Kreis Südwestpfalz Rache ist ein höllisch scharfer Eintopf
„Ihr ist das Zäpfchen den Gaumen hinunter gerutscht“, behauptet Alfred, gespielt von Michael Paulus. Seine Frau Elisa (Maria Laborenz-Gemmel) hat ihn beim Knutschen mit der blonden Sarah Mirabelle (Bettina Kress) erwischt. Das Publikum johlt bei dieser ersten Annäherung der beiden bei der Premiere von „Das Theaterjubiläum“, gespielt von der Bunten Bühne Martinshöhe am Samstag in der Turnhalle.
Die Theaterleute proben für das Musical, das sich Alfred zum 25-jährigen Vereinsbestehen ausgedacht hat, um Sarah Mirabelle darin unterzubringen. Seine Geliebte ist eine eher drittklassige Sängerin mit schicken Kleidern, silbernem Zigarettendöschen und viel klimperndem Schmuck um den Hals. Ihr „Mimimimimi“ und „Mumumumumu“ bringt Elisa auf den Plan weil sie an „Kuh“ denkt und glaubt, die beiden verlangten nach Milch. Dabei ertappt sie ihren Alfred in unzweideutiger Pose mit Sarah Mirabelle. Bettina Kress steht dem Vollblutschauspieler Michael Paulus in nichts nach. Und Maria Laborenz-Gemmel spielt Elisa mit so viel Verve, wie man eine auf Rache sinnende betrogene Ehefrau nur spielen kann. Ihre Rache kommt später in Form eines höllisch scharfen Eintopfs. Unterdessen kommen vom Theaterverein Mark (Kurt Bischoff), Otmar (Hartwig Schneider) und seine Frau Marion (Cornelia Buhles), um Alfred unter Druck zu setzen. Sie wollen kein Musical. Doch zu diesem hat Alfred schon kreuz und quer Prominente eingeladen wie Barack Obama, Hape Kerkeling, den Papst, Angela Merkel und die Queen. Die treffen im Laufe des Stücks ein. Als gäbe es des kunterbunten Durcheinanders nicht genug, tauchen noch zwei Bankräuber auf und zwei aus der Irrenanstalt Geflohene. Die beiden Bankräuber Jupp (Herbert Lahaye) und Wilma (Stephanie Jung) sind als Mönch und Nonne verkleidet. Daher werden sie als Abgesandte des Papstes in Empfang genommen. Nicht so die beiden harmlosen Irren Hansi (Kevin Palm) und Hanni (Lisa Bastian). Sie werden von der Irrenärztin Dr. Mabuse (Finnja Haack) gesucht. Diese hat einen unnachahmlichen Tick, indem sie jeweils dreimal mit dem Kopf wackelt, während sie spricht. Schließlich werden die Irren als Bankräuber verhaftet, und die Falschen kommen in die Gummizelle. Mitreißend spielt im zweiten Akt von Erich Kochs Schwank in drei Akten Hartwig Schneider den Knappen im Ritterstück, das nun statt des Musicals geprobt werden muss. Spätestens hier merkt man: Nicht nur das Bühnenbild hält Theateransprüchen stand. Auch die Gewänder sind prächtig, und die Arbeit der Maskenbildnerin Alexandra Wilhelm verdient viel Lob. Sie hat alle Hände voll zu tun, da die Schauspieler jeweils mehrere Rollen spielen und die Wechsel hin zu anspruchsvollen Kostümen schnell gehen müssen. Wie etwa die Maske der Jacob Sisters, die ganz zum Schluss noch zu Besuch kommen. Einzig Obama (Kevin Palm) erinnert mit seiner Gesichtsbemalung eher an den Mohr, der mit den Sternsingern durch die Straßen zieht. Als Obama und Merkel beide die Hosen fallen lassen müssen, wird in der vollbesetzten Turnhalle der Atem angehalten. Die Schlüpfer in Flaggenfarben sind witzig und kommen gut an. Bei Merkel (Lisa Bastian) sind gar Pfiffe zu hören. Das Ritterstück ist einfach zum Schreien – ob der Knappe (Hartwig Schneider) im Kettenhemd mit der kratzenden Jute-Unterhose oder Alfred im Hofnarrenkostüm mit Schellenkappe. Dazu Elisa: „Zieh die Kapp do aus, damit siehschde aus wie’s Sandmännche ohne Sack.“ Unterdessen erscheint die Queen (Stephanie Jung) und sagt mit erhobener Hand: „Gott schütze uns vor Sturm und Wind und Leuten, die aus dem Saarland sind.“ Der König wundert sich derweil: „De Pabschd kommt no Merzeh, der geht doch sonscht nur in Elendsquartiere?“ Kurt Bischoff, der die Rolle des Königs spielt, ist erst Wochen später zur Gruppe hinzugestoßen. Man merkte ihm diesen Rückstand kaum an. Die anderen hatten bereits seit August geprobt. Regie führte Maria Laborenz-Gemmel. Im Souffleusen-Kasten saß Ursula Sprengard. Im dritten Akt kommt Elisa wieder auf die Kussszene zu sprechen, die Alfred am Anfang mit Sarah Mirabelle hatte. Zum Seitensprung ihres Mannes merkt sie an: „Ei, ich han gedenkt, der kann sich a mol bei rer fremde Fra blamiere.“ Info Weitere Aufführungen gibt es in der Martinshöher Turnhalle (Schulstraße) am Freitag und Samstag, 18. und 19. November. Einlass ist ab 19 Uhr, los geht es um 20 Uhr. Das Stück dauert etwa drei Stunden. Karten kosten im Vorverkauf in der Bäckerei Sprengard und in Vollmis Shop, beide in Martinshöhe, sieben Euro, an der Abendkasse acht Euro.