Kreis Südwestpfalz Gemeinde will Geld von Ex-Bürgermeister

Das Hensel`sche Anwesen beschäftigt seit über zehn Jahren die Politik. Für die Gebäude zwei und drei (unser Bild) – manche bezei
Das Hensel`sche Anwesen beschäftigt seit über zehn Jahren die Politik. Für die Gebäude zwei und drei (unser Bild) – manche bezeichnen sie auch als Ruinen – fanden sich keine Interessenten. Teure Pläne, die sich nicht umsetzen ließen, beschäftigen seit nunmehr sechs Jahren auch die Justiz.

«NEUSTADT/HELTERSBERG.» Rund 470 000 Euro Schadensersatz fordert die Ortsgemeinde Heltersberg vom früheren Ortsbürgermeister Harald Jung, dem früheren Verbandsbürgermeister von Waldfischbach-Burgalben, Winfried Krämer, und dem Ingenieurbüro ISA aus Heltersberg, dessen Inhaber Günter Jochum früher zugleich Ortsbeigeordneter in Heltersberg war. Die Ansprüche macht die Ortsgemeinde wegen entstandenen Schadens bei der Sanierung des Hensel’schen Anwesens geltend. 371 000 Euro Landeszuschuss plus 58 000 Euro Zinsen musste die Ortsgemeinde zurückzahlen. Am Dienstag beschäftigte der Fall das Verwaltungsgericht in Neustadt. Die Gemeinde sieht die drei Beklagten gesamtschuldnerisch verantwortlich. Deshalb wurde bei allen dreien die gleiche Schadensersatzforderung geltend gemacht. Besagte 371 000 Euro Landeszuschuss, 58 000 Euro Zinsen und 41 300 Euro Ingenieurhonorar, das von Seiten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) und von einem Gutachter in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in derselben Sache als überhöht eingestuft worden war. Die Forderung wegen des Ingenieurhonorars trennte das Verwaltungsgericht am Dienstag vom Verfahren ab. Es will abwarten, wie das Landgericht Zweibrücken hier entscheidet. Gegenüber Jung und Krämer macht die Ortsgemeinde, die im Verfahren von der Verbandsgemeindeverwaltung vertreten wird, den Schadensersatz über sogenannte Leistungsbescheide geltend. Jung und Krämer klagen gegen die Bescheide. Jungs Klage wurde am Dienstag verhandelt, Krämers Verfahren ruht. Die Forderungen an das Ingenieurbüro ISA wurden zivilrechtlich beim Landgericht Zweibrücken eingeklagt. Im Gegenzug hat ISA die Gemeinde Heltersberg verklagt, fordert von dieser über 600 000 Euro mit Verweis auf die Schlussrechnung zum Hensel’schen Anwesen (rund 300 000) und macht 300 000 Euro entgangenen Gewinn geltend. Strafrechtlich waren die Vorgänge von der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern untersucht worden. Ermittelt wurde gegen Jung und Jochum wegen Verdachts der Untreue. Gegen Zahlung einer Geldauflage in Höhe von 9000 Euro (Jung) und 20 000 Euro (Jochum) wurden diese Verfahren eingestellt. In diesem Ermittlungsverfahren getätigte Zeugenaussagen waren am Dienstag beim Verwaltungsgericht Thema. Unter anderem die Aussage, dass der Architektenvertrag verschwunden sei, den Jung unterschrieben hatte. Der damalige Verbandsbürgermeister Krämer hatte bereits einen Fehler der Verwaltung eingeräumt und erklärt, der Vertrag sei wohl aus Versehen vernichtet worden. Im Ermittlungsverfahren in Kaiserslautern war da aber Anderes gesagt worden. „Wir reden hier über eine halbe Million Euro, und Sie haben den Vertrag, der zugrunde liegt, nicht?“, fragte der Beisitzende Richter Klaus Scheurer etwas ungehalten Jungs Anwalt. Dass zumindest ein Entwurf des Vertrages vorliegt, war dem Anwalt im Februar mitgeteilt worden, „aber Sie haben keine Akteneinsicht beantragt“, bemängelte Scheurer. Der Anwalt hatte erklärt, er kenne den Inhalt des Vertrages nicht. Akteneinsicht beantragte er erst am Dienstag. Deshalb wurde das Verfahren unterbrochen. Fortsetzung am Freitag. Der Anwalt der Verbandsgemeinde verwies darauf, dass alle Beteiligten – Jung, Krämer und Jochum – damals der CDU angehört hatten. Diese habe die absolute Ratsmehrheit in Heltersberg gehabt. Er verwies auf Zeugenaussagen in Kaiserslautern, wonach sich Mitarbeiter der VG geweigert hätten, Rechnungen der ISA zu bezahlen, weil diese nicht fällig waren. Daraufhin seien die ISA-Vertreter zum damaligen Verwaltungschef Krämer gegangen, der dann die Auszahlungen angewiesen habe. So lange die Schadenshöhe noch nicht endgültig feststehe, so Jungs Anwalt, seien die Schadenersatzforderungen in den Leistungsbescheiden nicht rechtens. Die Höhe des Schadens stehe gar nicht fest. Zahle zum Beispiel ISA den Schaden, sei ja gar kein Schaden da, den sein Mandant bezahlen müsse. Aus seiner Sicht müsse der Dienstherr, wenn es um Beamte und private Dritte gehe, zunächst klären, ob es Dritte gibt, die für den Schaden haften. Wegen drohender Verjährung hätte eine Feststellungsklage erhoben werden können, aber kein Leistungsbescheid gestellt werden dürfen. Für Jung sei diese Forderung, die nicht durch eine Versicherung gedeckt sei, existenzbedrohend. Verwaltungsgerichtspräsidentin Elisabeth Faber-Kleinknecht fragte, ob tatsächlich grob fahrlässig gehandelt wurde. Bei leichter Fahrlässigkeit greife die Forderung sicher nicht. Unstreitig sei, dass ein Ortsbürgermeister ein Beamter sei. Daher stelle sich die Frage, ob Pflichten verletzt wurden und ob Jung grob fahrlässig handelte, als er den Architektenvertrag unterschrieb. Für ein Projekt in einer Größenordnung, das zwingend vorausgesetzt habe, dass die Architektenleistung ausgeschrieben wird. Die Frage sei, ob Jung als Ortsbürgermeister verpflichtet gewesen wäre, sich vor der Unterschrift Rat bei der Verbandsgemeindeverwaltung zu holen. Unterschrieben habe Jung den Vertrag zwei Wochen, ehe ein Zuschussantrag gestellt wurde. Während der Verhandlung hegte Richter Scheurer seine Zweifel daran, ob es tatsächlich einen Ratsbeschluss zum Architektenvertrag gibt. Diesen wolle er nun sehen, machte Scheurer deutlich. Der Beschluss soll vom 6. oder 8. April 2005 datieren und bis zum nächsten Verhandlungstermin vorliegen.

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