Kreis Südwestpfalz „Bechhofen wurde von Dr. Kohl nach Pirmasens gesteckt“

Die Einwohner der Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau können am 30. August abstimmen, wie sich die Verbandsgemeinde in Sachen Gebietsreform weiter verhalten soll. Um drei Fragen wird es gehen: Soll sie Verhandlungen mit Waldmohr und Schönenberg-Kübelberg ablehnen? Soll sie Verhandlungen mit Ramstein-Miesenbach ablehnen? Soll sie weiter eigenständig bleiben? Das beschloss der Verbandsgemeinderat am Freitagabend nach längeren Diskussionen.

Klar war, dass das parteiübergreifende Bürgerbegehren, das CDU-Fraktionssprecher Jean-Pierre Biehl zusammen mit seinem Fraktionskollegen Klaus Backes und der Martinshöher Bürgermeisterin Barbara Schommer (SPD) auf den Weg gebracht hat, zulässig ist. Von den über 2000 Unterschriften konnten 78 nicht gewertet werden. Da aber schon 800 Unterschriften gereicht hätten, steht einem Bürgerentscheid nichts im Weg. Wegen der Fristen wurde der 30. August als Termin gewählt, auch wenn der in den Sommerferien liegt. Sowohl SPD-Fraktionschef Bernhard Hirsch als auch Jean-Pierre Biehl begrüßten den Bürgerentscheid. Die SPD habe nie den Entscheid an sich in Frage gestellt, sondern kritisiert, dass die Diskussionen so emotional geführt und teilweise mit Falschinformationen angereichert worden seien. So habe es nie zur Debatte gestanden, dass jeder Autofahrer „zwangsweise ein Kuseler Nummernschild bekommen hätte“. Biehl nutze seine Stellungnahme zu einigen Spitzen gegen Bürgermeister Werner Holz (SPD), dem er erneut „eine atemberaubende Kehrtwende“ in Sachen Gebietsreform vorwarf. Außerdem habe er es jahrelang versäumt, Verhandlungen mit Nachbarverbandsgemeinden zu führen und den Rat über den Stand der Dinge zu informieren. Das ließ Holz nach einiger Zeit nicht mehr auf sich sitzen. Eine Stellungnahme habe von Gesetzes wegen kurz und sachlich zu sein. „Sachlich ist es schon überhaupt nicht, kurz ist es auch nicht“, mahnte er und bat, Biehl möge die Polemik lassen. Später bedauerte er, dass die Diskussion um die Gebietsreform Zwietracht in den Verbandsgemeinderat gebracht habe: „Man muss da mal abrüsten auf beiden Seiten. 25 Jahre haben wir 99,9 Prozent aller Entscheidungen einstimmig beschlossen. Davon ist nichts mehr übrig.“ Einstimmig fiel auch der Beschluss zum Bürgerentscheid nicht: Zwar ist die CDU für den Entscheid, sie war jedoch gegen den Antrag der SPD, ihn mit einer Einwohnerbefragung zu verknüpfen. Die SPD setzte sich aber mit 14 zu fünf Stimmen durch. Deshalb werden die Einwohner am 30. August nicht nur zu Waldmohr und Schönenberg-Kübelberg befragt, sondern auch, ob sie zu Ramstein-Miesenbach wechseln wollen und ob sie lieber eigenständig bleiben möchten. Die Frage nach der Eigenständigkeit gefiel auch der CDU (nur Markus Lunk stimmte hier dagegen), nicht aber die nach Ramstein-Miesenbach. „Ich weiß nicht, wo jetzt wieder das Ramstein-Miesenbach herkommt“, sagte Jean-Pierre Biehl, auch wenn er einräumte, dass dies „der nächstliegende Partner“ sei. Aber nachdem sich ja alles nach und nach in Luft aufgelöst habe, solle man die Bürger jetzt nicht noch weiter verunsichern. Nach Waldmohr und Schönenberg-Kübelberg zu fragen sei richtig, denn eine Fusion mit diesen Verbandsgemeinden sei so lange nicht vom Tisch, wie deren Fusion mit Glan-Münchweiler nicht gesetzlich beschlossen ist. Aber Ramstein-Miesenbach stehe derzeit gar nicht zur Debatte. „Wir riskieren, dass wir wieder eine Tür zuschlagen und später wieder als Bittsteller vor der Tür stehen“, warnte er: „Wollen wir uns wirklich mit allen umliegenden Verbandsgemeinden anlegen nach dem Motto ,Jetzt haben wir wieder eine verprellt“?“ Auch Markus Lunk war gegen eine Befragung zu Ramstein-Miesenbach: „Muss man das ohne konkreten Anlass tun?“ Anders sah es die SPD: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, die Bürger zu befragen. Da ist es nur legitim, verschiedene Möglichkeiten abzufragen“, fand Sabine Bleyer. Roman Hemmer fand es „gut, dass die Bürger beteiligt werden“. Es sei das „höchste Ansinnen, selbstständig zu bleiben“, und er sprach von einer „genauso starken Ablehnung gegen Ramstein-Miesenbach“. Fritz Hellriegel war ebenfalls für alle drei Fragen: „Dann wissen wir, was die Bürger wollen und was sie nicht wollen.“ Nur Harald Hübner (ebenfalls SPD), der am Ende seiner Rede Seifenblasen in den Sitzungssaal pustete, um so das Zerplatzen von Vorstellungen symbolisch darzustellen, war das alles noch zu kleinteilig: Er erinnerte daran, dass es im Gutachten zur Kommunalreform – das er in der vorherigen Sitzung im Saal in einer Obstschale angezündet hatte – 27 Varianten für Bruchmühlbach-Miesau gebe. Die hätte man alle abfragen müssen, „wenn man eine richtige, ehrliche Umfrage gemacht hätte“. Hübner rechnet damit, dass es in Rheinland-Pfalz wie schon jetzt im Saarland auf lange Sicht viel größere Einheiten geben wird. Und er erinnerte an die letzte Gebietsreform vor 45 Jahren. Schon 1969 seien handwerkliche Fehler gemacht worden: „Bechhofen wurde von Dr. Kohl nach Pirmasens gesteckt.“ Darin sah er eine Möglichkeit für Bruchmühlbach-Miesau, eigenständig zu bleiben: Bechhofen müsse zu Bruchmühlbach-Miesau wechseln. (bfl/Archivfoto: View)

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