’ unter die Lupe genommen hat. Wirtschaftseliten rekrutierten sich eher national, der globale Markt für Topmanager sei eine Legende, schließt er aus seinen Untersuchungen. Beispiel USA: Bei 300 großen Unternehmen stünden nur 26 Ausländer an der Spitze. Dass Toppositionen ein Studium an einer Eliteuniversität voraussetzten, ist laut Hartmann ein Mythos. „Nur fünf Prozent der Topmanager und Milliardäre haben an einer ausländischen Eliteuni studiert.“ Über große Vermögen gebe es kaum wissenschaftliche Erhebungen, sagte er, und die, die es gebe, würden nicht verbreitet werden. „1,5 Milliarden sind unterstes Niveau, im Vergleich dazu sind die Dax-Manager arme Schlucker“, sagte Hartmann zum Vermögen der Reichen. Als Beispiel nannte er den BMW-Konzern, bei dem ein Festangestellter ein immerhin gutes Jahreseinkommen von 92.000 Euro bezieht, ein Vorstandsmitglied 4,7 Millionen Euro und die beiden Hauptaktionäre jeder fast 500 Millionen Euro. Jährlich. „Es sind Zahlen, die in die Einkommensstatistiken nicht einfließen und sie daher verzerren, weil sich die oberen Einkommensgruppen nicht befragen lassen wollen“, betonte Hartmann. 160 Milliardäre tauchten in den gängigen Statistiken gar nicht auf. Ebenso wenig würden die rund 400.000 Obdachlosen in diesem Land in die Einkommensstatistik einfließen. Von den rund 100 größten Unternehmen in Deutschland seien zirka die Hälfte Familienunternehmen. „Da sind dann Eigentum und Position eins“, sagte der Soziologe. Klar ist für ihn, dass es keine globale Wirtschaftselite gibt, weil von den mehr als 1000 reichsten und mächtigsten Menschen der Welt nur knapp 100 im Ausland leben. Beispiel Russland: Von den 42 Reichsten leben gerade mal zwei im Ausland. „Der Kern des Reichtums ist für sie in Russland, das ist in anderen Ländern genauso“, lautet das Ergebnis seiner Untersuchungen. Wie der Ungerechtigkeit, auch in der Besteuerung der Einkommen, begegnet werden soll, waren Fragen, die in der anschließenden Diskussion gestellt wurden. „Öffentlicher Druck ist das Einzige, wodurch man etwas bewirken kann, man muss überlegen, wie man durchsetzungsfähige Mehrheiten schafft“, ist die Überzeugung des Wissenschaftlers. Als Beispiel nannte er die Anti-Atomkraft-Bewegung der siebziger Jahre. „Wenn es sie nicht gegeben hätte, wären viel mehr Atomkraftwerke gebaut worden“, sagte er. Hartmanns persönliche Strategie, die er bei vielen öffentlichen Auftritten mit Leidenschaft umsetzt: „Wenn man überzeugende Argumente hat, denken die Leute nach, aber das ist ein zähes Brot.“ Info Das Pleisweiler Gespräch kann als Video im Internet unter www.nachdenkseiten.de abgerufen werden.