Steinfeld Kakteenland-Bistro: Von der Aushilfe zum Chef

Die bisherige Pächterin des Bistros Zum Schwiegermuttersitz im Kakteenland Steinfeld, Marlu Schmidt, lässt sich von ihrem Nachfo
Die bisherige Pächterin des Bistros Zum Schwiegermuttersitz im Kakteenland Steinfeld, Marlu Schmidt, lässt sich von ihrem Nachfolger, Maurice Mertesheimer, bedienen.

„Im Schwiegermuttersitz“ bricht eine neue Zeit an. Marlu Schmidt übergibt den Staffelstab im Kakteenland-Bistro an die nächste Generation. Und die ist bemerkenswert jung.

Im März 2020 ging in ganz Deutschland gar nichts mehr. Das Coronavirus wütete, die Infektionszahlen schossen Tag für Tag mehr in die Höhe. Als Reaktion darauf wurde das bis dahin Undenkbare beschlossen: der Lockdown. Alle Einrichtungen, die nicht der Grundversorgung dienten, mussten schließen. Davon betroffen waren auch die Gastronomiebetriebe. „Das war ein super Start“, sagt Marlu Schmidt heute über diese Zeit. Sie lacht dabei und signalisiert damit eindeutig die Ironie, die in ihrer Aussage steckt.

Denn der Start hätte schlimmer kaum ausfallen können. Erst wenige Wochen zuvor, am 28. Februar 2020, hatte sie als neue Pächterin des Bistros im Kakteenland Steinfeld losgelegt. „Es war immer mal offen, mal zu“, sagt Schmidt zu ihrer Anfangszeit im Schwiegermuttersitz, wie das Lokal in Anlehnung an den gleichnamigen Kaktus heißt. In den Zeiten, in denen zwangsweise geschlossen war, hätten sie es auch mal mit Essen zum Mitnehmen probiert, erzählt Schmidt. So richtig gezündet hat das aber nicht. Wohl unter anderem wegen der Lage des Lokals weit außerhalb der Ortschaft. Sei’s drum, Schmidt und ihr Team haben durchgehalten. „Ich habe mein fest angestelltes Personal unter anderem dank der Kurzarbeit durch diese Zeit gebracht“, sagt Schmidt mit vernehmbarem Stolz in der Stimme.

Der Biergarten im Schwiegermuttersitz ist vor allem an Wochenenden restlos belegt.
Der Biergarten im Schwiegermuttersitz ist vor allem an Wochenenden restlos belegt.

Der neue Chef ist erst 22 Jahre alt

Einer, der diese schwierige Zeit hautnah miterlebt hat, ist Maurice Mertesheimer. Der heute 22-Jährige arbeitet schon seit einigen Jahren als Aushilfe im Schwiegermuttersitz. „Ich war immer sporadisch da“, erzählt er. Während seiner Ausbildung habe er eher selten bedient. Diese Zeit ist aber vorbei, Mertesheimer ist mittlerweile ausgelernter Einzelhandelskaufmann. Und er ist ab heute selbstständiger Gastronom. Denn er übernimmt das Bistro im Kakteenland von Marlu Schmidt. „Ich werde demnächst 60“, sagt sie. „Da wird es Zeit, den Betrieb an die Jugend zu übergeben.“

Schmidt habe schon vor Jahren zu ihm gesagt, dass er übernehmen könne, wenn sie mal aufhöre, erinnert sich Mertesheimer. Jetzt ist es also so weit. „Ich habe davor schon Respekt, gerade wenn man sich in so jungem Alter selbstständig macht“, gibt der junge Mann aus Kapsweyer zu. „Aber ich fange ja nicht bei Null an.“ Das sagt er mit Blick auf die zahlreichen Stammgäste, die Schmidt über die Jahre angesammelt hat.

Keine radikale Neuausrichtung

Zumal er sich in den vergangenen Monaten schon an seine neue Rolle gewöhnen konnte. Schmidt zog sich mehr und mehr aus dem Betrieb zurück und ließ die Jungen machen, wie sie erzählt. „Wir konnten in den vergangenen Monaten schon selbst Chef sein“, sagt Mertesheimer. „Wir“, das sind er selbst und Natascha Kuhn. Sie arbeitet ebenfalls schon jahrelang im Schwiegermuttersitz und wird künftig die Küchenchefin sein – „und die Backfee“, fügt Schmidt an. Denn Kuhn backt nahezu alle Kuchen, die es im Bistro gibt, selbst. „Ich würde das hier niemals alleine machen“, unterstreicht Mertesheimer die Bedeutung Kuhns. Insgesamt arbeiten im Lokal zwei Teilzeit- und zwei Vollzeitkräfte. Unterstützt werden sie von sechs oder sieben Schülern, die in der Küche und im Service mitarbeiten.

Eine radikale Neuausrichtung wird es durch den Pächterwechsel nicht geben. Bis Jahresende werde es erst einmal so weiterlaufen wie bisher, kündigt Mertesheimer an. Das heißt, das Schwiegermuttersitz-Team versorgt die Gäste täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr mit gutbürgerlicher Küche. Auf der Karte stehen unter anderem Flammkuchen, Pfälzer Spezialitäten sowie vegane Gerichte. Und es gibt – dem Standort am Kakteenland entsprechend – Kaktus-Spezialitäten. Das sind zum einen die Blätter des Feigenkaktus, die in Streifen geschnitten und in Salzlake eingelegt entweder pur verzehrt werden oder im Salat und auf dem Flammkuchen landen. Zum anderen sind das die Kaktusfeigen, die sich im Eis, im Salatdressing oder im Kaktus-Kiss-Cocktail wiederfinden. Wobei Mertesheimer betont, dass der Fokus ganz klar auf den Pfälzer Klassikern liege. „Ich hoffe, dass die Leute uns als ,normales’ Speiselokal wahrnehmen, und nicht als reine ,Kaktusküche’.“

Im Innenraum steht eine offene Bücherei. Hier kann jeder ein Buch abstellen oder mitnehmen.
Im Innenraum steht eine offene Bücherei. Hier kann jeder ein Buch abstellen oder mitnehmen.

Neue Ideen für das kommende Jahr

Nach der Eingewöhnungszeit ist ab dem kommenden Jahr dann das eine oder andere Neue geplant. Einmal im Monat solle es Livemusik geben, sagt Mertesheimer. Zudem solle es Flammkuchenabende und Grillabende geben. Hier erweist sich der Standort als Vorteil. „Das Lokal liegt weit außerhalb, da stört man niemanden.“

Für derlei Sonderveranstaltungen habe sie nicht die Energie gehabt, gibt Schmidt zu. Dass ihr Nachfolger den Betrieb gut weiterführen wird, daran hat sie keine Zweifel. Sie freue sich jetzt erst einmal auf die neu gewonnene Freizeit und auf viele Reisen. Sie werde mit Sicherheit auch im Schwiegermuttersitz vorbeischauen – als Gast, kündigt sie an. Vielleicht lässt sie sich dann ja vom neuen Chef Maurice Mertesheimer eine Currywurst servieren. „Einige Gäste kommen nur wegen der selbstgemachten Soße zu uns“, erzählt Schmidt. „Das Rezept dafür habe ich natürlich an meinen Nachfolger weitergegeben.“

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