Kreis Südliche Weinstraße Wolfsgehege Silz: „Angst riechen die Tiere“

Parkleiter Michael Müller betritt das Wolfsgehege nur alle zwei bis drei Wochen. Die Tiere reagieren sehr sensibel auf Besucher.
Parkleiter Michael Müller betritt das Wolfsgehege nur alle zwei bis drei Wochen. Die Tiere reagieren sehr sensibel auf Besucher.

Es ist die einzige unserer Adventstüren, hinter die wir nicht selbst blicken können. Selbst derjenige, der diese Tür betreut, geht nur selten hindurch. Aber nicht wegen der Gefahr, sondern aus ganz anderen Gründen. Es geht um die Tür zum Wolfsgehege im Wild- und Wanderpark Silz.

Silz: Nur alle zwei bis drei Wochen öffnet Parkleiter Michael Müller das Eisentor zum 10.000 Quadratmeter großen Wolfsgehege. Nicht zum Füttern – ihr Pferdefleisch bekommen die Tiere über den Zaun geworfen. Die Wolfsfütterung täglich um 11 Uhr ist der Höhepunkt für viele Besucher. Sieben Kilogramm verspeist ein Tier pro Tag im Winter, im Sommer vier bis fünf Kilogramm. Aber irgendwann sind die Knochen abgenagt und müssen auch mal wieder rausgeschafft werden. Dann kommt Müller ins Spiel. „Aber nie allein“, macht er deutlich. Zwei Tierpfleger fahren mit einem Schlepper durchs Gehege und einer sammelt mit einer Gabel die Knochen und Fellreste ein.

Fleischportionen fast wie in der Natur

Denn die Wölfe bekommen keine sauber filetierten Fleischstücke, sondern das Gesamtpaket inklusive Fell und Gedärm. Wie in der Natur. „Deswegen sind unsere Tiere auch topfit. Wir haben noch nie einen Tierarzt gebraucht“, sagt der kernige 62-Jährige, der das Gehege ohne Furcht betritt. „Geld und Angst habe ich noch nie gehabt“, meint er grinsend. Angst wäre auch fehl am Platz. „Das riechen die Tiere.“ Vielmehr sei es andersherum. „Die Tiere begegnen mir mit Vorsicht.“ Sobald Müller sich dem Zaun nähert, hauen die Wölfe ab. „Die riechen mich selbst aus einer ganzen Besuchergruppe heraus.“ Der Grund dafür liegt seiner Ansicht nach 22 Jahre zurück, als er die Wölfe nach Silz geholt hatte. Für den Transport musste er sie betäuben und verladen. „Das wissen die bis zum heutigen Tage. Die alten Wölfe sind längst tot, aber das Wissen darum wird weitergegeben.“ Das Ur-Pärchen stammte aus der Nähe von Hamburg und aus Lothringen. Mittlerweile sind aber schon neue Generationen hinzugekommen. Der letzte Wurf war vor vier, fünf Jahren. Aus diesem stammen die fünf Wölfe, die aktuell auf der Anlage leben. Im vergangenen Jahr waren es noch sieben. Aber die beiden Altwölfe haben das Zeitliche gesegnet. Die Wölfin starb an Altersschwäche, der Rüde fiel einem Rangordnungskampf zum Opfer. Nun hat der Jungwolf das Rudel übernommen.

Wölfe gehen dem Parkleiter aus dem Weg

Passiert sei noch nie etwas, wenn er das Gehege betritt, berichtet Müller. Die Tiere seien gleich auf Abstand. „Die sind hypersensibel.“ Deswegen auch die seltenen Besuche. „Wenn ich mal drin bin, verziehen die sich in die Deckung des Waldstücks.“ Deswegen legt er die Reinigungsaktionen auch auf die späten Nachmittagsstunden, wenn die meisten Besucher schon gegangen sind. Schließlich wollen die Gäste ja auch etwas von den Wölfen und nicht nur Wald sehen. Im Sommer sei bei einem Sturm ein Baum umgeknickt und teilweise ins Gehege gefallen, erinnert sich Müller. „Nachdem wir den rausgeholt haben, haben wir die Wölfe eine ganze Woche lang nicht mehr gesehen.“ Wegen der jahrhundertelangen Bejagung des Wolfes hätten die Tiere eine genetisch bedingte Scheu entwickelt, sagt Müller und schwenkt zur allgemeinen Wolfsangst über, die seit deren Wiederansiedlung auch in Deutschland aufkommt. Müller vermutet, dass es sich bei den Wölfen, die sich auch Menschensiedlungen nähern, um Kreuzungen mit Hunden handelt. „Reinrassige europäische Wölfe, wie wir sie in Silz haben, würden sich so nicht verhalten.“

Gefährlicher Vorfall, durch Besucher ausgelöst

Trotzdem bleibt Vorsicht geboten. Auch in Silz kam es einmal zu einem gefährlichen Vorfall, bei dem ein Kind seinen Finger verlor. Es geschah im ersten Jahr der Wolfshaltung, erinnert sich Müller. Damals habe es nur eine Umzäunung gegeben. Eltern hätten ein belegtes Brötchen durch den Zaun geschoben, um die Wölfe anzulocken. Deren Kind habe sich am Zaun festgehalten. Und zack, hatte der Wolf Finger mit Wurstbelag verwechselt und den Finger abgebissen. Danach wurde ein zweiter Zaun angebracht, sodass die Besucher nicht mehr direkt ans Wolfsgehege kommen. Die beste Aussicht auf die Wölfe hat man sowieso von der großen Podest. Dort sehen die Besucher die Wölfe bestimmt sogar besser als Müller, wenn er mitten im Gehege ist.

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