Annweiler Leben und Kampf: Lesung am Trifels-Gymnasium über Sophie Scholl

Völlig lautlos: Als Tim Pröse aus der Biografie von Sophie Scholl liest, ist der ganze Saal aufmerksam.
Völlig lautlos: Als Tim Pröse aus der Biografie von Sophie Scholl liest, ist der ganze Saal aufmerksam.

Kurz vor den Ferien haben sich die Schüler am Trifels-Gymnasium Annweiler mit Demokratie und Widerstand auseinandergesetzt. Bestsellerautor Tim Pröse hat eine Lesung über Sophie Scholl gehalten. Was haben die Schüler mitgenommen?

Die Weiße Rose ist jedem ein Begriff. Die bekanntesten Mitglieder sind Sophie und Hans Scholl. Beide wurden vom NS-Regime hingerichtet. Die Geschwister sind, um es metaphorisch auszudrücken, helle Lichter im dunkelsten Kapitel der Geschichte Deutschlands. Dieses, so die einhellige Meinung unter Demokraten, darf nicht vergessen werden. Um daran zu erinnern, befassen sich die Schüler der neunten bis zwölften Klassen des Trifels-Gymnasiums Annweiler während einer Projektwoche über „Demokratie und Widerstand“ auch mit der Nazi-Zeit. Neben Europaparlaments-Planspielen stehen beispielsweise auch ein Besuch der Neuntklässler in einem Konzentrationslager auf dem Programm. Der Höhepunkt ist dann wohl am Donnerstag: Autor Tim Pröse liest aus seinem Buch „Jahrhundertzeugen. Die Botschaft der letzten Helden gegen Hitler. 18 Begegnungen“.

Sophie Scholl
Sophie Scholl

Beim Vortrag geht es um das kurze, von Glauben und Kampf geprägte Leben von Sophie Scholl. Pröse ist nicht neu in der Pfalz: Allein in diesem Jahr hat der gebürtige Essener schon drei Lesungen über Sophie Scholl sowie eine über Oskar Schindler in der Region abgehalten. Sein Fokus liegt darauf, mit den Zeitzeugen selbst oder mit den Angehörigen der „Helden“ zu sprechen. Für die Biografie über Sophie Scholl bekam er wichtige Unterstützung von der 1998 verstorbenen Schwester Inge Aicher-Scholl.

Pröse bezieht Schüler ein

Doch eigentlich, so sagt Pröse, sei es keine Lesung, die er hält. „Es ist vielmehr eine Freistunde. Es geht um Freiheit.“ Zu Beginn nimmt er ein Foto in die Hand, es zeigt eine junge Dame. Sie heißt Shani Louk. Die 22-jährige fiel dem Terroranschlag der Hamas am 7. Oktober 2023 zum Opfer. Auf sie verweist Pröse, um die Jugendlichen aus der Pfalz zeitlich abzuholen. Auch Sophie Scholl, leitet er über, sei nur 21 Jahre alt geworden.

Pröse bezieht die Jugendlichen weiter ein. Er zeigt mit dem Finger auf einzelne junge Männer. „Deutsche Jungs, ihr werdet gebraucht für den Sieg“, hätte es damals, vor 80 Jahren, geheißen. Wenn man wieder Nachschub brauchte, weil viele junge Männer in der Ukraine „über den Haufen geschossen wurden“. Auch das hätte jeder sein können. Er hat die Aufmerksamkeit. Niemand tippt etwas auf seinem Handy oder erzählt mit der Sitznachbarin. Die Blicke sind starr nach vorn gerichtet, der Saal mit machtvoller Stille gefüllt. „Und wenn noch mehr Soldaten gebraucht werden, dann liegt die Ehre der deutschen Frau darin, Kinder zu bekommen.“ Pröse sagt, er habe bisher 250 Schulen besucht. „Und hier an dieser Schule stimmt der Spirit, hier ist ein toller Geist“, denn die Schüler wollen ihren es begreifen: das Leben von Sophie Scholl. Das Leben einer jungen Frau, die bei allen beliebt war. Die eine von ihnen hätte sein können, wie er sagt.

Kleine Revolten starten

Pröse ist es wichtig, den Schülern etwas mit auf den Weg zu geben. Sie sollen „den Mund öffnen. Kleine Revolten starten. Sich äußern, wenn man ungerecht behandelt wurde. Das ist zum Glück möglich bei uns und muss bewahrt werden“. Er nennt das den Traum Sophie Scholls.

„Könnte sich so etwas wie die NS-Zeit wiederholen, mit Blick auf bestimmte Tendenzen heutzutage?“, fragen einige aus dem Plenum. Die NS-Zeit nicht, betont der Autor. „Diese war beispiellos. Aber bestimmte Ansichten kommen wieder. Darauf sollten wir aufpassen.“

Nach der „Freistunde“ diskutieren einige Schüler: Ist der Kampf gegen eine Diktatur den Tod wert? Die jungen Leute scheinen sich einig: „Scholl hat auf jeden Fall was für kommende Generationen bewirkt. 99 Prozent haben beim System mitgemacht. Und sie hat sich dagegengestellt“, lobt Dilin, 15, die mutige Kämpferin. Dass die Erinnerungen nun weiterleben, sagt Noah, 16, dafür sorgen die jungen Generationen, denn „solche Erinnerungen sind wichtig als Information für die Nachwelt“. Diese Geschichten sorgen dafür, dass man immer wieder lernen kann, was es heißt, in Freiheit und Demokratie leben zu können. Die 16-jährige Maria-Theresia lobt den Einsatz für andere und das Festhalten an eigenen Zielen, denn „es lohnt sich immer, seinen eigenen Weg zu gehen. Wenn sie was für andere bewirken wollte, dann ist das richtig“. Die Erinnerungen an den Widerstand gegen die NS-Diktatur leben weiter.

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